20.000 Besucher feiern in der Stadt (mit Fotostrecke)

Fasnachtszug in Schwetzingen: So fällt die Bilanz aus

Die Bilanz von Polizei und Ordnungsamt fällt im Nachgang des 68. Kurpfälzer Fasnachtszugs positiv aus. Dennoch gibt es einen schalen Beigeschmack.

Von 
Katja Bauroth
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Schätzungen zufolge sind 20 000 Menschen zum Umzug gekommen. Sie feiern friedlich – jedoch mit viel Alkohol. © Cheesy

Die gute Nachricht zuerst: Sowohl Polizei als auch Ordnungsamt der Stadt Schwetzingen bescheinigen den Fasnachtern, dass sie „sehr ruhig und friedlich“ während und nach dem 68. Kurpfälzer Fasnachtszug in Schwetzingen gefeiert haben. Um die 20 000 Besucher sollen es Schätzungen zufolge gewesen sein. Das ist die eine Seite. Die andere Seite zeigten sichtbare Randerscheinungen noch direkt am späten Dienstagabend auf und die Aussagen vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) am Mittwoch. Das größte Problem: der übermäßige Alkoholkonsum, der vor allem junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren auf die Pritschen der Rettungskräfte brachte.

Ein Blick aus einem Wagen in Richtung Schloss. Hinter dem Fahrzeug sind viele feierfreudige Fasnachter zu sehen. © Andreas Gieser

Der Reihe nach: Der Faschingseinsatz wird von Polizei und Ordnungsamt als weitestgehend störungsfrei eingeschätzt. „Die Einsatzkräfte reagierten niederschwellig auf sich anbahnende Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen, die sehr zahlreich auf der Veranstaltung vertreten waren. Körperverletzungsdelikte gelangten nicht zur Anzeige“, so ein Polizeisprecher aus dem Mannheimer Präsidium. Auch wurde niemand in Gewahrsam genommen. Schwetzingens Ordnungsamtsleiterin Yvonn Rogowski bestätigt: „Bereits im Vorjahr war der Faschingsdienstag sehr ruhig und friedlich. Es gab zwar einige alkoholisierte Besucher, aber die meisten waren nicht aggressiv. Wir haben vor Ort gemeinsam mit der Polizei und dem Fasnachtszugkomitee die Getränke- und Essensstände ab 18 Uhr geschlossen.“ Das Gros der Fasnachter zog gegen 19 Uhr aus dem Stadtkern weg.

Fasnachtszug in Schwetzingen: Keine Eingriffe

Schwerwiegende Vorfälle, bei denen die zwölf Ordnungsamtsmitarbeiter, die im Einsatz waren, hätten eingreifen müssen, gab es nicht. „Lediglich nach dem Umzug ereignete sich ein kleiner Verkehrsunfall, bei dem einige Schaulustige gebeten wurden, den Platz zu verlassen.“ Das bestätigt auch die Polizei, die neben dem erwähnten Unfall in der Schlossstraße einen Auffahrunfall in der Bahnhofsanlage vermeldete. Womöglich aufgrund einer Unachtsamkeit fuhr dort ein 18-jähriger Ford-Fahrer gegen 19 Uhr einem vorausfahrenden 21-jährigen Audi-Fahrer hinten auf. Durch den Zusammenstoß wurden zwei 49-jährige und eine 53-jährige Fahrzeuginsassin im Audi leicht verletzt. Die beiden Fahrer blieben unverletzt. Die drei Frauen wurden durch den Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht. Es entstand ein Gesamtschaden von zirka 10 000 Euro.

Fasnachtszug in Schwetzingen: Schreckschusswaffen im Holster

Den Polizeikräften fiel zudem während des Umzugs ein junger Mann auf, der in Militärkleidung an der Umzugsstrecke am Schlossplatz stand. Neben einer Camouflagehose und einer taktischen Weste trug er zwei Holster mit je einer echt aussehenden Schusswaffe darin. Dazu hatte er mehrere Magazine für die Pistolen bei sich. Als die Polizei den 20-Jährigen um kurz nach 16 Uhr kontrollierte, stellte sich heraus, dass es sich um eine Schreckschusswaffe und eine Federdruckwaffe ohne Kennzeichnung handelte. Da solche Waffen auf einer Faschingsveranstaltung nichts zu suchen haben und zudem der Verdacht bestand, dass es sich bei der Federdruckwaffe um einen verbotenen Gegenstand handelte, wurden beide Pistolen sichergestellt. Das Polizeirevier Schwetzingen übernahm die weiteren Ermittlungen, bei denen geprüft wird, ob sich der junge Mann einer Straftat nach dem Waffengesetz schuldig machte.

Impression vom Schlossplatz, der am Nachmittag bestens gefüllt ist. Die Fasnachter feiern friedlich in Schwetzingen. © Andreas Gieser

Innerhalb der Jugendschutzkontrollen wurden Tabak und Alkoholika sichergestellt, teilt die Polizei weiter mit. Diese Kontrollen hat auch Gastronom Marko Renic (unter anderem „Kaffeehaus“) beobachtet. Er schildert jedoch seinen Eindruck, dass die Kontrollen hier und da zu spät kamen, eben wenn Jugendliche, die sichtlich unter 18 Jahre alt waren, bereits stark alkoholisiert auffielen, zum Beispiel, weil sie orientierungslos auf dem Boden lagen. Das findet er gegenüber den Jugendlichen, die sich vielleicht das erste Mal mit Alkohol ausprobieren, etwas unfair. Vielleicht wären hier wieder mehr Inkognito-Kontrollen schon vor und während des Zuges angebracht, gibt er als Überlegung mit, zumal viele Alkoholika mitgebracht hatten.

Fasnachtszug in Schwetzingen: In den Lokalen geht's friedlich zu

Doch wie verlief es bei ihm im „Kaffeehaus“, immerhin eine der heißen Feierlocations gerade am Fasnachtsdienstag? Renic bestätigt, dass die Menschen durchaus stark alkoholisiert, aber friedlich waren. Da hilft ihm auch ein Stückweit der Einsatz von Securitykräften, die Originalausweise („Unter 18 Jahren kommt an so einem Tag niemand rein“) und Taschen kontrollierten. Alkoholisierte, die die Toiletten des Lokals nutzen wollen, verwies das Personal freundlich auf die Dixi-Klos, die beim Fasnachtszug bereitstanden. Da gab’s auch keine Diskussionen seitens der Gäste. Bei einem Vorfall musste er jedoch die Polizei alarmieren, als eine offensichtlich stark alkoholisierte Frau während des Umzugs versuchte, in den vor dem „Kaffeehaus“ abgesperrten Bereich hineinzuspringen. Aus Angst, sie würde sich verletzen, rief er die Ordnungshüter zur Hilfe, die der Dame einen Platzverweis erteilten. Gegen 0.30 Uhr leerte sich sein Lokal und seine Mitarbeiter befreiten das Areal davor von Scherben, sodass dann wieder die gewohnte Außenbestuhlung ihren Platz fand.

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Während es beim „Welde-Brauhaus“ und dem Gasthaus „Zum Grünen Baum“ von Gastronom Ben Huckele den Daumen nach oben gab – Tenor: alles gut, ausgelassene Stimmung, eine Menge Spaß, aber keine nennenswerten Ausfälle oder gar schlechte Erfahrungen – bringen Scherben sprichwörtlich nicht immer Glück. Gastronom Ali Ghawami vom „Walzwerk“ ärgerte sich über den Zustand des Schlossplatzes nach den Feierlichkeiten, auf dem überall nicht nur viele Glassplitter verteilt lagen. Auch wurde am „Walzwerk“ in die Hausecke zum Rabaliatti-Haus hin uriniert und in den Palmentöpfen vor seinem Lokal befanden sich nicht nur Erde und Pflanzen. Er selbst hatte seinen Betrieb um 14 Uhr am Fasnachtsdienstag geschlossen, auch aus Respekt vor zu viel Feierwut.

Fasnachtszug in Schwetzingen: Wildes Urinieren – „widerlich“

Thomas Armbruster vom „Brauhaus Zum Ritter“ am Schlossplatz kann das nicht, zumal viele Gäste älteren Semesters oder mit Kindern am Fasnachtsdienstag immer gern gepflegt bei ihm feiern. Auch hat er Angst um das historische Gebäude, wenn sich eben der Umzug mit den Wagen und wummernden Bässen vorbeischiebt. Und dann natürlich vor der Unvernunft der Menschen, die sich rund um sein Lokal auch am Dienstag wieder zeigte. „Als ich aus den Fenstern Richtung Schlossplatz und Schlossstraße geschaut habe, war es wie im Slum“, beschreibt er das Bild mit Unmengen von Menschen, Papierschnipseln und leeren Flaschen. Auf den Fensterbänken seiner Gaststätte wurden Essenreste abgestellt und an den Hauswänden erleichterten sich nicht nur Herren mit schwacher Blase, sondern auch Personen mit labilem Magen. Am Mittwoch mussten die Wände mit dem Dampfstrahler gereinigt werden. Der Abgang zu den Toiletten, die er im Sommer von Schlossplatz-Seite her anbietet, diente ebenfalls als Open-Air-WC und wurde dann von seinem Personal abgesperrt – einfach „widerlich“, so seine treffenden Worte. Hinter dem Lokal fanden regelrechte Saufgelage statt, er hat um die 200 betrunkene Jugendliche beobachtet. Gegenüber am Finanzamt versuchten Sanitäter, einen stark Alkoholisierten wieder zu mobilisieren, mussten ihn dann jedoch wegbringen. Auch in der Nacht waren in Gassen noch Jugendliche auszumachen, die zu stark unter Alkohol standen, um den Weg schwindelfrei nach Hause zu finden.

Fasnachtszug in Schwetzingen: DRK-Helfer gefordert

Da wären wir beim Deutschen Roten Kreuz. Was das fast 60-köpfige Team um Einsatzleiterin Anja Beck an diesem Tag geleistet hat, ist schier unglaublich und ein „Danke“ viel zu armselig. Die Menschen, die sich darum bemühen, anderen zu helfen, die zu heftig feiern und dabei die eigenen Grenzen einfach nicht kennen, tun dies nämlich in ihrer Freizeit. Und in dieser Freizeit knallhart gesagt „Alkoholleichen wiederzubeleben“ ist eine Leistung, die nicht genug gewürdigt werden kann. Und von den Genannten gab es etliche. Exzessiver Alkoholkonsum – Anja Beck nennt es Alkoholmissbrauch – und ein paar andere körperliche Beschwerden wurden am laufenden Band in der Lore-Eichhorn-Halle in der Friedrichstraße behandelt.

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Zehn Plätze – davon ein Intensivbehandlungsplatz – waren dort eingerichtet – und ständig belegt. Insgesamt 20 Behandlungen fanden statt, zwei Patienten mussten an den Tropf (Intensivbehandlung). Es waren zum Großteil junge Erwachsene, die Anja Beck und das Team betreuen mussten. Für die Kindergärtnerin im Melanchthon-Kindergarten und als Mutter war dies „erschütternd“ zu sehen, dass viele einfach ihre Grenze in Bezug auf den Alkoholkonsum nicht kennen. Zwei Rettungswagen mit Notärzten, zwei Krankenhaustransportfahrzeuge mit entsprechenden Fachkräften und auch der Tragetrupp waren neben den Sanitätern, die überall zu Fuß in den Massen auszumachen waren, permanent im Einsatz. Vier Transporte brachten Patienten sogar ins Krankenhaus. Zu dem einen erwähnten Unfall in der Bahnhofsanlage wurde das DRK-Team auch noch nach Dienstende und während des Zusammenpackens gerufen.

Fasnachtszug in Schwetzingen: Ohne Ehrenamt undenkbar

„Letztes Jahr hatten wir neun Behandlungen – und da haben wir jedes geklebte Pflaster schon dazugezählt“, stellt Anja Beck dem Einsatzvolumen dieses Jahres gegenüber. Sie ist froh, dass die Mitglieder der Ortsvereine der umliegenden Gemeinden und auch des DLRG helfen, die Sicherheit und die Versorgung der Menschen an einem solchen Tag zu gewährleisten. Und froh ist sie auch über das Küchenteam um Thomas Partl. Mit einer Stärkung in Form eines Büfetts vorab und Linsen mit Spätzle und Würstchen (auch in vegetarischer Variante) nach dem Einsatz hatten die Helfer zumindest eine klitzekleine Entschädigung. Ein Lohn, der keine knurrenden Mägen zurücklässt. Doch es bleiben sicher viele Bilder im Kopf der Einsatzkräfte, die selbigen nur wortlos schütteln lassen.

Fasnachtszug in Schwetzingen: Politische Parolen auf Schlossplatz gesprüht

Nicht nur einen schüttelnden Kopf hinterließ auf dem Schlossplatz ein schwarzes Graffiti auf dem Boden: „AfD“ und „88“. Diese Sachbeschädigung mit politischen Parolen, ja sogar rechtspopulistischen Hintergrund war der Polizei bis zur Anfrage dieser Redaktion nicht bekannt.

Der Müll kommt auch noch weg: Auf den Schlossplatz wurden am Fasnachtsdienstag diese politischen Parolen gesprüht. © Roth

„Dies wird aber durch das Polizeirevier Schwetzingen weiter abgeklärt“, teilt der Polizeisprecher aus Mannheim mit und Ordnungsamtsleiterin Yvonn Rogowski lenkt ein, dass es hier noch eine Strafanzeige geben wird. Dieser Müll wird genauso noch beackert wie die anderen Überbleibsel, die nach dem Fasnachtszug an der Wegstrecke zu sehen waren. Dabei haben die Mitarbeitenden der Stadtreinigung und des Bauhofs schon nach dem Umzug geputzt wie die Helden.

Fasnachtszug in Schwetzingen: Fünf Tonnen Müll am Zugweg

„Heute möchte ich den Tag mit einem Lob beginnen. Gestern, nach dem Umzug, waren Gehwege und Straßen mit allerlei Papierschnitzel und anderem Müll bedeckt. Sofort kam die Stadtreinigung und säuberte alles, sogar die Gehwege. Dafür gebührt ihr ein ganz dickes Lob“, findet Leserin Gabriele Karoline Heil in ihrer Mail an die Redaktion. Die Reinigungsarbeiten gehen wohl noch die ganze Woche weiter und werden innerhalb der täglichen Stadtreinigung durchgeführt, wodurch keine Zusatzkosten entstehen, teilt die Stadt auf Anfrage dieser Zeitung mit. Zudem werden auch die Verkehrshinweise sowie die Verkehrsbeschilderung abgebaut und wieder auf die normale Verkehrsführung zurückgesetzt.

Laut Bauhofleiter Volker Ziegler belief sich der Wegemüll auf zirka fünf Tonnen. Das ist nicht gerade wenig, aber auch nicht außergewöhnlich viel, so die Einschätzung. Die Reinigungsarbeiten nach dem Umzug waren übrigens schon gegen 19.30 Uhr abschlossen. Es waren zwei Kehrmaschinen, drei Müllsammelfahrzeuge sowie 15 Mann im Reinigungstrupp unterwegs.

Und wie sieht es mit weiteren Schäden an Einrichtungen im Stadtgebiet aus? Bislang sei hierzu noch nichts bekannt, „aber es werden sicherlich hier und da noch welche auftauchen. Ein Hinweisschild auf dem Schlossplatz auf die Kurpfalz- Radroute wurde Opfer des Faschingsumzuges“, heißt es noch auf Anfrage seitens des Bauhofs.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

Thema : Fasnacht rund um Schwetzingen und Hockenheim

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