Tiefengeothermie

Schwetzinger Volker Engelfried kämpft mit Schäden seismischer Messungen

Seit über zwei Jahren wehrt sich der Schwetzinger Volker Engelfried gegen Schäden, die durch seismische Messungen für die Tiefengeothermie entstanden sind.

Von 
Andreas Lin
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Volker Engelfried zeigt auf die Mauer seines Grundstücks, in der immer wieder neue Risse auftauchen. © Lin

Schwetzingen. Es war im Januar 2023, als sich das Leben des Schwetzingers Volker Engelfried vollkommen veränderte. Damals waren die Rüttelfahrzeuge der Firma Geohardt in der Stadt unterwegs, um seismische Messungen vorzunehmen – auch vor seinem Grundstück. Danach nach hatte er an seinem Haus im Arionweg vorher nicht bekannte Schäden entdeckt – insgesamt 127 weitere Meldungen dieser Art sind in Schwetzingen eingegangen. Inzwischen ist viel passiert.

Volker Engelfried kämpft seitdem nicht nur für sein eigenes Anliegen, sondern auch für viele andere Menschen. Er ist von Anfang an Sprecher der hiesigen Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie, außerdem Zweiter Vorsitzender im Bundesverband und wird mittlerweile oft zu Veranstaltungen eingeladen.

Was seine eigene Sache betrifft, hat ihn vor allem der Umgang seiner Versicherung bei der Schadensregulierung geärgert. Sie habe zwar seinen Schaden zum damaligen Zeitpunkt reguliert, ihn dann aber darüber informiert, dass der Passus „unbenannte Gefahren“ in seinem Gebäudeversicherungsvertrag herausgenommen werden müsse. Wäre hierfür keine Zustimmung von Engelfried erfolgt, hätte dies bedeutet, dass die Gebäudeversicherung zum 1. November 2024 fristgerecht gekündigt worden wäre und er ab diesem Zeitpunkt keinen Versicherungsschutz mehr gehabt hätte.

„Der Schaden aus Januar 2023, den wir über den Baustein der unbenannten Gefahren reguliert haben, erhöht die Eintrittswahrscheinlichkeit weiterer ähnlich gelagerter Schäden gemäß unserer Einschätzung spürbar“, sagte ein Unternehmenssprecher der SV Versicherungen auf Anfrage unserer Zeitung und erklärte die Vertragsänderung so: „Deshalb können wir den Baustein unbenannte Gefahren in diesem Fall nicht fortführen. Aus Verantwortung gegenüber unserer Versichertengemeinschaft halten wir diesen Schritt für alternativlos.“

Eine andere Versicherung hat er bislang nicht gefunden

Eine andere Versicherung, die ihn zu gleichen Konditionen wie in seinem bisherigen Vertrag nimmt, hat er bislang nicht gefunden. Alle Anfragen wurden abgelehnt. Eine Begründung lautete folgendermaßen: „Man muss auch noch mit Folgeschäden rechnen. Vielleicht wurden durch die Bohrung Abwasser- oder Zuleitungsrohre verschoben oder beschädigt. Man weiß das alles nicht.“ Deshalb sei dem Unternehmen das Risiko auf jeden Fall zu hoch.

Immer wieder tauchen neue Risse auf, dieser sieht sehr neu aus. © Lin

Das Ganze bringt Volker Engelfried auf die Palme: „Obwohl weitere Schäden laut SV-Versicherungen zu erwarten sind, der Verursacher bekannt ist (Firma Geohardt/Red.) und hierfür meines Erachtens zu 100 Prozent zur Verantwortung gezogen werden muss, wird der Geschädigte seinem Schicksal überlassen.“ Nach aktuellem Stand werde ihn keine andere Versicherung nehmen. „Falls irgendwann doch, dann zu Prämien, die nicht bezahlbar sind, und im Schadensfalle ist es völlig unklar, ob diese aufgrund der Vorschäden dann überhaupt bezahlt werden.“

Er macht sich Sorgen um seine Altersversorgung

Das Haus ist quasi seine Existenzgrundlage und seine Altersversorgung. Und darum macht er sich große Sorgen. Engelfried wohnt selbst im ersten Obergeschoss, die Erdgeschosswohnung ist vermietet. Seit dem Tod seiner Mutter hat er mit sehr großem finanziellem Aufwand viel renoviert, teilweise kernsaniert: Heizung, Heizkörper, Bad, Fußböden, Balkon und einiges andere.

Nachdem ihm anfangs die Firma Geohardt zwar die Schäden und die Ursache bestätigt, aber nur für ihn lächerliche 3.000 Euro Regulierung angeboten hatte, entschädigte ihn seine Gebäudeversicherung mit knapp 90.000 Euro. In deren Gutachten sind alle Schäden dokumentiert und bestätigt. Das Geld hat Volker Engelfried sofort in die Sanierungsarbeiten investiert und unter anderem die Doppelgarage, mehrere Kellerräume und das Bad saniert. In die Garage hatte es reingeregnet, Dach, Außenwände und Boden hatten Risse, ebenso wie die Kellerböden.

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Im Bad, gab es ebenfalls Risse in der Decke und an der Wand, Kacheln und Fugen wurden beschädigt. Vorsichtshalber hat er auch die Leitungen austauschen lassen. Im Garten habe sich nach der Rüttelaktion ebenfalls der Garten abgesenkt. „Ich habe 30 Säcke Erde aufgefüllt. Vorher war alles top.“ Er hat alles dokumentiert, die Fotos liegen unserer Zeitung vor. Jetzt fragt er sich: „Wie sieht es mit der Bausubstanz und mit der Sicherheit aus? Was geschieht, sollte das Haus für meine Mieter und mich nicht mehr bewohnbar sein? Wer trägt den Verlust der Immobilie bei einem eventuell späteren Verkauf?“

Volker Engelfried ist sich sehr sicher, dass sich das Grundstück abgesenkt hat und weitere Schäden – wie auch von seiner Gebäudeversicherung prognostiziert – zu erwarten sind. Der Gutachter von Geohardt habe bereits in 2023 eine Bodengrunduntersuchung zugesichert, um eine Absenkung des Anwesens ausschließen zu können. Diese sei bis dato ebenfalls nicht erfolgt. „Das Haus schafft. Ich habe Angst, dass sich etwas bewegt.“ Als Beweis dafür zeigt er zwei Balkone, die sich seiner Meinung nach abgesenkt haben. Bestätigung erhält er von dem Handwerker, der ihm vor knapp fünf Jahren den kleineren der beiden Balkone saniert hat.

Volker Engelfried hat auch Schäden an seinem Balkon ausgemacht. Die Versicherung glaubt ihm aber nicht. © Lin

Damals habe die Neigung zwei Zentimeter betragen, jetzt seien es vier. Ein Gutachter der Versicherung sei zwar da gewesen, habe, ihm aber gesagt, dass er sich das alles nur einbilde. In seiner Analyse heißt es: „Aus statischer Sicht können die Balkonplatten mit der aus der Statik hervorgehenden Verkehrslast uneingeschränkt genutzt werden. Schadenbedingte Veränderungen, welche auf das versicherte Ereignis zurückgehen, konnten nicht festgestellt werden.“

Mittlerweile gibt es auch eine neue Schadensmeldung: Bei seinen Mietern hat sich in einem Raum der Fußboden gehoben. „Das wurde bereits im Januar der SV gemeldet. Allerdings blieb das wie auch bei den weiteren Fragen leider ohne Reaktion“, sagt Volker Engelfried. Insgesamt versteht er einfach nicht, warum sich seine Versicherung das Geld nicht bei Geohardt holt, wo doch alle Gutachten unterstreichen würden, dass die Schäden durch die Rüttelfahrzeuge entstanden sind. „Und es wurde bislang nur gerüttelt, nicht gebohrt“, sagt er im Hinblick auf eine künftige Nutzung der Tiefengeothermie. Grundsätzlich gegen Geothermie ist er dabei gar nicht, ist sogar ein großer Befürworter der oberflächennahen Variante. Von Rüttelfahrzeugen hat er aber genug.

Redaktion Stv. Redaktionsleiter + Lokalsportchef Schwetzinger Zeitung

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