Schwetzingen. „Der Marstallinnenhof ist in einem erbärmlichen Zustand“, mit dieser Feststellung steht SPD-Gemeinderat Hans-Peter Müller nicht allein. Die gesamte Holzkonstruktion hat ihre Haltbarkeitsgrenze weit überschritten, eine größere Anzahl von Elementen löst sich bereits vollständig auf und bedarf einer Erneuerung. Deshalb will die Stadt eine Neugestaltung des Areals angehen. Der Gemeinderat beschloss dies am Mittwochabend in seiner öffentlichen Sitzung im Josefshaus.
Die maroden Holzeinfassungen der Hochbeete sind aber nicht der einzige Grund für die Maßnahme: Die Stahlbetonkonstruktion der unter dem Hof in nahezu voller Breite liegenden Tiefgarage (1984 erbaut) habe durch den Einsatz von Tausalz auf den Zufahrtsrampen und durch das Abtropfen von Fahrzeugen Schäden an Stützpfeilern, Stützwänden und den Treppenhäusern verursacht, teilte die Verwaltung mit. Langfristig werde eine umfassende Chlorid- und Korrosionssanierung der gesamten Stahlbetonkonstruktion erforderlich. Deshalb wird die Umgestaltung ziemlich teuer: 200 000 Euro sind eingeplant. Ein Statikerbüro wurde schon mit der Untersuchung beauftragt.
Vor 37 Jahren angelegt
Die Grünanlage im Bereich des ehemaligen Exerzierhofs war nach Fertigstellung der Tiefgarage vor 37 Jahren geschaffen worden. Dabei wurde auch darauf geachtet, dass sie sich gestalterisch in die ursprüngliche Architektur um den 1750 bis 1752 erbauten früheren kurfürstlichen Marstall einfügt.
Um eine generelle Gewichtsentlastung der Tiefgaragenkonstruktion zu erreichen, sehen die ersten Planungsansätze vor, nicht mehr alle Pflanzbeete als Hochbeete auszuführen. Die bestehende parkähnliche Struktur mit Barockarchitektur soll aber erhalten bleiben. Eine entsprechend notwendige Neupflanzung werde auf diese Architektur Rücksicht nehmen. Es ist geplant, den bisher parallel zur Pergola verlaufenden Hochbeetabschnitt wiederherzustellen. Die weiteren Flächen werden auf gleicher Höhe der umgebenden Flächen neu angelegt und mit einem Cortenstahlband eingefasst.
Die neue Einfassung des Hochbeetabschnitts soll mit Gabionenwandelementen erfolgen, die mit gebrauchten Baustoffen gefüllt werden. Positiver Nebeneffekt: Bei einer solchen Wandausführung können viele Hohlräume für Insekten und Amphibien entstehen. Alternativ könnte die Hochbeeteinfassung auch mit einheimischem Holz hergestellt werden. Neben der Erneuerungsbedürftigkeit der Pflanzflächeneinfassung und der Gewichtsreduzierung der Tiefgaragendecke soll der Marstallinnenhof für Touristen und Geschichtsinteressierte attraktiver gestaltet werden.
Ein weiterer Baustein des Projekts im Marstallhof ist die Neubelebung der Initiative „Urban Gardening“. Dazu soll eine neue und größere Fläche als Nachbarschafts- und Gemeinschaftsgärten im Innenhof entstehen. Bereits im vergangenen Jahr hatte dort offensichtlich ein Anwohner Gemüse angepflanzt.
Mit der Business School der Universität Mannheim wurde eigens ein gemeinsames Projekt zur Attraktivierung eines Urban Gardenings in Schwetzingen entwickelt. Im Rahmen dieser Projektarbeit sollen parallel nicht nur erfolgreiche Urban-Gardening-Projekte in Deutschland und der Welt beleuchtet werden, sondern auch ein Umsetzungskonzept entstehen unter dem Gesichtspunkt der sozialen Medien und einer Zielgruppenkommunikation, um Menschen in Schwetzingen für ein Mitmachen zu motivieren und zu gewinnen.
Breite Zustimmung
Bei den Ratsmitgliedern stieß das Vorhaben auf Zustimmung. „Das ist ein kleiner, aber feiner Park mitten in der Stadt“, meinte Peter Lemke (Freie Wähler), der seine Stellungnahme wie alle anderen nur schriftlich abgab. Rita Erny sah dies angesichts des derzeitigen Zustands etwas anders: „Der Marstallinnenhof ist wahrlich kein schöner Platz. Hier verweilen weder Touristen noch Schwetzinger Bürger.“ Sie hofft, dass dies nach der Neuanlage anders wird und der Hof auch in Stadtführungen integriert wird.
Der Marstallinnenhof im barocken Kernstadtbereich spiele im Konzept „Grüne Lungen“ eine zentrale Rolle, sagte Dr. Susanne Hierschbiel (Bündnis 90/Die Grünen): „Kleine grüne Biotope in der Stadt mit einer artenreichen und insektenfreundlichen Bepflanzung können so die Funktion von grünen Lungen erfüllen und verbessern das Mikroklima. Besonders begrüße ihre Fraktion das Urban-Gardeining-Projekt, auch weil die Gabionen – wenn sie dementsprechend angelegt werden – reptilien- und insektenfreundlich seien.
Kritik an Finanzplanung
Kritik kam von der SPD, weil die Investition als außerplanmäßige Ausgabe vorgesehen ist und nicht im städtischen Haushalt eingeplant war. Die Mittel sollen durch Minderausgaben gedeckt werden. „Kaum hat das Jahr 2021 begonnen, haben wir eine außerplanmäßige Ausgabe von sage und schreibe 200 000 Euro zu bewältigen“, meinte Hans-Peter Müller. Die Feststellung dieser aus Sicht seiner Fraktion notwendigen Maßnahme sei doch nicht erst im Januar 2021 gereift: „Dies müsste unserer Meinung nach doch schon länger bekannt gewesen sein.“
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