Kultur

Kunst und Gynäkologie treffen in Schwetzingen aufeinander

Die Künstlerinitiative Schwetzingen stellt in der GRN-Klinik zum Thema „Behutsamkeit“ aus. Was die Künstler über ihre Werke sagen.

Von 
Marco Montalbano
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Karin Posmyk (2.v.l.) zeigt im Rahmen der Ausstellung „Behutsamkeit“ unter anderem im Gynäkologie-Untersuchungsbereich aus. Dabei thematisiert sie das Innere des weiblichen Körpers. © Marco Montalbano

Schwetzingen. „Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor etwas stehen, das wir nicht restlos erklären können.“ Dieses Zitat des deutschen Aktionskünstlers, Theater- und Filmregisseurs Christoph Schlingensief kann man oft leicht nachvollziehen, sobald man vor einem Kunstwerk steht. Umso schöner, wenn es die Künstler selbst sind, die Erläuterungen zu ihren Werken geben und denen man im Anschluss auch noch Fragen stellen kann. So geschehen am Mittwochabend in der GRN-Klinik. Denn im Rahmen der laufenden Ausstellung der Künstlerinitiative Schwetzingen (KIS) mit dem Titel „Behutsamkeit“ hatten sechs ausstellenden KIS-Künstlerinnen und Künstler zum „Artist Talk“ geladen. Auf rund drei Stockwerken des Hospitals sind noch bis Ende August Arbeiten von Traudel Hagmann, Jörg Künkel alias LONS, Oliver Mezger, Karin Posmyk, Karin Schmiedebach und Felicitas Wiest zu sehen.

Dr. Annette Maleika, Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe, ist bekennender Kunstfan. Seit 2013 sorgt sie dafür, dass die Klinikwände und Foyers so eine kontinuierliche Transformation erfahren. Durch Gemälde und Skulpturen wird das GRN-Gesundheitszentrum – eine Bezeichnung, auf die sie Wert legt, – zur Galerie. Und betrachtet man die Innenräume, kommt man schnell zum Schluss, dass sie dafür prädestiniert sind. Ziel ist es, einen Ort, der einstmals „nur“ Krankenhaus gewesen sei, mitten ins Leben zu holen, auch in das der Gesunden. Denn nicht jeder, der käme, sei krank in diesem Sinne. Es sei schließlich auch ein Ort des Lebens. Gerade in der Gynäkologie, wo Frauen im Kreißsaal neues Leben hervorbringen.

Ausstellung in der GRN-Klinik zeigt Skulptur einer schwangeren Frau zum Anfassen

Passend dazu: eine Skulptur von Karin Schmiedebach. „Schwangere“ ist aus Kirschholz gefertigt, aus einem Stück. Dargestellt wird der Schwangerschaftsbauch einer Frau. „Zum Anschauen und Anfassen“, betonte Schmiedebach. Modell gestanden habe dafür ihre Tochter, die zu diesem Zeitpunkt im achten Monat schwanger gewesen sei. Und in der Tat trauten sich einige Teilnehmer des Rundgangs – auch männliche –, über den Bauch zu streichen. Etwas weiter, vor den Untersuchungsräumen, hängen Bilder von Karin Posmyk. Die Farbe Rosa dominiert. Dargestellt werden, mal mehr mal weniger ersichtlich, Innenansichten des weiblichen Körpers – dem Ursprung neuen Lebens auf der Spur. Ein (männlicher) Besucher moniert: „Mich würde das schockieren“, doch Dr. Maleika kontert: „Unsere Patientinnen finden das, meiner Erfahrung nach, gut“. Posmyk ergänzt: „Als ich die Werke aufgehängt habe, hat mich ein Paar angesprochen, das begeistert war.“

Kunst die polarisiert und die bewegt. Etwas weiter hängen Fumage-Arbeiten von Traudl Hagmann, gemalt mit „Feuer und Rauch“. Gebannt lauschen die Anwesenden den Erläuterungen der Künstlerin zum Entstehungsprozess. Planung überschneide sich hier mit einem Element, das nicht planbar sei – der Natur. Bei jedem Windhauch müsse man aufpassen, so Hagmann und mit Feuer sowieso, das oft unberechenbar sei.

Inspiriert von alten Höhlenmalereien: Jörg Künkel alias LONS gibt Erläuterungen zu seinen ausgestellten Werken. © Marco Montalbano

Eine Arbeit von Jörg Künkel, auch als LONS bekannt, die im Foyer im Erdgeschoss zu bewundern ist, sei von 30.000 Jahre alten Höhlenmalereien im heutigen Frankreich inspiriert. „Man muss sich das mal vorstellen. Die Malereien, die ich sah, waren so alt. Dann, so haben Forscher festgestellt, waren die Höhlen für 10.000 Jahre gar nicht bewohnt. Schließlich wurden die Wandmalereien von den neuen Bewohnern ergänzt“, so LONS. Die Vergangenheit werde nun zur Gegenwart, denn ähnlich arbeite er auch: „Ich betrachte meine Werke stets aufs Neue und bearbeite sie weiter, bis ich mich von ihnen trennen muss, weil ein Käufer sie erwirbt. So entstehen Gemälde, bei denen sich mehrere Schichten überlagern, wobei ich auch Sand und anderes beimische, wodurch eine ganz spezielle Haptik entsteht.“

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Arbeiten von Felicitas Wiest sind ebenfalls im Foyer zu sehen, so wie auch in der Klinikkapelle, wo großflächige Gemälde die Weite des Meeres darstellen. Im obersten Geschoss ist die Fotokunst von Oliver Mezger zu bewundern (wir berichteten). Besucher Jens Wodzak aus Heidelberg meint: „Kunst in einer Klinik? Finde ich sehr gut.“ Bei vielen Werken sei es spannend, über sie zu diskutieren, weswegen er auch gern die Gelegenheit wahrgenommen habe, den Künstlern zahlreiche Fragen zu stellen.

Die Kunstausstellung „Behutsamkeit“ in der GRN-Klinik Schwetzingen in der Bodelschwinghstraße 10 ist noch bis zum 31. August zu sehen, täglich von 8 bis 22 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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