Ärztliche Versorgung

Ist das Ende der Notfallpraxis Schwetzingen besiegelt?

Schwetzinger Standort in der GRN-Klinik steht auf der Streichliste der Kassenärztlichen Vereinigung – Abgeordnete kündigen Widerstand an

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Redaktion
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Wird die Notfallpraxis in Schwetzingen geschlossen. Das jedenfalls sieht eine Tabelle der Kassenärztlichen Vereinigung vor, die unserer Zeitung vorliegt und die nächste Woche veröffentlicht werden soll. © dpa

Stuttgart/Schwetzingen. Seit 52 Jahren besteht nun in Schwetzingen eine Notfallpraxis der niedergelassenen Ärzte. Untergebracht ist sie seit einigen Jahren in der GRN-Klinik. Das hat den Vorteil, dass dort Menschen, die nachts oder an Wochenenden ein medizinisches Problem haben, einen festen Anlaufpunkt haben und dann je nach Schwere des Notfalls an die Klinikambulanz oder den diensthabenden Arzt verwiesen werden. Geradezu eine Organisationsstruktur mit Modellcharakter, die aber nun schon im kommenden Jahr ein jähes Ende finden könnte.

Pläne der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) sehen laut einer Liste der Kassenärztlichen Vereinigung, die unserer Zeitung exklusiv vorliegt, vor, die hiesige Notfallpraxis wie 16 andere Standorte zu schließen. Dagegen liefen am Montag die hiesigen Landtagsabgeordneten Sturm. Daniel Born (SPD) hatte schon vormittags in einer Pressemitteilung seinen Widerstand angekündigt: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für die medizinische Versorgung in unserer Region. Gerade Familien und ältere Menschen sind auf diese Struktur angewiesen und bekommen nun von der Kassenärztlichen Vereinigung die kalte Schulter gezeigt. Sowohl die Auslastung als auch die bereits vorhandene starke Belastung der Notfallpraxen in Mannheim, Heidelberg und im rheinland-pfälzischen Speyer, wohin die Menschen aus den Rheinanliegergemeinden ausweichen würden, machen deutlich, dass man die Verantwortung nicht einfach auf den nächsten Standort schieben kann“, schimpft Born.

„Was ich besonders perfide finde, ist, dass bei der Diskussion um die bereits fahrlässige Schließung des Standorts Waghäusel noch auf die naheliegende Notfallpraxis Schwetzingen verwiesen wurde. Und nun geht der Kahlschlag einfach weiter. Da merkt man doch: Da ist kein Konzept dahinter, das ist blinde Schließungswut“, erläutert Daniel Born.

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Insgesamt sollen laut bekannt gewordenen Plänen der Kassenärztlichen Vereinigung 17 Notfallpraxen in Baden-Württemberg geschlossen werden. Born sieht dies auch insgesamt kritisch: „Innerhalb von 18 Monaten 30 Prozent aller allgemeinen Notfallpraxen im Land zu schließen, ist eine furchtbare Nachricht für die ambulante ärztliche Versorgung im Land. Darunter leiden die Kommunen, die sowieso schon ausgelasteten Krankenhäuser und ganz besonders alle Patienten, die besonders dringend versorgt werden müssen.“

Born fordert Sozialminister Manfred Lucha, der die Rechtsaufsicht über die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg hat, zum sofortigen Einschreiten auf. „Lucha muss den KV-Vorstand einbestellen und den unverzüglichen Stopp dieser Pläne durchsetzen. Wir sind ganz konkret in Schwetzingen auf seinen Einsatz angewiesen, denn sonst macht der KV-Vorstand unsere Praxis dicht“, so Born. Es bestehe jetzt noch ein Zeitfenster, um die medizinische Versorgung zu sichern.

Während die Kassenärztliche Vereinigung am Montag eine Stellungnahme ablehnte und auf eine Veröffentlichung der Planungen am 21. Oktober verwies, ist aus der GRN-Klinik zu hören, dass die Schließungsabsicht derzeit „nicht bestätigt werden kann“. Auch vom Ärztenetz vor Ort, das ja Personal für die Notfallpraxis stellt, war gestern leider keine Antwort auf unsere Nachfrage zu bekommen.

Die Landtagsabgeordneten Dr. Andre Baumann (Grüne) und Andreas Sturm (CDU) aus den Regierungsparteien sehen das Vorhaben in einer gemeinsamen Stellungnahme vom Nachmittag kritisch: „In unseren Augen ist die Notfallpraxis ein wesentlicher Baustein der medizinischen Versorgung in Schwetzingen und der umliegenden Gemeinden.“ „Ich hoffe sehr, dass die KVBW ein Konzept vorlegt, das eine verlässliche und bedarfsgerechte Versorgung der Bürger außerhalb der Öffnungszeiten der Arztpraxen sicherstellt“, so Sturm. „Wir werden uns gemeinsam dafür einsetzen, dass die Menschen hier auch in Zukunft schnellen Zugang zu ärztlicher Versorgung haben und zwar unabhängig von der Art ihrer Erkrankung“, sagt auch Dr. Andre Baumann.

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