Theater am Puls

Extravaganter Talk in Schwetzingen mit Dragqueen Audrey Naline

Ein nicht ganz ernst gemeintes Interview mit Alexander Lehnert alias Dragqueen Audrey Naline, die zum extravaganten Talk in Schwetzingen am Theater am Puls einlädt.

Von 
Stefan Kern
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Dragqueen Audrey Naline lädt zum extravaganten Talk.

© Sarah Berger

Schwetzingen. Alexander Lehnert, alias Audrey Naline, lädt am Samstag, 16. November, um 19 Uhr zum ersten extravaganten Talk im Theater am Puls ein. Dabei verspricht die schillernde Dragqueen mit dem „Schwetzchen“ nicht weniger als ein „farbenfrohes Brillant-Feuerwerk inklusive Reise zu den Sternen“. Jeder, der es verpasst, habe wirklich etwas verpasst, meint sie im Interview, das wir vorab geführt haben.

Wann sind sie wo geboren, wo sind sie aufgewachsen und wo leben sie heute? Und wann haben sie die Dragqueen in sich entdeckt?

Audrey Naline: Ich kann mich gar recht erinnern, wo ich geboren bin und wann, und warum hat mir auch keiner gesagt. Aber ich habe mal gehört, dass ich von meiner wohlhabenden Mutter Isabella, einer Berufssoldatin, und meinem bescheidenen Vater Nikodemus, einem Floristen, an einer Bushaltestelle in Tuntenhausen gefunden wurde. Sie haben mich schon früh mit der Kunst des Tarnschminkens und der Heißklebepistole in Berührung gebracht und so muss es sich wohl entwickelt haben. Es war mir quasi in die Wiege gelegt. Könnte aber auch während der Pandemie gewesen sein, als ich langweilig daheim saß.

Das Programm reicht vom „Rohrspatz von Avignon“ über die Dragqueen bis zur „Schaumweingeborenen“. Wie viele sind sie und verstehen sie sich untereinander?

Naline: Wir sind eigentlich immer die gleiche, also dieselbe. Weil wir so schwer ertragen, dass die Leute, die früher bei Richard David Prechts „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ glucksend gelacht haben, heute die Hände überm Kopf zusammenschlagen, wenn ein Mensch sagt, er möchte mit „they/them“ angesprochen werden. Wozu die Aufregung? Ich verstehe mich prächtig und kann mich regelrecht nachvollziehen.

Jetzt findet die erste Talk-Show im Theater am Puls statt. Worauf dürfen sich die Zuschauer freuen?

Naline: Es wird um die Sterne gehen! Und um die Fremde. Schriftsteller Wemmje kommt mit und wir hören aus und sprechen über sein Buch „Venus Chicago“, in dem es um einen jungen Menschen vom Dorf geht, dessen Eltern schräge Vögel sind und die eine Außerirdische bei sich aufnehmen. Wir hören von Aliens aus New York, spielen ein Quiz. Zwischendurch erzähle ich einen Schwank und kriege hoffentlich einen Schwips. Wenn uns die Semesterferien kein Schnippchen schlagen, dann kriegen wir vielleicht noch eine Expertin zum Leben im All auf die Bühne – aber die ist glaube ich gerade auf dem Weg zum Mars.

Was unterscheidet sie von anderen Moderatoren?

Naline: Das müssen andere sagen! Eigentlich bin ich ein Querschnitt der besten Moderatorinnen der Republik: Die Haare habe ich von Thomas Gottschalk, den Nervenkitzel von Günter Jauch, den Bart von Barbara Schöneberger und den Schönheitschirurgen von Anne Will. Wenn ich jetzt noch das Jahreseinkommen von Markus Lanz hätte, wäre ich perfekt.

Wenn sie frei wählen könnten, welchen Gast hätten sie am liebsten einmal in ihrer Show?

Naline: Am liebsten würde ich Roger Willemsen fragen, was er zu unserer Gesellschaft zu sagen hätte. Oder Regine Hildebrandt, warum sie uns mit dem Quatsch alleine gelassen hat. Die beiden sind leider mittlerweile selbst für Medien schwer zu erreichen. Ich könnte auch René Pöltl fragen, warum er mich nicht als Nachfolgerin für den Schwetzinger OB-Posten vorgeschlagen hat. Oder wir sprechen darüber, wie wir heimlich wieder eine Kurfürstin installieren.

Welche Frage würden sie ihm als erstes stellen?

Naline: „Herr, äh, …“ würde ich fragen, „Haben Sie mir denn kein Geschenk mitgebracht?“

Gibt es Leute, wo sie das mit der Einladung eher lassen würden?

Naline: Ich finde, eigentlich haben alle was Interessantes zu erzählen, viele wissen es nur noch nicht, weil sie ihren Alltag für so uninteressant halten und sich selbst für nicht genug wert und dann kommen sie plötzlich an und sagen sowas wie: „Und dann hat mich dein Vater abends abgeholt, wir sind die ganze Nacht mit dem Motorrad gefahren und haben am Eifelturm einen Kaffee getrunken.“ Das ist wunderschön. Ich würde allerdings ungern mit Leuten sprechen, die mich am liebsten deportieren ließen – für solche Ideen habe ich aus Gründen der Selbsterhaltung wenig übrig.

Sie sind ja auch ein Medium, das die Zukunft vorhersehen kann. Wie wird die Show laufen?

Naline: Dafür muss ich nicht mal meinen „Fön of Future“ bemühen: es wird föntastisch informativ, ungeföhnlich offen und ein Drei-Wetter-Taft der Unterhaltung.

Wenn man von ihnen hört, ist immer wieder von Aperol Spritz die Rede, welche Rolle spielt dieses Getränk in ihrem Leben?

Naline: Wenn ich mich in Richtung Kurpfalz aufmache, dann trinke ich natürlich nur die beste Riesling-Schorle, frisch und lebendig, spät gereift und am steilen Hang angebaut – genau wie ich! Nicht umsonst heißt das Forster Ungeheuer nach mir – und nicht umgekehrt.

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Als legendär gelten ihre anarchischen Spreefahrten, während denen sie die Geschichte Berlins und die preußische Militärgeschichte etwas anders aufbereiten. Was ist für sie persönlich das überraschendste Momentum in der Geschichte dieser Stadt?

Naline: Berlin ist dazu verdammt, immerfort zu werden und niemals zu sein – so heißt es in Karl Schefflers schönem Buch „Berlin – ein Stadtschicksal“. Da können Sie schon ahnen, dass es nicht nur ein überraschendes Momentum gibt, sondern dass kein Tag wie der zweite sein muss. Wenn ich etwas länger zurückschaue als nur die letzte Woche, dann zum Beispiel: ein Stadtschloss bauen, die Ruinen sprengen, einen Palast bauen, weg damit und dann wieder ein Stadtschloss – das ist schon, sagen wir mal überraschend.

Passen Anarchismus und preußische Militärgeschichte zusammen?

Naline: Das ist etwas, was man der Anarchie abgewinnen kann, sie muss zu gar nichts passen. Wenn Anarchie sich anpasst, ist sie schon wieder Dekoration. Aber um das klarzustellen: Ich habe mich nie als anarchisch bezeichnet, ich bin eigentlich nur stark geschminkt – und allerhöchstens Nonkonformistin.

Und zum Schluss, was war ihr erster Eindruck von Schwetzingen?

Naline: Ich habe vor mittlerweile fast (sie hustet) Jahren am Theater am Puls in einer Bearbeitung des „Sommernachtstraum“ den Puk gespielt und darf trotzdem wieder dort auftreten! Ich könnte begeisterter nicht sein. Ich war unlängst zur Premiere von „Brigittie Bordeaux“ da und habe unter der Statue mit Kurfürst Carl Theodor ein Selfie mit Schweinearsch gemacht. Ich liebe Schwetzingen.

Was sind die größten Unterschiede zwischen Berlin und Schwetzingen?

Naline: Schwetzingen ist sauber. Berlin ist nicht ganz sauber. Damit hängt der zweite große Unterschied zusammen: Wer in Berlin am Samstag den Bürgersteig kehrt, ist höchst verdächtig. In Schwetzingen wahrscheinlich nicht.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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