Tafelladen „Appel + Ei“ - Einkaufen, was andere nicht mehr verkaufen können / Dafür braucht sich niemand zu schämen

So geht es dem Tafelladen „Appel + Ei“ in der Corona-Pandemie

Von 
Volker Widdrat
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Schwetzingen. Zuerst heißt es warten und sich in die Schlange einreihen. Wegen Corona dürfen nur wenige Personen gleichzeitig in das Zelt im Hinterhof der Markgrafenstraße 17. Montags bis freitags ab 11 Uhr läuft hier der Obst- und Gemüseverkauf des Tafelladens „Appel + Ei“. Weitere Lebensmittel bekommen Kunden gegenüber im Ladengeschäft in der Markgrafenstraße 12. Auch hier dürfen derzeit nur drei Personen gleichzeitig rein.

Seit der Pandemie kommen neben Alleinerziehenden und älteren Menschen mit niedriger Rente auch Frauen und Männer, die in Kurzarbeit gehen mussten. „ Und viele Familien mit Kindern sind immer öfter auf günstige Lebensmittel angewiesen“, sagt Tafelladenleiter Alexander Schweitzer. Der 42-Jährige ist Nachfolger von Klaus Stürmer, dem Gründer von „Appel + Ei“, der 2021 in Ruhestand gegangen ist.

Bedürftigen kaufen hier günstig

Hilfe ausdrücklich erwünscht

Wer ehrenamtlich mitarbeiten möchte, kann sich direkt an die Tafel „Appel + Ei“ wenden: Alexander Schweitzer, Telefon 06202/93 14 24, E-Mail tafel.schwetzingen@caritas-rhein-neckar.de.

Der Tafelladen ist montags bis freitags von 11 bis 13.30 Uhr geöffnet.

Spendenkonto bei der Sparkasse Heidelberg: Tafel Schwetzingen, IBAN: DE44 6725 0020 0009 0554 28, BIC: SOLADES1HDB. vw

Das Projekt des Caritasverbandes Rhein-Neckar-Kreis und des Diakonischen Werks Rhein-Neckar tritt dem Missstand entgegen, dass jeden Tag in Deutschland Tonnen Lebensmittel vernichtet werden, obwohl sie noch verzehrt werden könnten. Die im Tafelladen angebotene Ware umfasst Obst und Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern, Brot und Backwaren, die sich nach dem Herstellungstag nicht mehr verkaufen lassen, Lebensmittel, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder mit fehlerhaften Verpackungen und leicht beschädigte Konserven.

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Der Tafelladen ist für Kunden aber nicht nur Einkaufsmöglichkeit, so Schweitzer: „Wir bieten auch einen Ort der Begegnung und des Austauschs, wir helfen bei Problemen weiter. Wer nur mal quatschen will, ist auch willkommen.“

Der 42-Jährige hat selbst vor fünf Jahren hier als Ehrenamtlicher begonnen. Ab 2017 war er stellvertretender Vorsitzender. Anlässlich des Internationalen Tags des Ehrenamts am 5. Dezember hatte die Tafel zur Mitarbeit aufgerufen. Wegen der Pandemie hatten Helfer aufhören müssen, weil sie zur Risikogruppe zählten. „Wir suchen dringend vor allem Fahrer, die die Lebensmittel morgens in den Märkten abholen“, sagt Schweitzer. Ein Führerschein der Klasse 3 oder C1 reicht. Körperlich fit sollte man aber schon sein, weil die Kisten in die Autos gewuchtet werden müssen.

Immer werktags um halb acht gehen die Helfer auf Tour, um Ware abzuholen. Über 20 Supermärkte und ein Dutzend Bäckereien werden regelmäßig angefahren. Drei Autos sind in Betrieb, wobei eines der Kühlfahrzeuge arg in die Jahre gekommen ist und bald ersetzt werden muss. Wenn die gespendeten Lebensmittel eintreffen, werden sie sortiert und mit Preisen ausgezeichnet. Dann gehen sie in den Laden. Dort können sie von Menschen mit geringem Einkommen für kleines Geld gekauft werden. Bezahlt werden muss. Das sei auch für das Selbstwertgefühl sehr wichtig, niemand müsse sich als Almosenempfänger sehen, sagt Schweitzer.

„Appel + Ei“ hat derzeit knapp 1200 Kunden, 420 sind Kinder. Der Leiter und seine Mitarbeiterin Alisse Pljevljak, die schon sechs Jahre mit an Bord ist, weisen auf die Kindertraumbaum-Aktion von Antonia und Tibor Wettstein hin, mit der seit vielen Jahren Kinderwünsche erfüllt werden. Der Tannenbaum steht jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit auf dem Schlossplatz. Mitarbeiter des Tafelladens bringen die Geschenke zur Awo, wo sie von den Kindern abgeholt werden: „Wenn wir Kinder glücklich machen können, sind wir auch glücklich.“ Spenden für „Appel + Ei“ kommen von Vereinen und Privatpersonen. Sach- und Geldspender sind oft aus der Region. Lebensmittel werden auch vorbeigebracht. Menschen rufen an und fragen, was gerade benötigt wird. Auch die jährliche Rewe-Spendenaktion sei einfach unentbehrlich. „Das bedeutet Solidarität in Schwetzingen, wir sind mehr als zufrieden“, sagt Schweitzer: „Und wir freuen uns, dass uns so viele Discounter und Bäckereien zur Seite stehen.“ Die Lieferung von Spielsachen sei eher selten. Besonders dringend gebraucht würden Kaffee, Tee, Saft, Milch, Eier, Molkereiprodukte, Mehl, Zucker, Reis, Teigwaren und Hygieneartikel wie Duschgel, Zahncreme und Toilettenpapier.

Lager derzeit gut gefüllt

Derzeit ist das Lager im Keller der Markgrafenstraße 17 gut gefüllt. Teamleiter Sebastian Timm kontrolliert den Wareneingang der qualitativ einwandfreien Lebensmittel und sorgt für die Lieferung an den Tafelladen. Dort gibt es neuerdings sogar einen Bäckereitresen, in dem Richard Bohrmann Brot, Brötchen und süße Teilchen ansprechend herrichtet.

Wer bei „Appel + Ei“ einkaufen möchte, braucht dazu einen Berechtigungsausweis. Für die Kundenkarte werden Einkommensnachweise, zum Beispiel ALG-II-Bescheid oder Lohnnachweis, ein gültiges Ausweisdokument sowie ein Passbild benötigt. Die Kundenkarten werden jeden Dienstag und Donnerstag zwischen 9 und 12 Uhr ausgestellt. Die Mitarbeiter in der Markgrafenstraße 17 helfen weiter. Alle Angaben werden selbstverständlich streng vertraulich behandelt. Niemand muss sich schämen, wenn er Lebensmittel des täglichen Bedarfs zu günstigen Preisen einkaufen kann. Nur ein bisschen Geduld sollte man auf jeden Fall immer mitbringen.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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