Im Interview (mit Gewinnspiel)

Schwetzingen: Florian Schroeder erklärt, warum Satire in Gefahr ist

Kabarettist Florian Schroeder kommt in die Wollfabrik – und dort findet er den Messias, verspricht er. Für seinen Auftritt verlosen wir 2 x 2 Tickets.

Von 
Stefan Kern
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© Frank Eidel

Die Welt ist oft genug untergegangen, drehen wir sie einmal auf links: Komiker Florian Schroeder drückt den Reset-Knopf und kehrt zurück auf die Bühne mit seinem neuen Programm „Neustart“. An diesem Mittwochabend, 28. September, 20 Uhr, formatieren wir die Festplatte in der Wollfabrik in Schwetzingen neu – jenseits von Weltuntergang und Erlösungsversprechen, jenseits von Hysterie und Gleichgültigkeit, jenseits von Gut und Böse. Reflexion statt Reflexe. Ein Virus hat gezeigt, was das unerreichte Ideal von Millionen selbst ernannter Influencer weltweit war: viral zu gehen, die Menschheit zu infizieren – ganz ohne Anstrengungen. Und jetzt? Der Neustart wird kleiner, aber nicht enger; vorsichtiger, aber nicht ängstlicher; regionaler, aber nicht nationaler. Oder kommt doch alles anders?

Unsere Zeitung sprach mit dem TV-bekannten Kabarettisten Florian Schroeder über sein persönliches Opfergefühl, das Kabarett an sich und natürlich speziell sein neues Programm.

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Herr Schroeder, Sie sind in Lörrach geboren und leben jetzt in Berlin. Was sind für Sie die größten Unterschiede dieser beiden Städte?

Florian Schroeder: Wo soll ich anfangen. In Lörrach ist die Welt zuHause. Es wird mehr Englisch als Deutsch gesprochen, die Clubs, Bars, das Stadtschloss und die Siegessäule. Berlin ist mir im Vergleich mittlerweile zu provinziell.

Und wie lebt es sich als Badener im schwäbischen Prenzlauer Berg?

Schroeder: Ich fühl’ mich ganz klar unterdrückt, als Opfer. Heute ist zwar jeder irgendwie ein Opfer, aber bei mir ist es wirklich schlimm, auch weil ich als Badener in Preußen für einen Schwaben gehalten werde. Eine Identitätskonfusion, die mich als Einzelperson zu einer vulnerablen Gruppe macht.

Die Zeiten sind turbulent. Macht das das Kabarettisten-Leben einfacher oder schwerer?

Schröder: Die Wirklichkeit hat immer recht. Am Ende sind es ja nur die Themen, die variieren. Aber klar ist die Materiallage gerade gut. Man denke nur an Anton Hofreiter (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) Seite an Seite für schwere Waffen an die Ukraine. Und Robert Habeck muss Atomkraftwerke weiterlaufen lassen wollen. Da überholt die Wirklichkeit jede Fantasie.

Im August 2020 wurden Sie zu einer Anti-Corona-Demonstration nach Stuttgart eingeladen. Die Veranstalter haben eine Satire über Verschwörungstheorien von Ihnen als vermeintliche Demaskierung verstanden. Sie nutzten die Gelegenheit für einen Appell pro Schutzmaßnahmen. Wie haben Sie sich da auf der Bühne gefühlt?

Schroeder: Es war schon eine außergewöhnliche Situation. Zu Beginn war ich sehr konzentriert. Ich wusste ja nicht, wie die Menschen reagieren. Es gab durchaus die Möglichkeit, dass das aus dem Ruder läuft. Am Ende hat es ja zum Glück funktioniert. Ob es einen Unterschied machte und ein paar Leute angefangen haben nachzudenken, lässt sich leider nicht sagen.

Glauben Sie, das Kabarett in diesen unübersichtlichen Zeiten wichtiger wurde?

Schroeder: Irgendwie schon. Satire ist mittlerweile von der Seitenlinie mehr in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nicht politisch, sondern kommunikativ. Wir sind Teil des Diskurses und prägen ihn mit. Zugleich hat die Debattenkultur in den vergangenen Jahren gelitten – zu aggressiv, zu schnell empört und nicht selten pseudo-verletzt. Es wird nicht mehr sauber zwischen Empfindlichkeit und Empfindsamkeit unterschieden. Die Folge ist eine deutlich undifferenzierte Debatte inklusive andauerndem Rechthabergeschrei. Ironie hat da fast keine Chance mehr.

Sind die Menschen empfindlicher, verletzlicher geworden und wie sehr schränkt das den kabarettistischen Spielraum ein?

Schroeder: Satire gerät immer mehr in die Kritik. Und das vor allem, weil mit falschen Maßstäben gemessen wird. Die Kunst wird bewertet nach Kriterien, die eigentlich für die Politik gelten. Pointen werden wörtlich genommen, Zusammenhänge ignoriert. Das zerstört die Kunstform. Gleichzeitig gibt es immer häufiger Grenzüberschreitungen in der Politik, die gefeiert werden als „Klartext“ und „Endlich sagt’s mal einer“-Festspiele.

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht vor der Tür. Was haben Sie dazu im Kopf?

Schroeder: Ich gebe zu, dass ich kein Fußballfan bin. Aber ich kenne das WM-Feeling und finde das auch schön. Aber diese Winter-WM ist, von der Geschichte des Zustandekommens, über den Ort und den Zeitpunkt bis hin zu den ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen auf jeder nur vorstellbaren Ebene deplatziert. Ich werde sie so gut es geht ignorieren.

Gibt es Politiker, mit denen Sie Mitleid haben?

Schroeder: Ich habe kein Mitleid mit Politikern. Warum auch? Mitleid ist ist ja mit einem Gefühl der Überlegenheit verbunden, wie wir von Friedrich Nietzsche wissen, ein Selbstgenuss des Mitleidenden. Es wäre schöner, wenn die Menschen mehr mitfühlen würden. Aber auch das ist nicht das Gefühl, das ich dem politischen Personal gegenüber hege.

Worauf dürfen sich die Menschen in der Wollfabrik freuen?

Schroeder: Das Wichtigste, ich komme wirklich, es gibt keine Verschiebung mehr. Trotz der Weltlage wird es ein fröhlicher Abend. Wir begeben uns auf die Suche nach dem Messias und wir finden ihn – versprochen!

Gewinnspiel

Wir verlosen 2 x 2 Karten für den Kabarettabend in der Wollfabrik. Das Formular zum Mitmachen und die Teilnahmebedingungen finden Sie unter www.schwetzinger-zeitung.de/gewinnspiel. Einsendeschluss ist Dienstag, 27. September, 12 Uhr, Stichwort: Florian Schroeder.

Zur Person

Florian Schroeder wurde am 12. September 1979 in Lörrach geboren. Der Kabarettist, Autor sowie Radio- und Fernsehmoderator lebt seit 2006 in Berlin (Prenzlauer Berg).

Am Mittwoch, 28. September, um 20 Uhr gastiert er mit seinem neuen Programm „Neustart“ in der Wollfabrik in Schwetzingen. Einlass ist um 19 Uhr. Karten kosten an der Abendkasse 30 Euro, im Vorverkauf 25. Tickets gibt es im SZ-Kundenforum in der Carl-Theodor-Straße 2 in Schwetzingen. ske

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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