Schwetzingen. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt, sich auf Frauen und den Frieden der Welt zu besinnen als am 8. März. So machten Martina Netzer und Luzia Storf genau an diesem Tag in der Stadtbibliothek „Frauen und Frieden“ zum Thema ihres musikalischen Abends. Und sie konnten nach wie vor auf eine treue Fangemeinde zählen. Am Mittwochabend fand die fünfte Folge des Konzerts zum Weltfrauentag statt.
Auf der Bühne der Stadtbibliothek thronte im Hintergrund die lebensgroße Plastik einer Frau im bunten, fröhlichen Badeanzug als Symbol der Weiblichkeit, für die freie Gestaltung und für eine selbstbewusste Existenz der Frau. „Es stimmt“, sagte Martina Netzer zum Publikum, das sie zunächst mit dem schönen hebräischen Friedenslied „Schalom Chaverim“ begrüßte, „die Frauen haben, seit 1911, seit es den Weltfrauentag gibt, viel erreicht, „doch, um mit Alice Schwarzer zu sprechen, können wir uns nicht auf die Couch legen, es gibt noch viel zu tun.“ Mit ihrer Text- und Liederauswahl wies die Sängerin Martina Netzer auf die Lage der Frauen hin, auf deren mutigen Kampf im Iran und Unterdrückung in Afghanistan, vor allem aber machte sie auf Krieg und Leid in der Welt aufmerksam.
Weltfrauentag in Schwetzingen: Für Frauen nicht gegen Männer
Das Format begeisterte das Publikum – zum größten Teil Frauen, aber auch Männer. Das freute Martina Netzer, denn „der Weltfrauentag richtet sich nicht gegen Männer, sondern für Frauen“. Drei Dinge sind es, die sich jedes Jahr wiederholen, sagte sie, die instrumentale Begleitung durch Luzia Storf, die Tatsache, dass sie Hosen trägt in Erinnerung an die Abgeordnete Lenelotte von Bothmer, die noch 1970 für einen Skandal sorgte, als sie als erste Frau in einem Hosenanzug eine Rede im Deutschen Bundestag hielt, und das Lied „Brot und Rosen“, ein Slogan, den 1911 die Gewerkschafterin Rose Schneidermann geprägt hat. Es ist die Hymne der Frauenbewegung schlechthin, wie „Imagine“ von John Lennon als Hymne der Friedensbewegung gilt.
An diesem Abend rückte Netzer jedoch nicht die realpolitischen Geschehnisse in den Fokus, es ging ihr nicht nur um den Ukraine-Krieg, der, wie sie sagte „uns betroffen macht, weil er so nah ist“, Krieg wütet auch in Afrika, in Jemen und vielen weiteren Ländern der Welt. Statistiken zeigen zwar Tatbestände auf, doch sagen sie wenig über Einzelschicksale aus. „Diesbezüglich wollen wir uns an Zitate halten“, betonte sie, „und damit auch visionär sein“: „Wir werden es überwinden“ ist eines davon, das Hoffnung macht wie das gleichnamige Antikriegslied, aus dem ein Vers „Wir werden in Frieden leben, tief im Herzen glaube ich daran“, lautet.
Andere stammten von Dalai Lama, der sich als Feminist erklärte und dessen Gedanken diesbezüglich eine Besucherin aus dem Publikum vorlas. Immer wieder erwähnte Netzer das Zitat „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“, gepaart mit Liedern, die einen Beitrag zum Frieden brachten. Eines davon ist „Lili Marleen“, das durch Marlene Dietrich, die es 1944 vor alliierten Truppen auf Englisch sang, international bekannt wurde, oder das vor fast 550 Jahren entstandene „Es ist an der Zeit“ von Hannes Wader, das bedauerlicherweise immer noch aktuell ist. Vor dem Grab eines Soldaten macht sich der Betrachtende Gedanken: „Ja, auch dich haben sie schon genauso belogen, so wie sie es mit uns, heute immer noch tun . . .“. Spricht man von Krieg, muss auch darüber nachgedacht werden, was es für junge Männer und ihre Mütter bedeutet, in den Kampf zu ziehen.
Musikalisch bereichernd der Weltfrauentag in Schwetzingen
Reinhard Mey hat 1986 zu diesem Thema das beeindruckende Lied, „Nein, meine Söhne geb ich nicht“ geschrieben. Wie wäre es, wenn alle Putins, Erdogans & Co. mal im Bett bleiben würden?, fragte sich die Sängerin mit hintergründiger Ironie. Dazu hat sie sich erlaubt, ein Lied Max Raabes umzuschreiben: „Mach doch mal Pause, bleib doch zu Hause in deinem Prunkpalast und ruh dich mal aus.“
Die Attraktion dieses facettenreichen Abends machten jedoch nicht nur die Texte und Zitate aus, nicht nur die gebastelten Friedenstauben, das „Happy Birthday“-Lied für zwei Geburtstagskinder aus dem Publikum, sondern auch die Musik. Mit ihrer beeindruckenden Bühnenpräsenz, ihrem Charme, ihrem Humor und ihrer Stimme brachte Martina Netzer es fertig, jedem einzelnen Song ein eigenes Gepräge zu geben, während Luzia Storfs virtuose Begleitung auf der Harfe, dem E-Piano oder Gitarre geprägt war von Stimmungszauber und raffinierten Klangfarben.
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