Rathaussturm

Narren erobern das Schwetzinger Rathaus

Der Rathaussturm in Schwetzingen war von Böllerschüssen und launigen Reden begleitet – dem großen Publikum gefiel es.

Von 
Andreas Lin
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Rathaussturm um 11.11 Uhr: Nun gib endlich den Schlüssel raus: Andreas Schwenn (l.), Prinzessin Shiva I. und Klaus Peter Münch (rechts) versuchen, Oberbürgermeister Matthias Steffan den Rathausschlüssel zu entreißen. © Andreas Gieser

Schwetzingen. Zeremonienmeister Peter Much klopfte mehrfach vehement an die Rathauspforte. „Wir fordern Sie auf, die Tür zu öffnen. Widerstand ist zwecklos.“ Erst tat sich nichts, dann rief eine Stimme von drinnen: „Mir kaafe nix, mir sinn net do.“ Schließlich kam die närrische Streitmacht am 11.11. doch zum Ziel: Die Stadtverwaltung ergab sich und wenig später war auch der Rathausschlüssel in den Händen der Fasnachter – der Rathaussturm war erfolgreich.

Aus beiden Richtungen waren die Abordnungen der Schwetzinger Carneval-Gesellschaft (SCG) und des Karnevals-Clubs Phoenix vors Rathaus gezogen, begleitet vom Salut der Schwetzinger Böllerschützen und beobachtet von einer großen Menschenmenge. Kurzzeitig dachte mancher, dass die mit Blaulicht und Martinshorn anrückende Feuerwehr und Polizei auch zum karnevalistischen Programm gehörten, doch die waren zu einem richtigen Einsatz unterwegs.

Von Oberbürgermeister Matthias Steffan war zu diesem Zeitpunkt übrigens noch nichts zu sehen, Lisa Schlüter hatte sich alleine mit dem Rathausteam gegen die drohende Übernahme gestemmt. „Ich stand heut Morgen ratlos da, weil ich kän Oberbürgermeister sah. Das Rathaus leer, der Platz so still – kein Mensch, der hier regieren will“, verkündete die Bürgermeisterin. „Vielleicht hat er verschlafen bloß. Der Wecker still, der Traum famos.“ Doch die Verzweiflung hatte bald ein Ende: „Ihr wollt regiern, ihr wollt die Macht. Doch Achtung jetzt, gebt alle Acht: Der Chef agiert – ob früh, ob spät – im Auftrag seiner Majestät.“

11.11 Uhr. Der Rathausschlüssel wird durch den OB Matthias Steffan höchstpersönlich gebracht. Chauffeur Christian Edinger hält die Tür auf. © Andreas Gieser

Ein Bürgermeister als 007 im Jaguar

Und in der Tat: Augenblicke später rollte der OB als James Bond standesgemäß in einem Jaguar E-Type sowie mit Anzug und Fliege an. Beim Outfit steht Steffan aber auch sonst dem Geheimagenten in nichts nach. „Steffan, Matthias Steffan mein Name ist, mein Auftrag ist kommunal, wir ihr ja wisst“, sagte er der applaudierenden Menge und würzte seine Rede mit allerlei Titel an der Bond-Reihe: „Hört mich an, ihr wilde Meute, ich warn‘ euch hier vor aller Leute! Wenn ihr regiert, samt ,Feuerball‘ dann gibt‘s ‚nen riesengroßen Knall.“ Denn eines sei klar: „Letztes Jahr, das weiß ich noch, war in der Haushaltskasse noch kein Loch! Doch ihr habt geplündert — und das ganz famos, die Stadtkasse war leer und hoffnungslos.“

ssz_Rathaussturm 11.11 Uhr. Nach der Schlüsseleroberung wurde noch geklärt, wer über die besten Schießkünste verfügt. Hier landet OB Steffan gerade einen Treffer. © Andreas Gieser

Zuvor hatten SCG-Vorsitzender Klaus-Peter Münch und Phönix-Präsident Andreas Schwenn in ihren Reden mit närrischen Argusaugen aufs Jahr zurückgeblickt. Dass das Rothacker‘sche Haus nicht zum Museum umgebaut wird, sei nicht tragisch. Denn kein Mensch brauche so ein Prestigeobjekt. Das geplante Studentenwohnheim hingegen sei eine gute Sache – wenn es denn gebaut werde. Zum 26. Mal finde übrigens der Rathaussturm statt: Die SCG hat es erfunden, um den Kreis der Feste abzurunden.“

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Schwetzinger Rathaus voller Lachen und Feiern

Für den James Bond aus dem Rathaus hatte Andreas Schwenn – begleitet von einer großen Phoenix-Streitmacht samt Stadtprinzessin Shiva I. – einen guten Rat: „Die Lizenz zum Lachen haben wir. Drum tritt ab und trink ein Bier.“ Dass die Narren jetzt nur bis Aschermittwoch das Kommando haben sollen, fand er schade: Denn Spargelkönigin, Churfürstenpaar und Stadtprinzessin sollten das ganze Jahr regieren.

Im Anschluss nahmen sich alle – Fasnachter, Verwaltungsmitarbeiter und Zuschauer -das versöhnliche Schlusswort von OB Steffan zu Herzen: „Wir feiern, lachen, schütteln Hände — mit Lizenz zum Feiern — bis zum Ende“. Denn im Rathaus-Innenhof war für Würstchen, Berliner und kühle Getränke gesorgt.

Der Eingang wurde regelgerecht belagert beim Rathaussturm. © Andreas Gieser

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