Premiere (mit Fotostrecke)

Prädikat sehenswert: "Pünktchen & Anton" im Theater am Puls in Schwetzingen

Die jungen Bühnentalente in den zentralen Rollen des Erich-Kästner-Stoffs spielen sich frisch und frei in die Herzen der Zuschauer. Die Geschichte behält trotz ihres Alters ihre Aktualität.

Von 
Sabine Zeuner
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Im Hause Pogge wird gespeist: Mutter (Susan Horn) und Vater (Michael Hecht) Pogge mit dem Kindermädchen (Yaroslava Gorobey) und Pünktchen (Emma Mohr). In der Tür steht der Bote (William Corbett), der von der Köchin (Irina Maier) empfangen wird. © TaP/Nicole Böhm

Schwetzingen. Freundschaft ist vorbehaltlos und kann Berge versetzen. Das trifft im Besonderen auf die Verbindung zwischen Kindern zu, aber auch Erwachsene schaffen es manchmal über Jahrzehnte oder ein Leben lang derart enge Bindungen aufrechtzuhalten. Die soziale Stellung spielt keine Rolle für echte Freundschaften, wie sie im aktuellen Theaterstück „Pünktchen & Anton“, einem Schauspiel nach dem Roman von Erich Kästner im Theater am Puls (TaP) in Schwetzingen, eine zentrale Rolle einnimmt, dafür braucht sie aber Mut, Respekt, Zuverlässigkeit und ein gewisses Maß an Leichtigkeit.

Erstaufführung

Schwetzingen: Pünktchen und Anton feiert Premiere im Theater am Puls

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Vorab: Die jungen Bühnentalente spielen sich frisch und frei in die Herzen der Zuschauer – bei der Premiere überwiegend vor Familien, Freunden aber auch Interessierten. Die renommierten erwachsenen Kollegen geben ihren jeweiligen Charakteren neben Stimme auch echte Kontur mit der Leidenschaft, dem Publikum Inhalte zu vermitteln, aber auch es zu unterhalten, was dank der gezielt formulierten Dialoge trefflich gelingt. Die Premierengäste sparen nicht mit Künstlerbrot, dem Applaus, und klatschen die elf Schauspielenden sowie die Menschen „im Hintergrund“, ohne deren Einsatz die Produktion nicht möglich wäre, mehrfach zurück ins Rampenlicht. Ein toller Erfolg für eine Geschichte, die in den 1920er Jahren spielt, durchaus Abgründe zeigt und den mahnenden Zeigefinger erhebt, damit auch in der heutigen Zeit ihre Aktualität behält.

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Klein aber fein ist die Bühne des TaP. Mit Ideenreichtum, dem besonderen Blick für Details sowie der professionellen Umsetzung der Spielorte auf mehreren Ebenen ¬ gänzlich in Weiß mit schwarzer Konturierung gearbeitet – ist die Kulisse präsent, lenkt aber nicht von den Akteuren und der Story ab. Und die hat es in sich: Die Energie und Fantasie sprühende Pünktchen (Emma Mohr), eigentlich Luise Pogge, wächst unbeschwert in finanziell stabilem, aber eher kühlem Umfeld und großer Wohnung mit dem sehnsuchtsvollen Kindermädchen Fräulein Andacht (Yaroslava Gorobey), der resoluten Köchin Berta (Irina Maier), der migränebelasteten kauffreudigen Mutter (Susan Horn) und dem ständig arbeitenden fahrigen Vater (Michael Hecht) sowie ihrem Dackel auf.

Termine und Karten

Pünktchen & Anton“ nach Erich Kästner – Vorstellungen am 3. Dezember, 16 Uhr (ausverkauft), 17. Dezember, 16 Uhr (ausverkauft), 22. Dezember, 20 Uhr, 25. Dezember, 16 Uhr, 30. Dezember, 18 Uhr, 6. Januar, 18 Uhr, 20. Januar, 18 Uhr.

Karten (24 Euro, ermäßigt 18 Euro, Kinder bis zwölf Jahre 12 Euro) gibt es im SZ-Kundenforum, Carl-Theodor-Straße 2 in Schwetzingen sowie im Theater am Puls, Telefon 06202/92 69 996 (telefonische Reservierung von 9 bis 18 Uhr). Bei ausverkauften Veranstaltungen lohnt sich eine Nachfrage nach Restkarten am Spieltag via Telefon. Außerdem online: www.theater-am-puls.de

Anton (Wassim Saadi) dagegen umsorgt neben der Schule seine kranke Mutter (Julia Rivas Zöller), kocht für sie, zieht spätabends los, Streichhölzer verkaufen, füllt damit die klamme Familienkasse, damit er die Miete und Essen abstottern kann. Kein Wunder, dass er tagsüber schon mal müde ist und in der Schule ein Nickerchen einlegen muss. Ein No-Go für den strengen, konservativen Lehrer Herr Bremser (Johannes Szilvassy), der erst Gefühle unter anderem auch für Fräulein Andacht, zeigt, als Pünktchen ihm vom Leben ihres Freundes erzählt. „Das wusste ich nicht“, kommentiert Bremser sichtlich bedrückt ob des Einsatzes des Jungen und Luises Worten.

Sehens- und erlebenswert!

Dazwischen macht der kesse, freche „Berliner Bub“ Gottfried Klepperbein (Léonard Georgi) herrlich berlinernd Anton das Leben schwer. Er kennt auch Luises Geheimnis, die allabendlich mit Fräulein Andacht, die ihre blinde Mutter mimt, betteln geht. Das Geld braucht die von der großen Liebe und einem besseren Leben träumende Andacht für ihren Verlobten Robert (Klaus Herdel), der sie nur ausnutzt, um an Pläne und Schlüssel des Unternehmerhauses Pogge zu gelangen. Sein einziges Ziel: ein Einbruch dort, mit dessen Beute er eigene Schulden tilgen kann. Er trifft die ihm hörige Andacht in einem Tanzcafé, wo ein charmanter, leicht überheblicher und deutlich näheren Beziehungen zu Robert nicht abgeneigter Kellner (William Corbett, der zudem Schupo und Bote spielt) sie bedient. Klepperbein nutzt sein Wissen und informiert, natürlich gegen Geld, Direktor Pogge, doch mal nachts an die Brücke zu gehen. Die Situation droht an mehreren Spielorten zu eskalieren. Just an diesem Abend, als alle außer Haus sind und auch Köchin Berta frei hat, bricht Robert mit dem vorher von Andacht eingeforderten Schlüssel ins Poggesche Haus ein. Anton jedoch hatte aus den Erzählungen im Tanzcafé herausgehört, was Robert vorhat und per Telefon Berta gewarnt, die geistesgegenwärtig im Haus blieb, die Bratpfanne zum Einsatz brachte und Schlimmeres verhindern konnte. Herr Pogge indes erkennt nach der entdeckten Bettelaktion die Freundschaft seiner Tochter und deren Tragweite zu Anton an, hilft der alleinerziehenden Mutter und ihrem Sohn zu einem besseren Leben.

Anton (Wassim Saadi) sorgt sich um seine kranke Mutter (Julia Rivas Zöller). © Sabine Zeuner

Mehr als zwei Stunden unterbrochen durch eine Pause war beste Kurzweil mit viel Emotion, ausgedrückt in Mimik, Tanz und Gesang Programm im TaP – absolut sehens- und erlebenswert! Warum nicht mal als ganze Familie ins Theater gehen? „Pünktchen & Anton“ im Theater am Puls ist dafür bestens geeignet. Zum Abschluss, als alle Anspannung bei den Akteuren und den Zuschauenden nach der gelungenen Premiere abgefallen war, lud der Freundeskreis des TaP zu Leckereien und Umtrunk ein.

Freie Autorin freie Mitarbeiterin

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