Mannheim. Welche strafrechtlichen Folgen kann das Ankleben auf der Straße haben? Am Freitag ist erstmals ein Klimaaktivist von der Gruppe "Letzte Generation" am Mannheimer Amtsgericht dafür verurteilt worden. Der Student Jannik E. hatte sich im Mai 2022 gemeinsam mit fünf weiteren Aktivisten der Letzten Generation an einem frühen Montagmorgen mitten im Berufsverkehr am Ende der Kurt-Schumacher-Brücke auf die Straße geklebt. Die Folgen laut Staatsanwaltschaft: ein massiver Stau auf der Brücke selbst samt Rückstau bis nach Ludwigshafen und mindestens 42 geschädigte Autofahrende.
Letzten Generation: friedlicher Protest darf nicht bestraft werden
Aber schon bevor die Verhandlung beginnt, haben sich 20 Aktivisten zu einer Mahnwache versammelt, um den jungen Studenten zu unterstützen. „Wir rechnen diesmal mit keinem Freispruch. Aber auch Strafen halten uns nicht ab, wir werden weiter Kleben und protestieren. Ein bisschen Klimaschutz reicht längst nicht mehr aus“ sagt Raúl Semmler von der Letzten Generation. Die versammelten Aktivisten sind davon überzeugt: Die Bundesregierung hat ihre Klimaziele verfehlt, weshalb ein für die Letzte Generation friedlicher Protest dagegen nicht bestraft werden sollte.
Der junge Student aus Heidelberg ist mittlerweile der zweite Klimaschutzkämpfer, der sich am Amtsgericht Mannheim für seinen Protest verantworten muss. Im vergangenen Oktober saß damals ein Mitglied der Aktivistengruppe Extinction Rebellion auf der Anklagebank, der sich ebenfalls an einer Straßenblockade auf der Kunststraße im Sommer beteiligt hatte. Der Unterschied: diesmal ist ein Aktivist angeklagt, weil er sich mit Sekundenkleber auf die Fahrbahn der B44 geklebt hatte.
Zwar sind es wieder die gleichen Klimaschützenden, die an diesem Morgen erneut einem angeklagten Mitstreiter beistehen. Ist es wieder der gleiche Richter, der den Prozess leitet. Diesmal aber dürfen alle mit in den Gerichtssaal, stehen knapp zehn Justizbeamte bereit, um die Zuhörenden gewissenhaft abzutasten und zu kontrollieren, bevor sie in den großen Saal dürfen.
Angeklagter vergleicht sich mit Martin Luther King
Nach einer langen und fast schon filmreifen Verhandlung, in der sich der Angeklagte mit einer Laienverteidigerin selbst verteidigt und dabei und immer wieder leidenschaftliche Erklärungen abgibt wie „hier geht es um so viel mehr, dafür bin ich auch bereit, ins Gefängnis zu gehen“, sowie große Bürgerrechtler wie Martin Luther King oder Philosophen wie Jürgen Habermas zitiert, steht ein verhältnismäßig mildes Urteil.
Eine Geldstrafe von je 15 Euro von 40 Tagessätzen, inklusive der Kosten der mehrstündigen Gerichtsverhandlung. Denn für den verständnisvollen Richter steht nach mehreren Zeugenbefragungen und Lichtbildauswertungen fest: Der Angeklagte hat mit seiner Sitzblockade einen massiven Stau ausgelöst. Weil dabei eine hohe Anzahl an Autofahrern geschädigt wurde, und es durch die Enge der Brücke keine Ausweichmöglichkeiten gab sowie die Chance, eine Rettungsgasse zu bilden, werten sowohl Staatsanwaltschaft als auch der Richter die Sitzblockade als Nötigung.
Aus der Sicht des Richters ist diese als verwerflich anzusehen. Strafmildernd wirkt sich vor allem das friedliche Verhalten des Angeklagten aus, der aus freiwilligen Stücken und ohne Widerstand der Polizei Folge geleistet hatte. „Ich sehe ihr Engagement und verstehe ihr Anliegen, das positiv ist. Aber ich kann ihr Ziel nicht bewerten“, so der Ric
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