Schwetzingen. Der Pianist François Couturier und der Violinist Dominique Pifarély sind zwei bedeutende Persönlichkeiten der französischen Improvisationsszene; sie arbeiten seit über 40 Jahren in vielen Projekten zusammen – und überschreiten dabei die Grenzen zwischen moderner Klassik, zeitgenössischen Kompositionen und Jazz.
Bei der Matinée am Sonntagmorgen im Franz-Danzi-Saal des Schwetzinger Kulturzentrums präsentierte das Duo Stücke aus seinem neuen Album „Preludes and Songs“. Das Konzert bildete den Abschluss der Schwetzinger Jazztage, die von der Jazzinitiative Schwetzingen organisiert und im Rahmen des Enjoy-Jazz-Festivals veranstaltet wurden. Manfred Kern von der Jazzinitiative und Rainer Kern eröffneten das Konzert. Rainer Kern bezeichnete das Duo in seiner Begrüßung als seine „Jugendleidenschaft“. Beide Initiatoren zeigten sich erfreut über den Auftritt der beiden Franzosen beim Festival.
Das Konzert in Schwetzingen umfasste neben mehreren Kompositionen beider Musiker auch Zitate aus Werke von Jacques Brel wie „La chanson des vieux amants“, vom britischen Jazzmusiker Mike Westbrook, den Pifarély als guten Freund bezeichnete, und von J.J. Johnson mit „Les ombres“.
Hörerwartungen werden in Schwetzingen irritiert
Die Musik der beiden Franzosen ist abstrakt in dem Sinne, dass gewohnte Bezugssystem wie bekannte harmonische Strukturen, Rhythmen, Taktvorgaben aufgelöst sind. Hörerwartungen werden irritiert. Man darf sich fragen, wo Jazz aufhört und wo die Moderne Klassik, die zeitgenössische Komposition anfängt. Oder weiter: Wozu brauchen wir Kategorien wie Jazz, Klassik und Pop überhaupt noch?
Besonders auffällig war das sensible Zusammenspiel der beiden Musiker. Schnell wurde deutlich, dass die Stücke nicht frei improvisiert, sondern wohlüberlegt komponiert und strukturiert waren – auf der Basis einer gemeinsam entwickelten musikalischen Sprache. Pifarély betonte in einem Interview, es gehe ihnen darum, die Form von allem Überflüssigen zu befreien. So erklangen die Stücke mal ruhig und kontemplativ, mal leidenschaftlich und expressiv – stets klar in ihrer inneren Logik und getragen von einer ganz eigenen ästhetischen Formsprache.
Die „Preludes“ also Präludien des Albums lassen sich als poetische Hinführungen zu eigenständigen Stimmungsbildern verstehen. Im Gegensatz dazu erzählen die „Songs“ eher musikalische Geschichten – direkter, zugänglicher, mit emotionalen Ankerpunkten, die bekannten Melodien neue, tiefgründige Facetten verleihen.
Klangwelt voller Farben und Emotionen in Schwetzingen
Das Konzert war anspruchsvoll, verlangte aufmerksames Zuhören und Offenheit, entfaltete dann aber eine vielschichtige, nachhaltige Klangwelt voller Farben und Emotionen. Ein unvergleichliches Erlebnis, das vom Publikum mit langem Applaus und einer Zugabe belohnt wurde.
Obwohl die Schwetzinger Jazztage damit offiziell endeten, steht noch ein „Encore“, ein Zusatzkonzert bevor. Am Samstag, 15. November, gastieren die niederländische Trompeterin und Komponistin Maite Hontelé sowie Ramón Valle um 20 Uhr im Franz-Danzi-Saal. Ihre „Musikalische Hommage an Havanna“ entsteht in Kooperation der Jazzinitiative Schwetzingen mit der soziokulturellen Initiative creActiv / Beyond Blue Connection.
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