Es war fast schon bezeichnend, dass außer den Pressevertretern und Verwaltungsmitarbeitern kein einziger Bürger im Saal des Josefshauses zugegen war, als dieses Bündel an Steuer- und Gebührenerhöhungen beschlossen wurde. Offensichtlich wollte sich das keiner mit Rücksicht auf den eigenen Blutdruck geben. Dass diese Maßnahmen kommen werden, war seit der ersten Besprechung des Haushalts 2022 angesichts drohender Lücken abzusehen. Und dass nach zehn Jahren mal wieder Erhöhungen anstehen können auch.
Dennoch – es ist ein Pfund, das jetzt auf die Bürger und Gewerbetreibenden zukommt. Zusätzlich zu Corona-Einbußen durch Kurzarbeit und Einnahmeausfälle, zusätzlich zu den enorm steigenden Sprit- und Energiekosten.
Jetzt werden unweigerlich die Diskussionen aufkommen, wie sich die Stadt auf der einen Seite Millionenprojekte wie den Umbau des Rothacker’schen Hauses und eventuell die futuristsche Brücke zum Pfaudler-Areal leisten kann und andererseits die Steuern erhöhen muss. Sicher, das eine wird zumindest teilweise aus den stattlichen Rücklagen finanziert, die in dem neuen unsäglichen Haushaltssystem (das nur absolute Experten verstehen) Zahlungsmittelbestand heißt. Und bei der anderen „Baustelle“ geht es um die laufenden jährlichen städtischen Ausgaben, die kontinuierlich zum Teil stark gestiegen sind – man denke nur an die Kinderbetreuungskosten. Dafür dürfen die Rücklagen eben nicht herhalten.
Doch es wird – auch wenn dem Gemeinderat keine andere Wahl blieb – viel Erklärungsbedarf geben bei denen, die jetzt tiefer in die Tasche greifen müssen. Denn die Grundsteuererhöhung trifft alle – auch die Mieter. Hier ein paar Euro mehr für die Wohnung, dort ein paar für die Kita oder die Kernzeit, den Anwohnerparkausweis – das läppert sich. Ganz zu schweigen von „Fiffi“, dem Familienhund oder treuen Begleiter der alleinstehenden Seniorin. Hoffentlich wandert da nicht der eine oder andere Vierbeiner deswegen ins Tierheim – die haben schon genug an Corona-Rückläufern.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Keine einfache Entscheidung
Andreas Lin zu den Erhöhungen von Steuern und Gebühren