Tiefengeothermie

Faktencheck der Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie Schwetzingen

Die Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie Schwetzingen möchte über die umstrittene Energiegewinnungsmethode diskutieren. Sie macht jedes Jahr aus ihrer Sicht einen Faktencheck.

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Pressemitteilung
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So könnte ein Geothermie-Kraftwerk der Firma Geohardt aussehen.. © Geohardt

Schwetzingen. Die Schwetzinger Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie macht aus ihrer Sicht jedes Jahr einen Faktencheck zu den Planungen der hiesigen Unternehmen, die das warme Wasser im Untergrund des Oberrheingrabens nutzen wollen, um Energie für Fernwärme zu gewinnen, die bisher noch vom Kohlekraftwerk in Mannheim erzeugt wird. Wir geben hier einen Teil des Faktenchecks wider. Die Pressemitteilung beginnt damit, dass die BI gegen Tiefengeothermie „generell Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz und deren Umsetzung, sofern diese mit Sinn und Verstand erfolgen, begrüßt“. Man sei aber dagegen, einen Ausstiegstermin für fossile Energien festzulegen, ohne zuvor über ausreichend funktionierende Alternativen zu verfügen.

Wie ist der Stand der Tiefengeothermie-Projekte in der Region?

Das gemeinsame Ziel von EnBW und MVV ist die Nutzung der Erdwärme und die Einspeisung ins Fernwärmenetz. Dafür sollen im Großraum Mannheim mehrere Tiefengeothermie-Anlagen vom Karlsruher Unternehmen Vulcan Energie errichtet werden. Geohardt, ein Unternehmen von EnBW und MVV mit Sitz in Schwetzingen, plant zur Erreichung dieses Ziels, ebenfalls mehrere Tiefengeothermie-Anlagen in der Region in Schwetzingen und umliegenden Gemeinden. Vulcan wollte die erste von mehreren geplanten Tiefengeothermie-Anlagen bereits 2024 oder 2025 in Betrieb nehmen und ans Fernwärmenetz anschließen. Ebenso war für dieses Jahr die Erzeugung von 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid für die Batterieproduktion von E-Autos - dem Fokus von Vulcan - geplant. Die erste Wärmelieferung ist aktuell für 2029, also mit mindestens vier Jahren Verzögerung geplant. Anstelle der 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid werden 2025 nur 40 Tonnen erzeugt. Die ursprünglich angedachten Standorte sind mittlerweile auch nicht mehr so geeignet wie erhofft.

Und bei Geohardt?

Nach den im Frühjahr 2023 erfolgten seismischen 3D-Messungen mit 127 eingegangenen Schadensmeldungen wird noch immer ein großes, für die Bevölkerung mittlerweile völlig inakzeptables Geheimnis um die Standorte gemacht. Nachdem in der Vergangenheit Geothermie-Anlagen teilweise Erdbeben oder andere Probleme verursacht haben, ist ihr Ruf ramponiert. So wird mit Widerstand gerechnet, sobald ein Standort konkret wird. „Ich werde über keinen Standort öffentlich sprechen, solange er nicht wasserdicht ist“, sagt Ertle, Geschäftsführer von Geohardt.“

Zur Beherrschbarkeit der Risiken schreibt die BI ihre Meinung: Das Geothermiekraftwerk Insheim (Pfalz) fördert aus 3.800 Metern Tiefenwasser, das anschließend mit Lastwagen nach Landau in die Lithiumextraktionsoptimierungsanlage (LEOP) transportiert wird, um das Lithiumchlorid herauszufiltern. Der Landeserdbebendienst Rheinland-Pfalz hat vom 11. bis 24. Mai in Insheim sechs induzierte, also „hausgemachte Erdbeben“, bestätigt. Landau selbst wurde für mehrere Jahre nach einer Serie von Pleiten und Pannen vom Bergamt stillgelegt. Die von Geohardt als harmlos angekündigten 3D-Seismik und oberirdisch erfolgten Voruntersuchungen, konnten ebenfalls nicht schadlos beherrscht werden.

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Wird der „Glaube an Tiefengeothermie zur Wärmeplanung“ von anderen Gemeinden geteilt und bestätigt?

In der Augsburger Allgemeinen erschien am 27. Mai der Berich: „Wärme wäre zu teuer: Utting verfolgt Geothermie am Ammersee nicht weiter.“ Da heißt es: „Tiefengeothermie lohnt sich nicht am Ammersee, so das Fazit einer wirtschaftlichen Machbarkeitsstudie, welche die Gemeinde Windach stellvertretend für die an Tiefengeothermie interessierten Gemeinden Dießen, Schondorf, Utting, Eresing, Finning, Hofstetten und Türkenfeld in Auftrag gegeben hatte. Wärme aus Geothermie wäre doppelt so teuer, wie aus fossilen Energieträgern. Das Thema wurde nun im Gemeinderat in Utting behandelt. Das Gremium schloss sich einstimmig der Empfehlung des Ingenieurbüros an, das Projekt zum gegenwärtigen Stand zu beenden.“ Gründe hierfür sind wie vielerorts die sehr hohen Investitionskosten für den Ausbau des Fernwärmenetzes und des tendenziell steigenden und unsicheren Gestehungspreises. Aufgrund der allzeit bestehenden Risiken der Tiefengeothermie von induzierten Erdbeben, Grundwasserverunreinigungen und Gebäudeschäden wird daher, wenn schon „Wärme aus Geothermie“, auf die sehr viel sichere Alternative der „oberflächennahen Geothermie“ verwiesen.

Die BI wird häufig angefragt, welche Art zum Heizen die beste sei. Gas, Öl, Pallets oder vielleicht doch Fernwärme?

Die Preise für Fernwärme sind extrem gestiegen und Heizen ist schon jetzt vielerorts zum Luxusgut geworden. Die Hessenschau berichtete: „Fernwärme wird in Frankfurt deutlich teurer. Preise steigen um bis zu 36 Prozent. Und auch wenn es laut Mainova für die Fernwärme in Frankfurt keinen generellen Anschlusszwang gibt, ist diese in manchen Neubaugebieten wie dem Riedberg oft durchaus verpflichtend.“

Die Kosten für den Anschluss sind generell gestiegen und variieren bei den jeweiligen Anbietern. Die Rheinische Post hierzu am 21. März: „Bauherren in Aldekerk sauer. Fast 30.000 Euro Kosten für Fernwärmeanschluss. Die zu erwartenden Kosten für die Bauherren wurden mit rund 9.000 Euro beziffert und wären damit günstiger als die Installation einer Wärmepumpe gewesen. Die Menschen fühlen sich im Stich gelassen.

Wie hoch sind die Kosten für einen Fernwärmeanschluss in unserer Region?

Hierüber berichtete der SWR am 12. Januar aus dem Studio Mannheim. „Die MVV Energie hat die Preise für einen Neuanschluss ans Fernwärmenetz drastisch erhöht. Zahlte man für einen Neuanschluss eines Einfamilienhauses im vergangenen Jahr rund 6.400 Euro, so muss man ab 2026 nochmal satte 3.000 Euro mehr dafür bezahlen. Die Erhöhung der Netzanschlusspreise bei der MVV kann auch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nur schwer nachvollziehen. Grund für die große Preiserhöhung sind nach Angaben der MVV eine neue Verrechnungssystematik, bei der die Netzanschlussnehmer die Kosten weitestgehend selbst tragen sollen. Außerdem würden sich die Kosten für Tiefbau und Material erhöhen.

Wie ist das mit der Zwangsanschlusspflicht an das Fernwärmenetz?

Zwangsanschluss ist ein „böses Wort“, das die Lobbyisten und Betreiber nicht gerne aussprechen. Aber, wie die Beispiele in Frankfurt oder Aldekerk zeigen, ist mittlerweile in vielen Neubaugebieten ein Anschluss an das Fernwärmenetz für Bauherren verpflichtend. Ein Anschluss an das Fernwärmenetz wird für die allermeisten Verbraucher zwangsläufig unumgänglich, da viele Anbieter wie die MVV angekündigt hat, langfristig kein Gas mehr anbieten zu wollen. Somit erhält der Fernwärme-Versorger als Monopolist „ohne Konkurrenz“ die Möglichkeit, seine Preise frei zu bestimmen.

Was plant die Landesregierung in Stuttgart für Schwetzingen und die Region?

Aus unserer Zeitung wird dazu von der BI der Grüne Dr. Andre Baumann als „der Kämpfer für Tiefengeothermie nebst Lithiumförderung“ zitiert: Er setze auch weiterhin auf den Ausbau von PV- und Windkraftanlagen. Derzeit befänden sich über 1100 Windräder in der Genehmigungspipeline. Große Teile der Bevölkerung seien aber in Sorge, dass Strom und Heizen zukünftig ein unbezahlbares Luxusgut werde und der Preis von einigen wenigen Monopolisten frei bestimmt werden könne. Das Vertrauen in Geohardt und Vulcan mit ihren Tiefengeothermieprojekten in Schwetzingen und Umgebung eine sichere und bezahlbare Wärmeversorgung an 365 Tagen zu gewährleisten, sei nach vielen Jahren vollmundiger Ankündigungen „ohne zu liefern“, endgültig aufgebraucht.

Die Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft und den von ihnen ernannten Experten müssten endlich die Fakten anerkennen und danach zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger handeln. Der Lobbyismus habe zu einer „Geldverbrennungsmaschinerie in Perfektion“ geführt und müsse sofort beendet werden. Das Verständnis, insbesondere in Zeiten knapper Kassen und fortschreitender Einsparungen sei aufgebraucht. Ansonsten gingen in Deutschland langsam die Lichter aus und die eigene Stube werde kalt, so heißt es zum Abschluss des Faktenchecks.

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