Nach zwei Jahren Corona-bedingter Zwangspause hat der Lions Club Schwetzingen sein traditionelles Benefizkonzert nachholen können. Im Rokokotheater Schlosses gastierte das Jugendsinfonieorchester der Stuttgarter Musikschule mit Werken, die romantische Gemüter bedienen, zugleich aber enorme technische und musikalische Herausforderungen bieten.
Begrüßt von Clubpräsident Wolfgang Klein, ließ sich das Publikum einhüllen von den in ihrer schwelgerischen Süße immer wieder bitter eingetrübten Harmonien Aram Chatschaturjans. Als Vertreter der „nationalen Schule“ Sowjetrusslands wurde er mit seinem offenen Blick auf die westliche Musik in diesem Programm als Künstler gewürdigt, der aktuellen politischen Auseinandersetzungen enthoben ist.
Chatschaturjans Bühnenmusik zur „Maskerade“ des russischen Dichters Michail Lermontow ist als fünfsätzige Suite konzipiert, die mit einem Walzer beginnt. Das Jugendsinfonieorchester spielte ihn schwergewichtig, tänzerische Leichtigkeit ist diesem Dreiertakt abhold, handelt die „Maskerade“ doch vom Mord eines Ehemanns an seiner Frau, die fälschlicherweise der Untreue bezichtigt wird. Es geht also tragisch zu hinter der üppigen Klangfassade. Doch der dritte Satz – eine Mazurka – lädt unwiderstehlich zum Tanz aufs Parkett, und das galoppartige Finale überrascht mit keckem Witz.
Die jungen Musiker spielten dieses farbige und dramatisch bewegte Werk unter der Leitung von Dirigent Alexander Adiarte mit leidenschaftlicher Spielfreude. Die Streicher ließen die Klänge mächtig wogen, während Adiarte den Vertretern der Holz- und Blechbläserabteilung immer wieder eine Bühne verschaffte, die sie selbstbewusst nutzten. Mögen auch intonatorische Finessen noch verfeinert und Einsätze besser aufeinander abgestimmt werden können, so boten die jungen Damen und Herren eine imponierende Orchesterleistung, die durchaus vielversprechende Ansätze zeigte.
Bravouröse Vorstellung
Der russische Komponist Wladimir Peskin, dessen Familie unter Stalins Diktatur zu leiden hatte, gibt mit seinem Konzert Nr. 1 in c-Moll der Trompete die Ehre. Samuel Liebhäuser lieferte in diesem temperamentvollen, von markigen Kantilenen und kniffligen Kapriolen geprägten Werk eine bravouröse Vorstellung. Seine Partien spielte er mit kraftvollem Ausdruck und technischer Beherrschung. Mit der Solokadenz im Kopfsatz konnte er sogleich brillieren, und die Melodiösität des zweiten Satzes wurde dank Schalldämpfer in ihrer lyrischen Fragilität nachgezeichnet. Im Finale spielte der Solist noch einmal alle klanglichen und technischen Möglichkeiten aus, die das Stück für Trompete bietet.
Antonin Dvoraks sechste Sinfonie ist trotz ihres rhythmischen Schwungs, den das Scherzo mit seinen robusten Anklängen an die slawische Tanzmusik entfacht, ein schweres Kaliber. Besonders die Streicher zeigten sich hier zu Beginn jedoch durchaus angriffslustig und gewährten dabei auch Oboe, Flöten und den klangschönen Hörnern glanzvolle Auftritte. Und im Finale legten die jungen Orchestermusiker noch einen Zahn zu. Entschlossen und zupackend ließen sie die wilden Klangströme noch einmal mächtig aufschäumen.
Der amerikanisch-philippinische Dirigent Adiarte konnte stolz auf sein Orchester sein und ließ sich vom begeistert applaudierenden Publikum auch nicht lange bitten: Mit der Filmmusik zum Kinohit „Fluch der Karibik“ hatten die Stuttgarter Jugendsinfoniker eine Zugabe im Gepäck, die so gut ankam, dass sie sie gleich noch einmal spielen mussten. Von Zwang konnte dabei freilich keine Rede sein.
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