Coronavirus - Nach Ostern sollen die Vakzine in den Praxen vor Ort gespritzt werden

Impfstoff müsste erst zu den Schwetzinger Hausärzten

Von 
Janina Hardung
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Nach Ostern soll auch in den Hausarztpraxen geimpft werden. In Schwetzingen dürfte das kein Problem geben. © dpa

Schwetzingen. Bald soll es auch in den Hausarztpraxen losgehen: Seit einigen Wochen wird in einem Pilotprojekt des Ministeriums für Soziales und Integration, der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und der Kommunalen Landesverbände bereits in 40 Hausarztpraxen in Baden-Württemberg geimpft – nach Ostern soll es flächendeckend möglich sein.

Die in den Ländern aufgebauten Impfzentren und die mobilen Impfteams kommen weiterhin zum Einsatz, heißt es auf der Internetseite des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. „Um einen planbaren Betrieb aufrechtzuerhalten, bekommen die Länder hierfür im April wöchentlich kontinuierlich 2,25 Millionen Impfdosen. Diese Menge soll nach und nach gesteigert werden“, wird dort der Beschluss erklärt. Aufgrund der zunächst noch begrenzten Zahl an Impfdosen werden anfangs lediglich kleinere Mengen an die Praxen ausgeliefert. Jede der rund 50 000 Hausarztpraxen soll wöchentlich etwa 20 Impfdosen erhalten. Später werden wohl auch Fach- und Betriebsärzte einbezogen.

KV-Vorstand ist fassungslos

Das Vorgehen wird vom Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) als Repräsentantin der mehr als 15 000 Praxen niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten kritisiert. Vorstandschef Dr. Norbert Metke sagt: „Ich kann nur mit dem Kopf schütteln ob der Fehleinschätzungen der Kanzlerin Angela Merkel, der Ministerpräsidenten sowie der weiteren Beteiligten. Wie kann man nur auf die Idee kommen, weiterhin auf patientenferne Impfzentren zu setzen, diese bevorzugt zu beliefern und die Hausärzte quasi als ‚Resteverwerter‘ zu behandeln, die dann auch nur noch das verimpfen dürfen, was übrig geblieben ist – und damit weiterhin die Patienten größtenteils in den Flaschenhals der zentralen Impfterminvergabe zu schicken? Das macht mich fassungslos!“

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Metke bedauert auch, dass sich die Bundespolitik und die Vertreter der anderen Bundesländer nicht der Haltung von Baden-Württemberg angeschlossen haben. „Die Landesregierung hat uns immer signalisiert, dass sie vor allem auf die Impfungen in den Praxen setzt.“ Sein Vorstandskollege Dr. Johannes Fechner ergänzt, dass der ambulante Bereich in Baden-Württemberg bereitstehe, um flächendeckend Impfungen durchzuführen. „Wir könnten kurzfristig mindestens 85 000 Impfungen pro Tag anbieten, das ist mehr als das Doppelte dessen, was die Impfzentren leisten können.“

Fechner zog damit Bilanz aus dem Testlauf, der vor zwei Wochen in Baden-Württemberg gestartet ist, sowie aus einer Umfrage unter den Mitgliedern. „In den vergangenen Wochen haben wir die Impfung in einigen Arztpraxen, vor allem in Hinblick auf die Logistik, den Umgang mit dem Impfstoff sowie die Dokumentation getestet. Nach allen Rückmeldungen, die wir erhalten haben, klappt das prima.“ Parallel dazu haben sie eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt und die Bereitschaft zu Impfungen abgefragt. Innerhalb weniger Stunden sollen mehr als 3000 haus- und fachärztliche Praxen geantwortet haben.

Aus Metkes Sicht muss die Politik im Bund damit ihre bisherige Impfstrategie ändern. „Es war richtig, sich zum Beginn der Pandemie auf die Impfzentren zu konzentrieren, um den knappen Impfstoff effektiv zu verteilen. Aber jetzt muss das auf die Praxen verlagert werden. Ich darf nur darauf verweisen, dass unsere Mitglieder in den Praxen jedes Jahr Millionen Impfungen vornehmen – effektiv, geräuschlos und kostengünstig.“

Durch den limitierten Impfstoff werden die Praxen selbst auf die Patienten zugehen, die geimpft werden können. In erster Linie werden das über 80-Jährige sein oder Patienten, die an die häusliche Umgebung gebunden und beispielsweise bettlägerig sind. „Vor diesem Hintergrund bitten wir die Patienten, jetzt nicht die Praxen mit Terminanfragen lahmzulegen“, erklärt Fechner. Er gehe davon aus, dass Mittwoch oder Donnerstag nach Ostern die ersten Impfungen verabreicht werden.

„Könnten den Turbo zünden“

Der KV-Vorstand appelliert an die politisch Verantwortlichen, das Impfgeschehen schnell von den Impfzentren auf die Praxen der niedergelassenen Ärzte zu verlagern. „Wir könnten flächendeckend Impfungen anbieten und so wirklich den Turbo zünden. Zur Bewältigung der Pandemie halten wir es für dringend erforderlich, so schnell wie möglich auf breiter Basis in den niedergelassenen Praxen zu impfen.“

Der Vorsitzende des Ärztenetzes Schwetzingen, Dr. Hans-Jürgen Scholz, ärgert sich über die Informationen der Politik, die in seinen Augen zu oft geändert werden. „Anfänglich sollte Ende März mit dem Impfen in den Hausarztpraxen begonnen werden, dann im April, später war sogar Mai im Gespräch. Jetzt soll es angeblich doch Mitte April losgehen. Wenn dem so ist, soll angeblich jede Praxis etwa 20 Impfdosen bekommen und zwar derzeit nur den Astrazeneca-Impfstoff. Da diese Impfung für Hausärzte überhaupt kein Problem darstellt, gehe ich davon aus, dass jede Praxis impft, die auch Impfstoff bekommt“, erklärt er auf Nachfrage unserer Zeitung.

Der KVBW gibt er recht, denn die Hausarztpraxen seien von der Logistik besser aufgestellt: Örtlichkeit, Erreichbarkeit, Vertrauen zum eigenen Arzt – zählt er als Argumente auf. „Zudem gibt es wesentlich mehr Hausarztpraxen als Impfzentren. Würden die Hausärzte mit genügend Impfstoff versorgt, dann könne die Impfquote gesteigert werden – so seine Meinung. „Selbst der Impfstoff Biontech wäre möglich, denn dieser Impfstoff ist fünf Tage auch im Kühlschrank haltbar, also montags anliefern – bis Freitag verimpfen.“

Der Praxisverbund Ze:ro-Praxen fühlt sich gut vorbereitet. „Wir freuen uns, dass wir voraussichtlich ab Dienstag, 6. April, mit den Corona-Impfungen starten können. Wir hoffen, dass die Liefermengen, wie durch die Bundesregierung angekündigt, Ende April deutlich erhöht werden“, sagt Professor Dr. Peter Rohmeiß.

Terminvergabe und Ablauf seien schon besprochen worden. „Die Hausärzte kennen ihre Patienten und deren individuelle Vorgeschichte sehr genau und werden entsprechend der empfohlenen Impfpriorisierung Termine vergeben.

Logistisch sind unsere Hausärzte jederzeit bereit, Impfungen durchzuführen – wie etwa während der Grippezeit schon erprobt – und in der Lage, mit flexiblen Konzepten vor Ort auf veränderte Bedingungen reagieren zu können“, sagt Dr. Natalie Augsburger.

Steht und fällt mit den Mengen

Außerdem befürworten die Ärzte der Ze:ro-Praxen den Schritt der Bundesregierung. „Das ist aus unserer Sicht längst überfällig und wird maßgeblich dazu beitragen, das Impftempo zu beschleunigen. Dies steht und fällt natürlich mit den Mengen an Impfstoff, die wir bekommen“, erklärt Professor Dr. Peter Rohmeiß abschließend.

Auch Dr. Andreas Reinicke trifft mit seinem Team gerade die Vorbereitungen für den Impfstart. „Wir sind entschlossen, das umzusetzen. Viele Patienten fragen schon danach und wir haben viel Erfahrung mit dem Impfen. Vermutlich wird das sogar zeitsparender als bei den Impfzentren ablaufen“, sagt er.

Beate Lauscher-Schüller vom Praxisduo Schwetzingen befindet sich auch schon in den Vorbereitungen. „Wir finden es wichtig, dass Hausärzte endlich zum Zug kommen. Wir halten uns an die Impfpriorisierung, führen Listen der stark gefährdeten Patienten und Interessierten und kontaktieren sie, sobald wir wissen, wann wir wie viele Impfstoffdosen bekommen“, erklärt sie unserer Redaktion.

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