Klimawandel in der Region

Fördergelder in Schwetzingen nicht ausgeschöpft

Die Anträge auf Unterstützung bei Solaranlagen haben sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt – doch im Mobilitätssektor geht’s schleppend voran.

Von 
Stefan Kern
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Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach unterstützt die Stadt Schwetzingen mit bis zu 2500 Euro. Und Solaranlagen sind seit Jahresbeginn ja auch von der Mehrwertsteuer befreit. © dpa

Es geht in die richtige Richtung. Der Klimaschutz, so erklärt es Klimaschutzmanagerin Maike Berkemeier in einem Gespräch mit der Redaktion, sei bei der Mehrheit der Schwetzinger Bevölkerung angekommen. Immer mehr wollten einen konkreten Beitrag leisten, was sich in der wachsenden Zahl der Förderanträge niederschlage. Soweit die gute Nachricht.

Aber – und daran lässt die Grünen- Stadträtin Dr. Susanne Hierschbiel keinen Zweifel – die Mehrheit der Bürger habe noch nicht begriffen, dass die Maßnahmen, die zum Schutz des Klimas notwendig seien, enormer Anstrengungen bedürften. „Die Realität der Erderwärmung überrennt unsere schönen Pläne und zeigt, dass wir schnell deutlich mehr tun müssen“, sagt sie. In ihren Augen gibt es nach wie vor eine Kluft zwischen den faktischen Bemühungen der Bürger, den Klimawandel zu begrenzen, seiner Entwicklung und seines Ausmaßes. Wie sagte es der Klimawissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Stefan Rahmstorf: „Ohne massiven Klimaschutz erodiert die Lebensgrundlage für zivilisatorisches Leben.“ Das heißt: „Natürlich bleibt der Planet lebendig, aber nicht mehr so, wie wir ihn kennen.“

53 000 von 130 000 Euro genutzt

Diese Geophone sind derzeit im Stadt-gebiet zu sehen. Mit ihnen werden die Schallwellen im Untergrund gemessen. Dies dient dazu, geeignete Geothermie-Standorte in der Region zu finden. © Strauch

Auf der Seite der Eher-Optimisten findet sich auch der Staatssekretär im baden-württembergischen Umweltministerium, Dr. Andre Baumann: „Schwetzingen hat sich auf den Weg gemacht.“ Er betont, dass er sich als Landespolitiker nicht zu sehr in die Kommunalpolitik einmischen wolle und so will er auch nichts über das Tempo sagen.

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Doch es stimmt ihn positiv, dass der Ausbau der regenerativen Energien angegangen wird. Ja, in seinen Augen scheine sogar die Akzeptanz für die Geothermie zu wachsen. Bis 2030 müsse der Entzug des Fernwärmenetzes, an das hier in der Region 120 000 Haushalte angeschlossen seien, von der Kohle vonstatten gegangen sein. Und Baumann ist überzeugt davon, dass Geothermie hier ein wichtiger Teil der Lösung sei (wir berichteten mehrfach).

Ganz sicher Teil der Lösung ist das städtische „Klima-Impuls-Förderprogramm“. Dabei wird die Installation von Photovoltaikanlagen (PV) mit oder ohne Batteriespeicher gefördert. Für eine PV-Anlage auf dem Dach sind bis zu 2500 Euro möglich. Unterstützt wird aber auch der Kauf von kleinen Balkonmodulen. Weiter wird unter anderem die Stilllegung von Verbrenner-Autos sowie die Anschaffung von Lastenrädern, Tickets für den öffentlichen Nahverkehr und Car-Sharing gefördert. Im Jahr 2022 sind bis Ende November insgesamt 95 Förderanträge eingegangen. 2021 waren es nur 61. Immerhin ein Plus von rund 55 Prozent. Zugesagt wurden bis dato schon 71 Anträge für PV-Anlagen auf dem Dach mit Batteriespeichern. Rein rechnerisch, so sagt es Berkemeier, leisten diese Module im Jahr etwa 458 000 Kilowattstunden Strom, was einer jährlichen CO2-Einsparung von 210 Tonnen entspräche, so die Klimaschutzmanagerin.

Nur schleppend scheint hingegen der Wandel im Bereich der Mobilität zu laufen. Die Stadt verzeichnete hier 2022 lediglich 14 Anträge. Das sei sehr bedauerlich, so die Klimaschutzmanagerin, da der Mobilitätssektor entscheidend sei, wenn die städtischen Klimaschutzziele erreicht werden sollen. Abgeflossen sind aus dem für das Jahr 2022 130 000 Euro umfassenden Fördertopf übrigens knapp 53 000 Euro. Die Zahlen weisen in die richtige Richtung, aber auch Berkemeier betonte, dass das alles nicht genug sei.

Es geht zu langsam voran

Ein Satz, der für die Grüne Hierschbiel leider nur allzu wahr ist. Für sie sind die Pläne der Stadt bis im Jahr 2050 komplett klimaneutral zu sein, längst schon Makulatur. Die Entwicklung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass der Mensch viel schneller werden müsse, wenn das Ausmaß des Klimawandels tatsächlich begrenzt werden soll.

Ein Satz, der für Bürger wie für die Stadtverwaltung gelten müsse. Gerade die Verwaltung und der Gemeinderat stünden in der Verantwortung, bei allen Entscheidungen die Klimaauswirkungen mitzudenken und wirklich Geld für den Klimaschutz in die Hand zu nehmen. Allzu oft sei das immer noch Bei- und nicht Hauptwerk, sagt Hirschbiel.

Als Symbol dafür erwähnt sie den Klima- und Mobilitätsbeirat der Stadt, der nach seinen Statuten eigentlich zweimal im Jahr tagen sollte. Seit Hierschbiel in den Beirat gewählt wurde, das war 2019, habe dieser Klima- und Mobilitätsrat jedoch nur einmal getagt. Ein für sie ernüchterndes Zeichen dafür, dass Klimaschutz in Schwetzingen am Ende nach wie vor nicht wirklich ernst genommen wird und eben doch meist hintenanstehen müsse.

Auch sie räumt ein, dass Stadt und Bürger sich auf den Weg gemacht hätten. Aber es sei zu wenig – und zu langsam. Hierschbiel hat dabei ein ganzes Bündel an kleinen und großen Maßnahmen im Kopf, die jetzt und schnell angegangen werden müssten. Und gerade bei den eher kleinen Maßnahmen hat sie nur noch wenig Verständnis für das Nichthandeln. Was ist mit der Fassaden- und Dachbegrünung, wo es nur geht? Oder dem Verbot von Steingärten? Mit Trinkbrunnen in der Stadt oder deutlich mehr Schatten und Kühle spendenden Bäumen? Die Stadt habe Handlungsspielraum, sie müsse ihn nur nutzen.

Der Klimawandel, da sind sich alle Protagonisten einig, ist die zentrale Gefahr für die Zukunft der Menschheit. Noch habe man es in der Hand, die schlimmsten Auswirkungen einzuhegen. Doch das Fenster der Gelegenheit schließe sich zusehends, auch in Schwetzingen. Es gilt, was Rahmstorf ebenfalls gesagt hat: „Entweder wir ändern uns oder wir werden geändert.“

Hier geht es zum Audiobeitrag (Quelle: radiosounds.de) - Hintergrund: 2023 soll das Jahr der Solaranlagen werden. Zum 1. Januar hat die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf den Kauf von Solaranlagen auf null Prozent gesenkt. Damit fällt auch die Steuerbürokratie weg, zudem wurde bereits im Juli die Vergütung für die Einspeisung von Solarstrom ins Netz angehoben.

AUDIO: Radiosounds Sonnenenergie steuerfrei

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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