Schlossgarten Schwetzingen (mit Fotostrecke)

Das 11. Gebot? Hier hängt es an der Wand

"Metamorphosen" sind das Thema einer neuen Ausstellung in Schwetzingen. Künstler aus dem In- und Ausland interpretierten dabei die Verwandlung auf vielfältige und beeindruckende Art und Weise.

Von 
Katja Bauroth
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Die Orangerie beherbergt eine tolle Ausstellung. Christiane Köhne ist eine Künstlerin aus Dortmund, die zwei Werke zeigt (rechts). Die Kirche und deren Missbrauchskandal gerät in einem Bild in den Fokus: „Das 11. Gebot. Du sollst keine Kinder missbrauchen.“ © Bauroth

Schwetzingen. Dass sich Schwetzingen einmal mehr als prima Adresse in Sachen Kunst und Kultur hervortut, haben die vergangenen Wochen mit verschiedenen Ausstellungen und Konzerten gezeigt. „Metamorphose“ ist das Thema einer neuen Werkschau in der Orangerie des Schlossgartens Schwetzingen. Künstler aus dem In- und Ausland interpretierten dabei die Verwandlung auf vielfältige und beeindruckende Art und Weise. Die Ausstellung wurde von KUN:ST International Stuttgart initiiert. Mehr als 100 eingereichte und ausgewählte Werke aus den Bereichen Malerei, dreidimensionale Arbeiten, Fotografie und Grafik sind vier Wochen lang in der kurfürstlichen Sommerresidenz zu sehen.

Gut gelaunte Künstlerschar: Klaus Dieter Eberhardt (v. l.), Heidemarie Fruth, Eva Specht, Farid Ben Yahia, Andreas Kerstan, Andrea Kan Zumann. Dr. Martina Daub, Brigitte Jaekel, Christiane Köhne, Helga Hoicke und Liane Metzger bei der Vernissage. © Lenhardt

Eine Jury begutachtete die Exponate von Künstlern etwa aus Kroatien, England, Spanien und natürlich Deutschland bereits am Sonntag zur Vernissage. Die Preisträger werden am letzten Ausstellungstag, Sonntag, 28. August, um 15 Uhr bekanntgegeben. Direkt im Anschluss gehen die Gewinner-Kunstwerke und ein Teil der Ausstellung zur ARTe Wiesbaden.

Teebeutel mit Tiefgang

Was in Schwetzingen präsentiert wird, ist vom Feinsten: Jedes einzelne Bild, jede Fotografie, jede Skulptur zeichnet sich durch Hintersinn und Charakter aus. Einen besonderen Spannungsbogen vermittelt der Hingucker schlechthin: eine rundliche Fiberglas-Skulptur, die mehrschichtig lackiert ist und ihre Farbe im Auge des Betrachters wechselt, wenn dieser seine Position ändert. Zuerst assoziiert man mit ihr Vielfalt, Diversität, hat sie doch die eine Seite die Form eines weiblichen Körpers, die andere lässt im ersten Moment den Bereich unter der Gürtellinie bei einem Mann vermuten. Letztlich symbolisiert das Werk von Axel Becker seinen Namen gleichbedeutend den „Beginn“ des Lebens: den Embryo im Mutterleib. Der Frankfurter dürfte zu den schillernsten Kunstschaffenden gehören, die in Schwetzingen präsentieren: Israel, Florenz, Monaco und der Vatikan zählen zu seinen diesjährigen Ausstellungsstationen, Rom und Miami stehen noch auf dem Plan. Kein Wunder, dass sein Werk in dieser Verkaufsausstellung mit 80 000 Euro auch das am teuersten datierte ist.

Imposant und mit starkem Hintergrund: „Beginn“ von Axel Becker. © Bauroth

Eines, was wesentlich kleiner ist und an der Wand hängt, dürfte genauso zum Blickfang werden. Geschaffen hat es Christiane Köhne, eine Künstlerin aus Dortmund. Die Fachreferentin zum Thema sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen verarbeitet darin den Missbrauchsskandal der Kirche – mutig und vortrefflich umgesetzt. Das Holzkreuz im Prunkrahmen ist von der Mitte an den Rand, ins Abseits gedrängt worden. Der goldene Schein, die Farbe, blättert ab. Schwarze Punkte beflecken zudem das einst Hochgelobte und Angesehene. Dazu steht: „11. Gebot: Du sollst keine Kinder missbrauchen.“ Klarer geht die Botschaft nicht. Respekt!

Raffinesse im Detail

Wer die Ausstellung besucht, sollte Zeit mitbringen oder mehrmals hingehen – immerhin ist der Eintritt frei, nur für den Zugang zum Schlossgarten fällt selbiger an. In vielen Werken steckt die Raffinesse im Detail, welches vielleicht nicht gleich beim ersten Anblick auszumachen ist. Das trifft sowohl auf die abstrakte wie formelle Kunst zu. Mal sind es zuerst kraftvolle Farben, die anziehen, mal das Format, dann wieder die Technik oder das Material. Dass selbst gebrauchte, getrocknete Teebeutel Tiefgang vermitteln, zeigt Elke Reis: Sie hat die Geschmacksverstärker für Wasser mit Daten versehen auf weißen Untergrund fein säuberlich in einen Holzrahmen arrangiert. Das Ganze trägt den Titel „as time goes by“ (wie die Zeit vergeht).

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„Per aspera ad astra“ – über raue Pfade gelangt man zu den Sternen – hat Dr. Martina Daub ihre Skulptur genannt, an deren oberster Position ein Menschlein Jubelschreie absetzt. Fotografie spannend umgesetzt hat Jörg Kraus in seiner Matrix-Serie. Zu sehen dabei ist unter anderem „Matrix Heidelberg No.8“ mit bekannten Bauten der Stadt, die kopfstehend beziehungsweise schwebend angeordnet sind. Die „Katzenfrau“ von Helga Reichle besticht durch die feinschichtige Arbeit mit Stoff und Draht. Und die Verwandlung von Holz hat Michael Weick perfektioniert – bewundernswert, wie er ein Stück Stamm mit einer daraus wachsenden Kette gefertigt hat, Titel: Kettensäge.

Die Ausstellung ist bis Sonntag, 28. August, jeweils von Donnerstag bis Sonntag, 12 bis 19 Uhr, in der Orangerie des Schlossgartens zu sehen. Die ausgestellten Kunstwerke stehen zum Verkauf, Preise sind vor Ort veröffentlicht.

Teebeutel mit Tiefgang: „as time goes by“ von Elke Reis. © Bauroth
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Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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