Theater am Puls

Musikalischer Dialog mit dem Publikum in Schwetzingen: Jürgen Ferber im Interview

Jürgen Ferber präsentiert gesellschaftspolitische und zwischenmenschliche Themen auf humorvolle Weise. In einem Interview gewährt er Einblicke in seine Inspirationsquelle und den Entstehungsprozess seiner Texte.

Von 
Katja Bauroth
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Der Schwetzinger Liedermacher Jürgen Ferber präsentiert im bestens gefüllten Theater am Puls neue Lieder. © Andreas Gieser

Schwetzingen. Jürgen Ferber verpackt in Liedtexte und Gedichte das, was andere sich maximal zu denken trauen. Am Sonntagabend präsentierte er neue Werke zum Zuhören, Schmunzeln und Nachdenken in seinem „zweiten Wohnzimmer“, dem Theater am Puls in Schwetzingen.

Herr Ferber, in Ihren Konzerten „SchönFERBERei“ beleuchten Sie Gesellschaftspolitisches und Zwischenmenschliches musikalisch. Was beschäftigt Sie hier zurzeit am meisten, was Sie auch in Liedform gepackt haben?

Jürgen Ferber: Passend zu dem Programmnamen „SchönFERBERei“ beschäftigt mich seit Jahren die Frage, wie man angesichts der Entwicklungen in der Welt halbwegs seelisch gesund bleiben kann. Ich will meine Augen nicht verschließen und nehme natürlich ebenso die Kriege in der Ukraine und in Israel wahr wie den Klimawandel, die Einwanderungswelle und die zunehmende Verrohung des Umgangstons in der Gesellschaft. Dem Alter angemessen wollte ich mit 16 noch die Welt verändern. Heute weiß ich, dass mein Einfluss auf die große Welt leider ziemlich begrenzt ist. Aber ich will meinem direkten Umfeld sowie meinem Publikum, meinen Hörern und Lesern zeigen, dass es durchaus möglich ist, trotz des Zustands unserer Welt zu lächeln, ohne dafür ignorant oder gefühlskalt werden zu müssen. Ich habe nie verstanden, warum der Begriff „rosarote Brille“ meist so negativ gebraucht wird. Auch wenn rosa jetzt nicht die Farbe meiner persönlichen Wahl wäre, ist unser aller Sicht doch durch unsere Erfahrungen gefärbt. Und eine dunkelgraue Brille aufzusetzen, scheint mir keine besonders kluge Entscheidung zu sein. In dem Lied „Ich mach mir Sorgen“ zeige ich zum Beispiel augenzwinkernd auf, dass es völlig reicht, sich mit den tatsächlichen Sorgen zu beschäftigen, niemand muss sich selbst Sorgen zusätzlich machen. In „Eine Frage der Ehre“ danke ich den vielen Menschen, die sich auf vielfältige Weise im Ehrenamt engagieren und fordere die Hörer auf, ihrerseits selbst etwas zu einer besseren Welt beizutragen. Mit „Fehler“ möchte ich die Menschen ermutigen, sich etwas weniger krampfhaft um Perfektion zu bemühen. In „Heute biet ich Dir das Sie an“ sage ich, dass es manchmal einfach nötig ist, sich aus der Nähe von Personen zu entfernen, die uns nicht gut tun. Grundsätzlich ist mein Mittel der Humor und die Selbstironie. Indem ich mich selbst nicht so ernst nehme, ist es auch ein bisschen leichter, die Welt zu betrachten.

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Registrieren Sie auf der Bühne eigentlich Reaktionen im Publikum auf bestimmte Textpassagen Ihrer Titel?

Ferber: Wieviel ich von den Reaktionen im Publikum mitbekomme, ist sehr abhängig von der jeweiligen Location. Im Theater am Puls sehe ich zwar sehr wenig, weil ich von den Bühnenscheinwerfern geblendet werde. – Manchmal lasse ich deswegen den Lichttechniker zwischendurch den Saal beleuchten, damit ich auch mal die Gesichter sehe. – Aber ich höre und spüre die Reaktionen sehr gut. Für mich ist das sehr wichtig, schließlich ist so ein Abend eine Art Dialog. Manchmal gehe ich auf Reaktionen ein und spiele damit. Und immer nehme ich die Reaktionen mit nach Hause und in meine nächsten Texte. Ich schreibe zwar meinem Publikum nicht nach dem Mund, aber es ist mir schon wichtig, mir ein halbwegs realistisches Bild der großen (durch die Medien vermittelt) und kleinen (im Theater) Gesellschaft zu verschaffen. Meine Abende sind oft so einer Art Achterbahnfahrt. Mal gibt es viel zu lachen, mal ist es traurig, mal gibt es viel nachzudenken, mal sind wir gerührt, und dann lachen wir wieder. Wenn ich bei diesem Auf und Ab der Gefühle mein Publikum mitnehmen kann, berührt mich das selbst und motiviert mich, diesen Weg weiter zu gehen.

Fallen Ihnen Ihre Lieder eigentlich „rund um die Uhr“ ein? Gewähren Sie uns Einblicke in den Entstehungsprozess eines Liedes.

Ferber: Texte haben unterschiedliche Entstehungsanteile. – Ich unterrichte ja auch das Texten von Liedern, etwa in dreitägigen Workshops. – Die grundsätzliche Idee für ein Thema kann mich entweder irgendwo plötzlich anspringen oder auch bewusst gesucht werden, indem ich mich inspirierenden Einflüssen aussetze. Ich habe zum Beispiel vor einigen Tagen in Köln ein Konzert von Hannes Wittmer besucht, das hat mir Ideen für zahlreiche Lieder geliefert. Aber der Hauptanteil bei einem Text ist schlicht Handwerk. Ebenso wie ein Journalist kann ich nicht warten, bis mich die leider ziemlich unberechenbare Muse küsst. Ich setze mich morgens um 9 Uhr an meinen Schreibtisch und arbeite die genannten Ideen aus und forme daraus Lieder oder Gedichte. Manchmal habe ich während des Schreibens schon Melodien im Kopf, aber in der Regel komponiere ich erst, wenn der Text komplett fertig ist. Oft ist es sogar so, dass fertige Texte lange auf meiner Festplatte schlummern, bevor ich sie mir irgendwann vornehme und vertone. Das passiert oft, wenn ich merke, dass ich meinem treuen Publikum ein paar neue Lieder präsentieren möchte und nur noch wenig Zeit bis zum nächsten Konzert ist.

Apropos: Wo und wann kann man Sie demnächst live erleben?

Ferber: Öffentliche Soloauftritte stehen erst im nächsten Jahr wieder an. Die Termine stehen immer auf meiner Webseite: www.juergenferber.de. Wer nicht so lange warten möchte, kann mich gerne für ein privates Wohnzimmerkonzert buchen. Diese besondere Atmosphäre im kleinen Kreis schätze ich sehr. Wenn ich nicht gerade mit der „SchönFERBERei“ unterwegs bin, schreibe und unterrichte ich – Gesang und Songwriting – oder dirigiere einige Chöre. Auch dabei geht es mir darum, gemeinsam in guter Laune zu arbeiten.

Gibt es weitere Planungen in künstlerischer Form, an denen Sie uns teilhaben lassen möchten?

Ferber: Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich täglich neue Ideen habe und eigentlich nur die geringe Tagesstundenzahl verhindert, was ich alles gerne tun würde. Zuletzt habe ich ja einen Gedichtband veröffentlicht. Insgeheim arbeite ich auch an einem Roman über die besondere Magie, wie Gesang Menschen berühren kann. Manchmal überlege ich auch, ob ich mich noch mal in den klassischen Gesang begeben soll. Ich habe ja ursprünglich klassisch studiert und diverse Opern, Musicals und Kunstliederabende gesungen. Bisher habe ich aber noch keine „Winterreise“ (Schubert) gesungen, das ist für mich als Bariton aber durchaus ein großer Reiz. Mal sehen, was da die Zukunft noch bringt. Auf jeden Fall werde ich weiter schreiben – Lieder, Gedichte, Geschichten, Blogartikel und Chorsätze.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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