Schwetzingen. Schon das physische Erlebnis ist gewaltig, wenn Kirchenmusikdirektor Detlev Helmer und das Multitalent Dr. Uwe Dittes gemeinsam Musik machen, wirkungsvoll führen sie Orgel-, Schlagzeug- und elektronische Klänge zusammen. Diese bekommen eine fast körperliche Präsenz, wenn sie sich in Extremen bewegen: in der Tiefe, der Höhe – und der Lautstärke. So gab es am Samstagabend in der Stadtkirche bekannte Kompositionen ganz neu zu hören, die den Besuchern Entdeckungs- und Überraschungsfreude bescherten.
Zunächst begrüßte jedoch Helmer die Gäste in der gut gefüllten Kirche und informierte, dass dieses Konzert unter dem Motto „Musik zum Hören, Sehen und Fühlen“ die Auftaktveranstaltung zu seinem letzten Berufsjahr nach 40 Jahren Dienst in Schwetzingen sei. Für 2023 habe er noch einmal eine Reihe außergewöhnlicher Konzerte geplant, die allesamt hörenswert sind. Aus der jahrzehntelangen Zusammenarbeit mit Uwe Dittes entstanden Projekte, die immer von großer Kreativität geprägt waren wie etwa die Umsetzung von Bachs berühmter „Toccata und Fuge in d-Moll“ für Orgel und Schlagzeug. Ihre Aufführung am Samstagabend von der Empore aus geriet zu einem Höhepunkt des Konzerts. Die pulsierenden Rhythmen der Orgel, präzise vom Schlagzeug strukturiert, ließen eine Spannung sondergleichen entstehen.
Als Klangzauberer wirkte darin Dittes, der im Solopart das ganze Potenzial seiner Virtuosität am Schlagzeug ausschöpfte. Einfach hin- und mitreißend! Auch in den anderen Kompositionen haute einen das fantastische Spiel der beiden Musiker um. In Leon Boëllmann (1862 – 1897) „Suite gothique“ von 1895 ließen sie in den vier Sätzen – Introduction, Choral, Menuet gothique, Prière à Notre-Dame, Toccata – durch insistierendes Rotieren der ineinander verzahnten Rhythmen von Orgel und Schlagzeug eine hypnotische Wirkung entstehen.
Boëllmann schuf dieses Werk zwei Jahre vor seinem Tod anlässlich der Einweihung der Orgel der Pfarrkirche Notre-Dame in Dijon und spiegelt seine Begeisterung für das Zeitalter der Gotik wider. Ganz in der Tradition der französischen Orgelmusik stehen auch die Toccaten von Gaston Bélier (1863 – 1938) und Eugène Gigout (1844 – 1938), die hier im Zusammenspiel mit dem Schlagzeug zu Gehör kamen. Sie boten den beiden Musikern ebenfalls Gelegenheit, ihre souveräne Technik zu demonstrieren. Mit Energie und Verve gelang ihnen, ihre unorthodoxen Klangideen zu verwirklichen und lösten beim Publikum immer wieder große Begeisterung aus.
Besonderes Konzert in Schwetzingen: Wenn Atmen in Tropfen mündet
Doch war das Konzert von Sonntagabend nicht nur ein Genuss für die Ohren, sondern auch für die Augen und natürlich auch für die Seele. Auf einer riesigen Leinwand im Altarraum führte Uwe Dittes die Video-Performance „Zyklus der Elemente“ – Wasser, Luft, Feuer, Erde – vor sowie „Stadt, Land, Fluss“. In bewegten Bildern zeigte er zunächst die unterschiedlichen Facetten der viel Elemente auf. Die Aufnahmen zum Element Wasser führten den Blick der Zuschauer zunächst einem Strand entlang, hin zum Meer, zu den Wellen und schließlich zur Unterwasserwelt. Danach ging es hoch in die Luft, zu den Wolken, dem Regen, der sich über die Landschaft ergoss. Der Wechsel von Ein- und Ausatmen mündete in den feinen Tropfen, bevor der Nebel die gesamte Gegend einhüllte. Zum Element Feuer zeigte Dittes sprühende Funken, flackernde Flammen, von denen nichts als Rauch und Asche übrig blieben.
Der Einfall menschlicher Zivilisation wurde mit der Bilderreihe „Stadt, Land, Fluss“ sichtbar gemacht. Hier nahm Dittes seine Zuschauer mit auf eine Reise durch Städte, Gärten, über Wiesen, Felder, Straßen und Wege. Vielen Aufnahmen hat er kurze Texte aus dem ersten Buch Moses, der Schöpfungsgeschichte, vorangestellt und sie kunstreich mit der Musik im Zusammenspiel mit E-Drums, E-Gitarre und Synthesizer verwoben, mal ruhelos strömend, mal zart und leise, aber immer passend zu den Bildern.
Mit stehendem Applaus hat das Publikum in der Stadtkirche den Musikern für dieses begeisternde Konzert gedankt. Die Spende am Ausgang kommt sozialen Projekten zugute, die Dittes eingangs vorstellte, darunter die Obdachlosenhilfe der evangelischen Kirchengemeinde, Brunnenprojekte in Afrika und ein Wasserschutz-Projekt des schwimmenden Professors Dr. Andreas Fath.
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