Schwetzingen. Witzig, unverblümt und direkt wie eh und je: So präsentierte sich Ingrid Noll am Sonntagvormittag bei ihrem Auftritt im Franz-Danzi-Saal in Schwetzingen. Gekommen war die „Lady of Crime“ ins Kulturzentrum auf Einladung der Volkshochschule Bezirk Schwetzingen und füllte wie immer den Saal.
Die Freude darüber, dass so viele Leute Interesse an Ingrid Noll und ihrem neuen Roman „Gruß aus der Küche“ zeigten, stand Volkshochschulleiterin Gundula Sprenger ins Gesicht geschrieben. Sie war voll des Lobes für „die in Deutschland erfolgreichste, inzwischen auch weltberühmte Krimiautorin, denn jedes ihrer Bücher feiert Riesenerfolge. Bald nach dem Erscheinen stand auch der jüngste Roman auf der Spiegel-Bestsellerliste“.
Autorin Ingrid Noll hat schon viele Erfolgsbücher in Schwetzingen vorgestellt
Viele ihrer Erfolgsbücher, darunter „Röslein rot“, „Goldschatz“, „Hab und Gier“ oder „Mittagstisch“, hat sie schon in Schwetzingen vorgestellt, so Sprenger, und bezeichnete die gegenwärtige Lesung als ein „synästhetisches Erlebnis“, da sie mit allen Sinnen konnte wahrgenommen werden: Beim Eintritt bekamen die Besucher kleine Häppchen überreicht - Auberginencreme, vegetarische Sushi, Windbeutel -, die das engagierte Team der Volkshochschule für die einzelnen, von der Autorin vorgestellten Protagonisten, kreiert hat. Gemeinsam mit der Autorin wurden sie zwischen den Kapiteln verzehrt - eine originelle Idee und obendrein köstlich!
„Gruß aus der Küche“ ist ein Buch, das Ingrid Noll mit großer Lust an der Sprache verfasst hat, merkte Gundula Sprenger an. Die Autorin ist an der „Ausformulierung von menschlichen Charakteren interessiert, in denen wir uns oder eine Person wiedererkennen, in deren Psychologie sie sich jedoch anhand verschiedener Idiome oder Dialekte hineindenkt“.
Darum geht es in "Gruß aus der Küche" von Ingrid Noll
Da ist zunächst die 40-jährige Irma, die das vegetarische Restaurant „Aubergine“ leitet. Passend zum namensgebenden Gemüse kleidete sie sich mit einem violetten Kittel und ein Käppi mit grünen Kelchblättern ein. Seit ihrer Jugend wird sie als „nudeldicke Dirn“ gehänselt. Den Laden stemmt sie gemeinsam mit dem „spannenlangen“ Kellner Josch. Ihnen zu Ehren stimmt man stets das Kinderlied „Spannenlanger Hansel, nudeldicke Dirn“ an, das Irma nicht mehr hören kann.
Da ist auch die junge Schulabbrecherin Lucy, genannt „Kichererbse“, die Irma als Mädchen für alles einstellt, um ihr eine zweite Chance zu geben. In der zehnten Klasse blieb sie sitzen, von da an „hatte ich keinen Bock, mich noch länger quälen zu lassen“. Zu guter Letzt ist da noch der relativ altmodische „Professor Salat“, der 80-jährige Dr. Vinzent, der in der Küche das Gemüse schnipselt und so tut, als wäre er taub.
Enkel beraten bei Jugendsprache
Aus diesen vier Ich-Perspektiven rollt Ingrid Noll eine Geschichte voller Humor, aber mit Substanz auf. „Dieses Buch ist tatsächlich ein bisschen anders als die, die Sie von mir gewohnt sind“, führte sie in die Lesung ein. „Es sprechen, passend zum Charakter und zum Alter, vier verschiedene Leute zu Ihnen, zwei Männer und zwei Frauen, und zwar abwechselnd, wie in einem Theaterstück. So erfahren Sie, wie die einen über die anderen denken, was sie so im Schilde führen, jeder mit eigener Sprache … Das war manchmal schwierig, weil auch ein Kind, ein 17-jähriges Mädchen dabei ist, die eine Jugendsprache spricht, derer ich nicht mächtig bin“, gestand Noll.
Deshalb bat sie ihre Enkelkinder, Korrektur zu lesen. „Oma“, sagten diese zu ihr, „das Wort gibt es schon, doch hast du es völlig falsch eingesetzt.“ Noll möchte aber keinen ihrer Protagonisten für ihr Verhalten und ihre Art zu sprechen verurteilen, lediglich beschreiben, wie es ist. Je nach Alter werden die Dinge anders bewertet, absolute Wahrheiten gibt es nicht, entscheidend ist immer der Beobachter.
Gemalte Aubergine bei Lesung von Ingrid Noll übergeben
Das, was Noll aus den vier Kapiteln ebenso virtuos wie frisch und dynamisch vorlas, brachte das Publikum immer wieder zum Lachen. Es hatte beim Zuhören mindestens ebenso viel Spaß, wie die Autorin offensichtlich beim Schreiben. Die Art, wie sie die Vielstimmigkeit des Romans hörbar machte, ihr Wortwitz, Einfallsreichtum und ihre Figurendarstellung mit all ihren Ambivalenzen zog die Besucher bis zuletzt in den Bann.
Dementsprechend war der Andrang beim Büchertisch der Buchhandlung Kieser und fürs Signieren groß. Davor jedoch gab es eine Überraschung für Ingrid Noll. Unter lang anhaltendem Applaus überreichte ihr Gundula Sprenger eine von Petra Disch wunderbar gemalte Aubergine. „Ich bin hingerissen“, war der kurze Kommentar der Autorin, die durch ihre Herzlichkeit, ihre menschliche Wärme, einen starken Eindruck hinterließ.
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