Schwetzingen. Hätten nicht Conny und Carl „Butch“ Clark mit ihrem Rummel auf dem Neuen Messplatz die Kerwe am Leben gehalten, dann wäre sie wohl spätestens in der Corona-Zeit endgültig beerdigt worden. Die Kerweborscht, die viele Jahre unter der Regie von Martin Keßler durch die Kneipen gezogen waren und manch einen städtischen Missstand auf die Schippe und manch despektierliches Lied gesungen haben, waren als Gruppe auseinandergefallen. Und niemand wollte sich so richtig drum kümmern, dass diese Tradition wieder auflebt.
Bis 2024, als bei der Kerweeröffnung mit einem gewissen Neid auf umliegende Ortschaften geschaut wurde und sich einige wackere Mannen aufmachten, um die Kerweborscht Schwetzingen neu zu gründen. Um dabei sein zu können, braucht es eine gute Stimme und eine gewisse Standfestigkeit beim Biergenuss. So fanden sich Holger Herrmann, Nikolay Kölsch, Thomas und Tobias Kreichgauer, Michael Langloh, Philipp Reinle – er war früher schon dabei – und mein Redaktionskollege Andreas Lin am Akkordeon zusammen, um nach einigen feuchtfröhlichen Probeabenden am Freitag den ersten öffentlichen Auftritt zu wagen. Bei der Kerweeröffnung auf dem Neuen Messplatz. Das fand natürlich viel Lob und Anerkennung.
Wenn das Bett des Gatten im „Hinnerhaus“ steht
Schon am Freitagabend stand dann die erste Tour durch die Gaststätten in der Innenstadt auf dem Programm und auch beim verkaufsoffenen Sonntag am 25. Oktober zwischen 13 und 18 Uhr – und wahrscheinlich auch länger – sind die Kerweborscht natürlich auf den Straßen und in den Läden und Wirtschaften der Stadt unterwegs.
Da wird dann das Badnerlied geschmettert und die Ode an den „Gude Palz-Woi“, der einem „in de Hals nei geht“. Die beiden Lieder können dann oft die anderen Gäste – zumindest die älteren – auch fleißig mitsingen, gelten sie doch als wahre Hymnen der guten Laune, die können muss, wer schon mal auf einem größeren Fest in der Kurpfalz war. Schwieriger wird es da schon beim Schwetzinger Kerwelied, wenn der betrunkene Gatte nachts heimkommt und sagt: „Guuden Owend Lisabeth, zeig mer wo mei Bettstatt steht.“ Und sie antwortet: „Hinne draus im Hinnerhaus, wann‘s net findsch mecht‘s ah nix aus.“
Oder beim Sackträgerlied, das so beginnt: „In Schwetzinge uff da Brick, mit der Batschkapp im Genick und der englisch ledderne Hos.“ Bloß gut, dass die Texte in einem kleinen Heftchen stehen und verteilt werden können. Denn Singen ist ja gemeinsam am schönsten. Und gut auch, dass die Vernetzung in Schwetzingen so gut funktioniert. Die Bühne und das Kerweborscht-Gewand haben Clarks spendiert. Das Emblem hat Werner Bellstedt mit seiner Maschine aufgestickt und die Brühler Kerweborscht haben so etwas wie die Patenschaft übernommen.
Die Regenwolken aus Oftersheim geschickt
Das Publikum bei der Kerweeröffnung war begeistert, es wurde geklatscht, mitgesungen und Freibier getrunken. Denn Oberbürgermeister Matthias Steffan hatte mit nur zwei satten Schlägen das Weldefass angestochen. „Ich freue mich sehr, dass wir wieder Kerweborscht haben. Die Stadt hat da gerne mitgeholfen. Und ich danke ganz herzlich Conny und Butch Clark für ihr tolles Engagement und dafür, dass wir wieder so tolle Fahrgeschäfte haben“, sagte er. Dass es just zu seiner Rede vom Himmel tröpfelte, schob er kurzerhand seinem Kollegen aus Oftersheim in die Schuhe, die Wolken seien von dort herübergezogen. Dann haben noch die „Churfürstlich privilegierten Böllerschützen“ ihre lauten Startschüsse für die Kerwe gegeben.
Jetzt heißt es bis Dienstag Kerwe feiern, am letzten Tag gibt‘s Familienermäßigungen. Und am Sonntag öffnen die Geschäfte für den Wintereinkauf mit schicker Mode und viel mehr.
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