Justiz

Mannheimer Amokfahrt: Prozess beginnt im Herbst

Die Amokfahrt im März 2025 hat Mannheim und die Region erschüttert. Im Herbst soll der Prozess gegen den Angeklagten beginnen.

Von 
Kai Plösser und Marco Pecht
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Ein 40-Jähriger ist mit seinem Auto im März durch die Mannheimer Fußgängerzone gerast und hat dabei zwei Menschen getötet. Im Oktober beginnt der Prozess. © Ruffler

Der Prozess gegen den mutmaßlichen Amokfahrer von Mannheim beginnt Ende Oktober dieses Jahres. Das hat das Mannheimer Landgericht auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt. Den Gerichtsangaben zufolge startet der Prozess gegen den 40-Jährigen aus Ludwigshafen am 31. Oktober, ein Urteil wird für den 19. Dezember erwartet. Eingeplant seien 13 Prozesstage, sagte eine Gerichtssprecherin.

Der Angeklagte, der am Fasnachtsmontag über die Mannheimer Planken gerast sein soll, sitzt aktuell in Untersuchungshaft. Bei der Tat kamen ein 54-jähriger Mann und eine 83-jährige Frau ums Leben, 14 Passanten wurden teilweise schwer verletzt. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Beschuldigte psychisch krank ist. Hinweise auf eine politische Tat, was als Motiv zunächst nicht ausgeschlossen wurde, gibt es nicht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann zweifachen Mord und mehrfachen versuchten Mord vor.

Blumen haben an den Tagen nach der Mannheimer Amokfahrt an die Tat erinnert. © Michael Ruffler

Wie lief die Amokfahrt laut Staatsanwaltschaft ab?

Im Juni hatte die Staatsanwaltschaft Mannheim Anklage erhoben. Demnach soll der 40-Jährige am 3. März gegen 12.14 Uhr die rote Ampel auf dem Friedrichsring am Wasserturm ignoriert haben und dann mit einer Geschwindigkeit zwischen 40 und 50 Stundenkilometer in die dortige Fußgängerzone gefahren sein: „Mit dem Ziel, diese mit hoher Geschwindigkeit zu durchfahren und eine noch unbestimmte Anzahl an Fußgängern zu töten.“ Zunächst soll er am Beginn der Fußgängerzone mit mindestens 50 Kilometern pro Stunde gezielt auf zwei Personen zugesteuert und habe beide mit der linken Fahrzeugfront erfasst, so die Staatsanwaltschaft. Eine der beiden Personen sei dabei über das Fahrzeug geschleudert und schwer verletzt, die andere Person leicht verletzt worden.

Nach mehreren Hundert Metern habe er sein Fahrzeug mit mindestens 80 Kilometer pro Stunde gezielt auf einen dort laufenden Fußgänger gelenkt und habe diesen mit der linken Fahrzeugfront erfasst. Der Fußgänger sei mehrere Meter durch die Luft geschleudert worden und auf eine dort stehende Person gefallen. Er erlag an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. Auf Höhe des Paradeplatzes habe der 40-Jährige sein Fahrzeug mit mindestens 80 Stundenkilometer gezielt nach links in eine Menschengruppe gesteuert und dort zwei Fußgängerinnen erfasst. Beide Fußgängerinnen seien in die Luft geschleudert und schwer verletzt worden, eine der beiden Frauen starb laut der Behörde kurz danach an der Unfallstelle.

Mit diesem Kleinwagen raste Alexander S. am 3. März über die Planken. Ein Taxifahrer hatte den Mann schließlich gestoppt. © Michael Ruffler

Nach etwa hundert Metern habe der Mann sein Fahrzeug mit mindestens 50 Kilometer pro Stunde erneut gezielt auf eine Menschengruppe gesteuert und drei Personen erfasst, die ebenfalls durch die Luft geschleudert worden seien. Zwei Personen wurden hierbei schwer, eine Person leicht verletzt. Auf Höhe des Quadrats E7 habe der 40-Jährige sein Fahrzeug gewendet, um zu flüchten, wobei ihm der Weg durch einen Taxifahrer versperrt worden sei. Der 40-Jährige habe daraufhin mit der von ihm mitgeführten Schreckschusswaffe einen Schuss nach oben abgegeben, um den Taxifahrer einzuschüchtern und zu verhindern, dass dieser ihm folgt. Anschließend habe er die Flucht ergriffen und sich mit der Schreckschusswaffe in den Mund geschossen.

Was ist über den mutmaßlichen Amokfahrer bekannt?

Der ausgebildete Landschaftsgärtner lebte zuletzt ohne Partnerin, Partner oder Kinder in Ludwigshafen. Nach Informationen dieser Redaktion wurde der deutsche Staatsbürger in Heidelberg geboren. Er soll in Ladenburg unter schwierigen familiären Umständen aufgewachsen sein, wie ein ehemaliger Nachbar dieser Redaktion sagte, der den Angeklagten und Familienangehörige nach eigenen Angaben kennt. Demnach soll der Angeklagte schon länger psychische Probleme haben, sei „schon als Kind auffällig“ gewesen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sei der 40-Jährige seit Jahren psychisch erkrankt und deswegen in Behandlung.

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Mit dem Gesetz ist der 40-Jährige schon vor der Amokfahrt in Konflikt geraten. Im Herbst 2010 war er wegen gefährlicher Körperverletzung in einem minderschweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war. Zudem wurde eine verminderte Schuldfähigkeit festgestellt. Zuletzt war er 2018 wegen Hasskommentaren in sozialen Medien aufgefallen.

Warum war ein politisches Motiv zunächst nicht ausgeschlossen?

Der 40-Jährige soll in der Vergangenheit Gruppen angehört haben, die der rechtsextremen Szene und den Reichsbürgern zugeordnet werden. 2018 war er nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Amtsgericht Weinheim wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen verurteilt worden. Demzufolge hat der 40-Jährige auf Facebook unter einem Bild, das Adolf Hitler zeigt, die Parole „Sieg Heil from Germany“ gepostet.

Die Online-Plattform Exif hatte zunächst die Verbindungen des 40-Jährigen in rechtsextremistische Kreise öffentlich gemacht. „Abfragen bei verschiedenen Nachrichtendiensten führten allerdings zu keinen extremismusrelevanten Rückmeldungen. Auch bei den bisher gesichteten Asservaten konnten bislang keinerlei Anhaltspunkte für eine extremistische Gesinnung des Tatverdächtigen gefunden werden“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bereits wenige Tage nach der Tat.

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