Schwetzingen. Jetzt eine Tüte Eis! Künstlerin Anke Eilergerhard möge verzeihen, dass ihre drei über zwei Meter hohen Plastiken an diesem sommerlich warmen Abend mit einer Süßspeise assoziiert werden. In Rot, Schwarz und Gold ziehen die wie Softeiscreme anmutenden Kunstwerke die Blicke in der Orangerie des Schlossgartens Schwetzingen auf sich. Oder sind es vielleicht doch die Sahnehäubchen einer fantastischen Jubiläumsausstellung, die der Kunstverein Schwetzingen sich und Kunstinteressierten zum 50. Geburtstag gönnt?
Sahnehauben hat diese Ausstellung unter dem Titel „50 Jahre Kunstverein Schwetzingen – Best of“ nur zu bieten: Mit Amnon David Ar, Thomas Baumgärtel, Matthias Brock, Matthias Garff, Thomas Hildenbrand, Mathias Otto, Mathias Perlet, Stefan Pietryga, Gerhard Rießbeck, Wang Shugang, Gabi Streile, Marc Taschowsky, Friederike Vahlbruch, Nele Waldert, Elizabeth Weckes und der genannten Anke Eilergerhard wurde eine Crème de la Crème bestehend aus 16 Kunstschaffenden an einem Platz vereint, der freilich schon Großes gesehen hat. Nicht zuletzt ist das Dr. Dietmar Schuth zu verdanken, der seit 2005 die künstlerische Leitung des Kunstvereins Schwetzingen innehat. Und dieser Verein ist seit 1972 nicht mehr aus der kulturellen Landschaft der Spargelstadt wegzudenken, betont unter anderem Oberbürgermeister Dr. René Pöltl im Vorwort des zur Werkschau erschienenen Katalogs.
Den Menschen zeitgenössische Kunst näherbringen, das hat sich der aus einer Initiative heraus gewachsene Kunstverein auf die Fahnen geschriebenen. Er orientiert sich überregional und holt Künstler aus Metropolen wie Berlin, Köln und Leipzig, ja sogar dem Ausland nach Schwetzingen. Hier seien Namen wie Helmut Schober und sein Mozart-Zyklus oder Bühnenbildner Achim Freyer erwähnt. Der bekannte Bananensprayer Thomas Baumgärtel ist auch jetzt in der ersten von zwei geplanten Jubelausstellungen vertreten. Spannend bei ihm die klassisch anmutenden Stillleben, in denen er dennoch seine berühmten Bananen dezent eingebaut hat.
Von Malerei bis hin zu Skulpturen
„Es ist eine große Bandbreite an Künstlern. Es war nicht einfach, diese alle unter einen Hut zu bringen“, fasste Kurator Dr. Dietmar Schuth zur Eröffnung zusammen, der zahlreiche Gäste, darunter ausstellende Künstler, beiwohnten. Neben Matthias Garffs fast mannshohen Vögeln – etwa einer „Tannenmeise“ mit Motorradhelm, Milchkanne und Skateboard in Gummistiefeln – lassen florale Großformate von Elizabeth Weckes und Matthias Brock den Raum erblühen. Die Künstlerin Gabi Streile, die mit ihrer Ausstellung „Asparagus“ eine Tournee durch die Schwetzinger Partnerstädte durch Spoleto, Lunéville und Pápa gemacht hat, präsentiert neuere Tulpengemälde. Stefan Pietryga, dessen blaue Pappel auf der Bahnhofsanlage in Schwetzingen stadtbekannt ist, lässt gelbe Schafe (und einen Bock) in das „Schwarze Loch“ schauen und bei Frederike Vahlbruch spiegelt sich die Natur in Werken wie „Weiher“, „Martinique“ und „Forest“. Beeindruckend sind die zwei spätgotisch anmutenden Engelsstatuen aus Lindenholz von Thomas Hildebrand.
Dr. Schuth bedauerte, dass der chinesische Künstler Wang Shugang, der sich derzeit in Peking aufhalte, aus Corona-Gründen nicht vor Ort kommen kann, er sei mit zwei neuen Bronzeskulpturen vertreten.
Stichwort Corona: Mathias Ottos „Isola“ zieht in diesem Zusammenhang die Blicke auf sich: ein düsteres, surrealistisches Bild, in dessen Zentrum eine Isolierstation zu Hochzeiten der Pandemie steht. Doch das Virus bleibt zur Vernissage nur Thema auf dem Kunstwerk, sind doch alle froh, dass es endlich wieder mit Ausstellungen weitergehen kann. Freude liegt im Raum, über das, was war, und das, was noch kommen wird. So formuliert Stadträtin Elfriede Fackel-Kretz-Keller in Vertretung des verhinderten Bürgermeisters Matthias Steffan auch: „Was wäre Schwetzingen ohne Kunst?“ Sie überreicht dem Kunstverein eine Spende von rund 500 Euro. Der Vorsitzende des Kunstvereins, Erik Schnatterer, freut sich darüber und betont in seiner launigen Begrüßung: „Schwetzingen ist eine Stadt, die Kunst liebt!“
Gäste begeistert
Die Besucher genießen die Ausstellung mit musikalischer Umrahmung durch Jürgen Kilian und Rheinhard Kretschmer. Gabriele Rettig und Ehemann Andreas aus Oftersheim zeigen sich begeistert: „Alle Werke sind beeindruckend. Aber besonders getroffen hat uns das Werk ‚Isola‘, auf dem eine Isolationsstation zur Corona-Zeit in einer Wüstenlandschaft zu sehen ist“, und sie ergänzten: „Es bewegt einfach“.
Auch Roy Guthrie und Marcey Mushore, die Kuratoren der aktuellen Ausstellung „Chapungu – Stories in Stone“ mit Werken von Künstlern aus Simbabwe im Schlossgarten, finden großen Gefallen an Gezeigtem: „Diese Bandbreite ist einfach faszinierend.“ Stadtradt Dr. Michael Rittmann meint: „Vielfalt durch die künstlerische Brille zu erfahren – das ist wirklich großartig!“ Und noch schöner ist es, dieser Vielfalt nun wieder in Gemeinschaft frönen zu können. Aber das besser ohne Eis – zumindest im Ausstellungsraum.
- Die Ausstellung ist bis 24. Juli 2022 mittwochs bis sonntags, 14 bis 18 Uhr, zu sehen. Der Eintritt ist frei, es fällt Schlossgarteneintritt an (8/4 Euro). Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.
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