Bestsellerautorin zu Gast in Schwetzingen

Florence Brokowski-Shekete erlebt nach wie vor Rassismus

Die Schulamtsdirektorin und Bestsellerautorin Florence Brokowski-Shekete berichtet in der Carl-Theodor-Schule in Schwetzingen von Diskriminierung im Alltag. Unvorstellbar, was ihr diesbezüglich gerade erst passiert ist ...

Von 
Volker Widdrat
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Schulleiterin Heide-Rose Gönner (l.) begrüßt Schulamtsdirektorin Florence Brokowski-Shekete und GEW-Vertreter Dr. Jörg Götz-Hege, der die Veranstaltung ermöglicht hatte. © Widdrat

Seit Mai 2014 ist die Carl-Theodor-Schule in Schwetzingen eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Schülerinnen und Schüler hatten damals durch Aktionen und Flyer rund um das Thema Rassismus und Courage ihre Mitschüler und Lehrer informiert. Seitdem setzen sie sich mit vielfältigen Projekten und Aktionen dafür ein, im Umgang mit Rassismus und Diskriminierung zu sensibilisieren. Nun war Bestsellerautorin und Schulamtsdirektorin Florence Brokowski-Shekete zu Gast – auf Einladung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Dr. Jörg Götz-Hege vom geschäftsführenden Kreisvorstand Rhein-Neckar-Heidelberg moderierte die Veranstaltung. Schulleiterin Heide-Rose Gönner und das Lehrerteam mit Nicola Höfs, Friedemann Holzapfel und Pia Brambach als Organisatoren der Lesung begrüßten in der vollbesetzten Aula die Schüler der Eingangsklassen und deren Fachlehrer.

„Einzelkind mit vier Geschwistern“

Gruppenbild mit Gast: Nicola Höfs (hinten v. l.), Dr. Jörg Götz-Hege, Florence Brokowski-Shekete, Friedemann Holzapfel, Pia Brambach, David Worae (vorne v. l.), Luca Dangel, Cosima Walter und Emily Fessler. © Widdrat

Schüler David Worae hatte Brokowski-Shekete bei einer Lesung in Heidelberg getroffen und den Mut gehabt, sie an die Schule einzuladen. Die 55-jährige Pädagogin und Bestsellerautorin dankte ihm und der Projektgruppe mit Cosima Walter, Emily Fessler und Luca Dangel dafür. Sie sei gerne gekommen, meinte die gebürtige Hamburgerin, die als zweites Kind nigerianischer Eltern bei einer deutschen Pflegemutter in Buxtehude aufgewachsen ist. Im Gespräch mit Götz-Hege schilderte sie ihre ersten Lebensjahre in Norddeutschland, wie sie es auch in ihrer Autobiografie „Mist, die versteht mich ja. Aus dem Leben einer Schwarzen Deutschen“ niedergeschrieben hat. Darin schildert sie de Erlebnisse einer schwarzen Frau in einer weißen Gesellschaft.

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Als die Eltern in ihre Heimat zurückkehrten, wollte die neunjährige Florence in Buxtehude bleiben. Doch sie musste zunächst mit. Nigeria blieb ihr aber fremd. Sie wurde schwer krank und in der deutschen Schule in Lagos war sie „die Andere“. Sie wurde auch dort als Ausländerin behandelt. Eine Klassenlehrerin bekam über einen Aufsatz zum Thema „Mein schönster Traum“ dann mit, wie unglücklich das Mädchen war. Es durfte schließlich zu ihrer Mama nach Buxtehude zurück. „Ich war in Nigeria schon ein Einzelkind mit vier Geschwistern“, habe sie auch in der Schule in Buxtehude gemerkt, „dass schwarz sein in einer weißen Gesellschaft ein Thema ist“. Schon als Jugendliche habe sie Rassismus erlebt. „Wenn Flori nicht so viele Brötchen essen würde, hätten die Kinder in Afrika mehr zu essen“, habe eine Lehrerin einmal in der Klasse gesagt. Heute sei vieles nicht flapsig, sondern rassistisch gemeint.

Die Schüler der Eingangsklassen lauschen in der vollbesetzten Aula gebannt den Ausführungen über Alltagsrassismus. © Volker Widdrat

Der Titel des Buches entstand aus einer Situation, als ihr Partner ein paar Bekannte getroffen und sich mit denen unterhalten hatte. Als sie sich in das Gespräch einschaltete, habe einer aus der Gruppe gesagt: „Mist, die versteht mich ja.“ Vergangenes Jahr war ihr in einem ICE nach Mannheim der Zutritt zur ersten Klasse verweigert worden. Eine Zugbegleiterin hatte sich partout nicht vorstellen können, dass die schwarze Frau genau dort hatte sitzen wollen. Im Restaurant eines Golf-Clubs habe sie das N-Wort hören müssen, erzählte sie den Schülern. Und niemand habe dagegen die Stimme erhoben. Sie sei nicht überempfindlich. Manchmal sage sie auch nichts: „Ich möchte kein Problem für meine Umgebung sein.“ Sie habe auch eine starke Resilienz: „Für mich ist das Glas immer halb voll.“

Neues Buch über Berufsalltage

Die 55-Jährige, die ab 2003 als Lehrerin an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Weinheim arbeitete und ab 2007 Schulleiterin an der Hilda-Hauptschule in Schwetzingen war, hat „nach Menschen gesucht, die schwarz und in ganz normalen Berufen tätig sind“. Für ihr neues Buch „Raus aus den Schubladen! Meine Gespräche mit schwarzen Deutschen“ hat sie mit zwölf Menschen über ihr Leben und ihre Berufe gesprochen – vom Metzgermeister in Speyer über den ostfriesischen Kfz-Mechaniker bis zur Gynäkologin in Saarbrücken. Alle haben Erfahrungen gemacht mit Rassismus und Diskriminierung.

„Meine zwölf Gespräche zeigen, wie viel Kraft, Energie und Disziplin notwendig ist, um seinen Alltag als schwarzer Mensch in einer weißen Gesellschaft und als vermeintlich nicht Deutsche bewältigen zu können“, sagt sie über ihr neues Buch.

Die Bestsellerautorin beantwortete den Schülern alle Fragen. Sie wolle stets zum Dialog anregen. Es müsse auch nicht immer die Hautfarbe sein, wenn Personen „wie Ausstellungsstücke“ behandelt würden: „Nicht jeder, der deutsch ist, ist automatisch weiß.“ Die Schulamtsdirektorin, die auch Coach und Beraterin für interkulturelle Kommunikation ist, bat die Schüler, an der Schule und in ihrem Alltag weiterhin so kritisch zu bleiben beim Thema Diskriminierung und Rassismus. Anschließend signierte sie ihre Bücher und stand gerne noch für persönliche Fragen zur Verfügung. Die jungen Zuhörer dankten ihr mit Applaus. Das Lehrerteam und die Projektgruppe überreichten der begeisternden Pädagogin abschließend Blumen als Dankeschön.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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