Schwetzingen. Seit der letzten Wahl veranstaltet der CDU-Stadtverband „Stadtteilgespräche“. In jeweils einem anderen Teil der Spargelgemeinde stellen sich dabei die Christdemokraten den Anwohnern, um sich deren Sorgen, Nöte, Kritik und Anregungen anzuhören. Am Montagabend waren sie in der Nordstadt Schwetzingens. Mit dabei: die Stadträte Nils Melkus und Markus Bürger. Verkehrsführung, angeblich fehlende Angebote für Jugendliche, kommunale Ausgaben, Transparenz und Sorgen vor einem Rechtsruck wurden thematisiert.
Es ist Abend, und Nils Melkus und Markus Bürger stehen vor dem einzigen Supermarkt in der Nordstadt. Zunächst eher zögerlich, nutzten später doch einige Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit, mit den Ratsmitgliedern ins Gespräch zu kommen.
CDU-Stadtteilgespräche: Unzufriedenheit in Schwetzingens Nordstadt
Taxifahrerin Tanja Beckschwarte wohnt schon fast zwei Jahrzehnte hier. „Die Verkehrsplanung ging einfach an uns Taxifahrern vorbei. In Mannheim gibt es extra Spuren für Busse und Taxis. Warum nicht auch hier?“, fragt sie. Oft habe sie Krankenfahrten zur GRN-Klinik, und die Krankenkassen zwängen sie, immer die kürzeste Strecke zu fahren – die nicht immer die beste sei. Der Schlossplatz sei dabei oft eine Herausforderung. Manchmal sei das Herausfahren an Kreuzungen schwierig, Verkehrsspiegel würden fehlen. Dann nennt sie konkrete Stellen.
Doch damit nicht genug: „Zu meiner Zeit gab es hier im Ort fünf Discos“, sagt sie und bemängelt fehlende Angebote für Jugendliche ab 17 Jahren. Deswegen gingen ihre Kinder nach Heidelberg, von wo sie sie abholen müsse. Der öffentliche Nahverkehr sei zudem eine Katastrophe, vor allem nachts und was die Zuverlässigkeit betreffe. Außerdem führten Busse zu schnell in die Kurven. „Würde ich so fahren, hätte ich wahrscheinlich schon keinen Führerschein mehr“, meint sie. Wegen einiger Themen habe sie sich auch schon mit dem aktuellen Oberbürgermeister angelegt – ebenso wie mit seinem Vorgänger.
Geduldig hören sich Melkus und Bürger ihre, stets höflich vorgetragenen, Anliegen und Beschwerden an. Konkrete Verbesserungsvorschläge, etwa zu den vermissten Verkehrsspiegeln, wollen sie prüfen. Auch sei es für Jugendliche ziemlich teuer geworden, am Schlossplatz etwas zu trinken – nichts, woran Lokalpolitiker etwas ändern können, aber dennoch hören sie weiter geduldig zu. Markus Bürger merkt an: „Wir haben hier das Go-In-Jugendzentrum, das auch Angebote für ältere Jugendliche hat.“
Ein älterer Herr nähert sich. Sieben Uhr morgens sei viel zu früh für die Leerung der Mülltonnen, klagt er, wegen des Lärms. Auch ärgere ihn, dass Betonmischer und Baufahrzeuge Parkraum blockierten. „Da können wir leider nicht viel machen. Firmenangestellte dürfen ihre Fahrzeuge überall parken. Das ist dort, wo ich wohne, genauso. Viele fahren mit ihren Transportern heim, die sie auch privat nutzen, und parken vor der Haustür“, entgegnet Bürger.
Dann kommt ein weiterer Herr, über 80 Jahre alt, und scheint seinen gesamten Weltschmerz loswerden zu wollen. Der städtische Haushalt sei geheim, behauptet er. „Der ist öffentlich, den können Sie sich im Internet herunterladen“, widersprechen die Lokalpolitiker sofort. „Ich habe aber kein Internet“, entgegnet der Senior aufgeregt. „Dann kommen Sie ins Rathaus, dort bekommen Sie einen Ordner. Falls nicht, fragen Sie mich, dann bekommen Sie die 800 Seiten von mir“, so Bürger. Überhaupt, die Räte seien sich in den Sitzungen immer verdächtig einig, wirft der Besucher ein. „Es gibt mehr als die monatlichen Sitzungen. Wir beraten uns zuvor in vielen Ausschüssen“, erklärt Bürger. Daher sei es kein Wunder, dass man nach den Debatten dort öfter einer Meinung sei – wenn auch keineswegs immer, wie sich leicht aus der lokalen Presse entnehmen lasse.
Doch der Herr lässt nicht locker. Man müsse aufpassen wegen des Rechtsrucks. Ob sich die Lokalpolitiker nicht fragten, warum die traditionellen Parteien immer weniger gewählt würden. Außerdem gebe die Gemeinde zu viel Geld aus, etwa für Städtepartnerschaften. Nils Melkus widerspricht: Die Ausgaben seien relativ gering. Bürger ergänzt energisch: „Es geht dabei um Völkerverständigung. Die ist extrem wichtig. Und sobald etwas kaputt geht, wie die Heizungsanlage in einer Schule, müssen wir uns darum kümmern, damit die Schüler nicht im Kalten sitzen. Das sind notwendige Ausgaben.“ Der Besucher redet sich weiter in Rage, schimpft über Landes- und Bundespolitik. Doch die beiden CDUler bleiben ruhig und verweisen darauf, dass es hier um Schwetzingen gehe – und heute speziell um die Nordstadt.
Nach eineinhalb Stunden ist das „Stadtteilgespräch“ vorbei.
„Uns ist es wichtig, mit den Schwetzingern in den Dialog zu treten. Nachdem wir die Stadtteilgespräche auf Initiative unseres neuen Vorsitzenden Nils Melkus in der Zeit vor den Kommunalwahlen begonnen hatten, haben wir uns aufgrund der positiven Resonanz entschlossen, sie fortzuführen“, erklärt Markus Bürger. Und ergänzt: „Das nächste Stadtteilgespräch ist schon in Sicht: am Dienstag, den 23. September, im Hirschacker um 18.30 Uhr, in der Gaststätte ‚Zum gelben Hirsch‘ im Eiskellerweg 1.“
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