Marstallhof

So hat sich das "Urban Gardening“-Projekt in Schwetzingen entwickelt

Das „Urban Gardening“-Projekt der Stadt Schwetzingen gibt es seit einem Jahr – und hat sich zu einer gemeinschaftlichen gärtnerischen Oase entwickelt.

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Andreas Lin
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Kai Schemenauer (l.) und Bernd Kolb sind begeistert, wie sich das öffentliche Gärtnerprojekt im Marstallhof in einem Jahr entwickelt hat. © Lin

Schwetzingen. „Der Platz tut einfach der Seele gut, es ist inspirierend“, sagt Christiane Appel – Katja Schäfer und Sigrid Wonnagat stimmen ihr zu. Sie stehen mitten im Innenhof des historischen Marstalls, wo sie drei der insgesamt 85 Beete des Schwetzinger Urban-Gardening-Projekts gepachtet haben und mit viel Hingabe nutzen und pflegen. Vor ziemlich genau einem Jahr ist dort der Startschuss gefallen für eine öffentliche gärtnerische Oase im Stadtraum.

Der Marstallhof hat sich in den vergangenen Monaten zu einem echten Anziehungspunkt entwickelt – für die Einheimischen, aber auch Touristen, die sich brennend dafür interessieren, was denn dort in den Beeten wächst, wer das pflegt und wem das gehört. „Das war einfach eine tolle Idee“, lobt Sigrid Wonnagat und Katja Schäfer ergänzt: „Ich bin mega dankbar dafür.“ Sie war neu zugezogen und hat durch das Gärtnern schon viele Leute kennengelernt: „Es ist eine tolle Gemeinschaft entstanden, sogar Freundschaften.“

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Schwetzingen: Gärtnerprojekt im Marstallhof ist eine Erfolgsstory

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Man trifft sich, tauscht sich über Pflanzen aus, gibt sich Tipps und übernimmt das Gießen, wenn jemand in Urlaub, krank oder anderweitig verhindert ist, oder plaudert auch einfach nur – und das über Generationen hinweg. Längst gibt es dafür eine Whatsapp-Gruppe, über die sich ausgetauscht wird. Sogar mehrere Treffen zum Picknick gab es schon.

„Die Stimmung ist sehr angenehm und gemeinsam ernten macht auch Spaß“, berichtet Christiane Appel, die übrigens an einem von drei „Gemeinschaftsbeeten“ beteiligt ist: Sie pflegt die Parzelle mit den Mitgliedern der Mediterranen Kochgesellschaft. Auch der im Marstall beheimatete Turnverein hat eine, genauso wie unsere Zeitung.

Und was wächst nicht alles: Tomaten, Bohnen, Radieschen, Salat, Möhren Paprika, Möhren, Mangold, Erbsen, Auberginen, Erdbeeren, Kartoffeln, auch manche etwas exotischere Pflanzen, Kräuter und diverse Blumen – darunter viele bienenfreundliche.

Den blühenden Knoblauch mögen die Insekten besonders gern. © Lin

Kolb gibt gerne Tipps

Das hört man bei der Stadt gerne: Bernd Kolb war damals einer der Impulsgeber, als es um den Abriss der vorher dort stehenden und inzwischen maroden Holzhochbeete ging. Der Chef der Stadtgärtnerei kommt immer wieder in den Hof und wird auch oft angesprochen: „Ich gebe gerne Tipps, wenn ich gefragt werde. Die Leute können mich auch anrufen.“ Zum Beispiel wenn es darum geht, welche Pflanzen gut miteinander harmonieren und was gegen Schädlinge hilft: „Blattläuse mögen den Knoblauch-Geruch nicht.“

Kolb hat bei seinen regelmäßigen Besuchen im Marstallhof festgestellt: „Das ist ein absolutes Miteinander hier.“ Beetnutzer, Anwohner und sogar Geschäftsleute harmonieren prima miteinander. So hat sich Karina Herzig vom „Salon“ bereit erklärt, die von der Stadt zur Verfügung gestellten Liegestühle während ihrer Öffnungszeiten hinzustellen und wieder abzubauen. Sie tragen das Logo des internationalen Netzwerks „Cittàslow“, in dem Schwetzingen seit 2020 Mitglied ist. Ziel ist, mit einer nachhaltigen und behutsamen Stadtentwicklung die Lebens- und Aufenthaltsqualität der Bürger und Gäste zu steigern – passt also bestens zum Projekt im Marstallhof.

Die Kunstwerke, die im Zuge der Ausstellung „Im Wege stehend“ aufgestellt worden sind, machen die Anlage noch attraktiver. Besonders der von Sergej Korev geschaffene „Ahornsamen“ in der Mitte ist ein echter Blickfang, aber auch die „Sternenfrüchte“ von Werner Bitzigeio und der „Cinderella“-Schuh von Dorothea Kirsch passen wunderbar hierher.

Und es ist noch ein wachsender Prozess: So hat die Stadt im Frühjahr einen Teil der ursprünglich angelegten öffentlichen Kräuterbeete aufgrund der Nachfrage in zwölf weitere privat genutzte Parzellen umgewidmet. „Das kommt so gut an, wir haben schon wieder eine Warteliste“, berichtet der stellvertretende Bauamtsleiter Kai Schemenauer. Dass einzelne Beete völlig ungenutzt sind und sogar noch nie gepflanzt wurden, hat er registriert. „Die werden wir jetzt mal anschreiben.“

Neues Bücherregal kommt

Es wird sich noch mehr tun: Das beliebte Bücherregal, das im Durchgang zur Carl-Theodor-Straße steht, aber das laut dem Amt für vermögen und Bau des Landes nicht darf, soll einen neuen Platz bekommen: Laut Schemenauer wird an der Seite der Polizei ein Bücherschrank aufgebaut – komplett verglast, regensicher und praktischerweise direkt an den Sitzbänken. Im Spätsommer soll das umgesetzt werden. Geplant ist zudem die Aufstellung eines Gerätehäuschens für die Gärtner an der südlichen Seite bei den Anwohnerstellplätzen. Dort soll auch ein Behindertenparkplatz eingerichtet werden. Zudem sollen die etwas im Wege stehenden Fahrradständer an der Lore-Eichhorn-Halle, umgesetzt werden – praktischerweise ergänzt durch Ladebügel für E-Fahrräder.

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Zweites Projekt am Heckerplatz

Und ein zweiter Standort für ein „Urban Gardening“-Projekt ist bereits auserkoren: Am Heckerplatz sollen Hochbeete mit Kräuterbeete zur allgemeinen Verfügung sowie einige Parzellen für die private Nutzung entstehen. „Die Umsetzung ist für Herbst geplant“, kündigt Kai Schemenauer an.

Auch die Gärtner selbst haben noch ein paar Anregungen. Zwar werde – nicht so wie im ersten Sommer – viel von der Ernte geklaut. Aber dafür würde immer noch zu viele Hunde frei laufen gelassen – trotz Hinweisschildern. „Das ist schade“, bedauert Sigrid Wonnagat. Eine Vogeltränke wäre auch schön und – ganz wichtig – eine Wanne unter den Wasserhähnen, damit nicht so viel im Boden versickern muss. Aber sonst ist alles in Butter: „Diese Initiative ist einfach großartig“, sind sich nicht nur die drei Gärtnerinnen einig.

Redaktion Stv. Redaktionsleiter + Lokalsportchef Schwetzinger Zeitung

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