Schwetzingen. Auch um die Symbolik geht es beim Besuch von Dr. Patrick Rapp in Schwetzingen. Einerseits natürlich wegen der großen Bilder, die der Christdemokrat bei seiner Sommerreise produziert. Andererseits – und das ist dann für alle Beteiligten von größter Bedeutung – geht es um die europäische Symbolpolitik. Denn die belastet das Schwetzinger Raumfahrttechnikunternehmen „Von Hoerner & Sulger“ zunehmend.
„Kein Bundesland ist in der Luft- und Raumfahrt so gut aufgestellt wie Baden-Württemberg“, weiß der CDU-Landtagsabgeordnete und Staatssekretär Rapp. Er wolle sich über die Branche informieren und mit den Unternehmern ins Gespräch kommen. Das sei aber nicht die einzige Motivation, weswegen der Landespolitiker die Firmen besichtigt: „Wir möchten diese starke Branche im Land stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.“ Und die Geschäftsführer von „Von Hoerner & Sulger“ haben einige Anliegen, die sie gerne im Fokus der Medien sehen würden.
Dass die Europäische Union und damit auch Deutschland ein Problem mit der Überbürokratisierung hat, ist bekannt. Vom Abbau der Richtlinien, Gesetze und Verordnungen, die zahlreiche Bundespolitiker immer wieder ankündigen, ist beim Schwetzinger Unternehmen allerdings noch wenig zu spüren. „Die Dokumentation unserer Arbeit muss immer detaillierter werden. Und auch die Formalien und qualitativen Anforderungen werden immer höher“, weiß Dr. Hartmut Henkel, einer der drei Geschäftsführer der Firma, zu berichten.
Regulierungswahn bringt wenig positive Effekte
Rapp weiß um den Regulierungswahn in der Branche, der zusätzlich nicht einmal sonderlich viel bringe: „Inhaltlich gehen die positiven Effekte gegen Null. Ähnlich ist es bei vielen Regelungen zum CO2-Fußabdruck. Da ist viel nur Symbolpolitik.“ So sei die Berechnung genauer Zahlen meist gar nicht möglich und im Vergleich zum mit den Regelungen gewonnenen Erfolg unverhältnismäßig: „Das dient nicht der Effizienz, sondern der Symbolik.“
Das landespolitische Schwergewicht Rapp hat sich aber auch schon auf Ursachensuche begeben: „Politisch wird auf diesem Feld nicht faktenbasiert entschieden, sondern aus dem Handlungsdruck der Gesellschaft heraus.“ So gebe es viele Bürger und gesellschaftliche Gruppen, die glaubten, dass Regulierungen auf dem Feld entscheidend seien. „Ein Irrtum“, sagt der Staatssekretär: „Dabei richten all diese Regulierungen ausschließlich wirtschaftliche Schäden an. Um diesen Fehleinschätzungen entgegenzutreten, ist es wichtig, dass sich die Unternehmen an die Öffentlichkeit wenden.“ Ute von Hoerner, Geschäftsführerin und Nichte der Gründerin der Firma, bestätigt: „Ich versuche auch, jedem von unseren Problemen hier zu berichten.“ Der Politiker nimmt an diesem Tag kein Blatt vor den Mund: „Diese bürokratische Politik ist wirklich katastrophal.“
Schon fast etwas zynisch erscheint vor diesem Hintergrund, an welchen Projekten die Firma „Von Hoerner & Sulger“ direkt am Schlossplatz aktuell forscht und arbeitet: „Im Kern geht es um die Elektronik von Satelliten. Ein großer Teil davon, um die Erde und die Atmosphäre zu beobachten. So können wir beispielsweise feststellen, wie viel Methangas in die Atmosphäre drängt. Wir sind also in einem Bereich tätig, dem höchste Bedeutung für den Klimaschutz zukommt“, weiß Henkel. Zwar seien sie nur ein kleines Zahnrad in der großen Maschinerie der für den Klimaschutz unerlässlichen Forschung, deswegen allerdings nicht weniger relevant: „Wenn auch nur das kleinste Zahnrad ausfällt, kommt die ganze Maschine zum Erliegen.“
Gefahr durch EU-Regulierungen für PFAS
Neben der nach wie vor fehlenden Halbleiterproduktion im europäischen Raum – wodurch nach Aussagen der Unternehmer eine nicht unbedeutende Abhängigkeit zum asiatischen Ausland bestehe – bedrohe vor allem eine Neuerung die wichtige Arbeit der Schwetzinger. Und wie soll es anders sein: Es handelt sich um Regulierungen direkt aus dem EU-Parlament. Die Stoffgruppe der PFAS soll nach Wunsch einzelner Regierungen – unter anderem Deutschland und Niederlande – weitestgehend beschränkt werden. „Zum Hintergrund“, beginnt Politiker Rapp zu erklären: „Das sind chemische Verbindungen, die man auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet. Also im Endeffekt schwimmen die PFAS in unseren Meeren.“
Das Problem an der geplanten Regulierung sei dann allerdings: „Es gibt 10 000 dieser Stoffgruppen und nur eine verschwindend geringe Zahl ist problematisch für die Umwelt.“ Da die meisten der Stoffe aber für Hochtechnologien gebraucht werden, seien diese auch langfristig an die Wirtschaft gebunden, so Rapp: „Nehmen wir eine Maschine aus der Medizintechnik, in der die Stoffe verbaut sind. Nach Ablauf von deren Laufzeit wird sie auseinandergenommen und die Einzelteile weiterverwendet. So funktioniert die Kreislaufwirtschaft.“
Rapp ist überzeugt, man könne bezüglich der kritischen Stoffe zwei Wege wählen: „In den USA hat man geschaut, welche PFAS wohin gehen und die wenigen schädlichen verboten oder nur mit Sondergenehmigung erlaubt. Die EU und ganz vorne mit dabei das Deutsche Umweltamt möchten natürlich erstmal großflächig verbieten und dann Sondergenehmigungen verteilen“, sagt Rapp. Dass ein solch wichtiges Unternehmen, wie das am Schwetzinger Schlossplatz eine Sondergenehmigung bekomme, stehe außer Frage: „Das alles dauert dann aber so lange, dass jede Wettbewerbsfähigkeit verloren geht“, glaubt der Politiker.
Verlust von Arbeitsplätzen durch Symbolpolitik
„Symbolik ist ja schön und gut“, findet der Staatssekretär. Er gehe aber davon aus, dass Deutschland in den nächsten vier Jahren 67 000 Arbeitsplätze verliere: „Das hat einerseits mit dem Wandel zu tun, in dem wir uns einfach befinden. Ein weiterer Grund sind aber genau die Probleme, von denen auch Sie hier in Schwetzingen berichten“, sagt er zu Ute von Hoerner.
Geschäftsführer Dr. Josef Dalcolmo erzählt bei einer Tour durch die Räumlichkeiten am Schlossplatz ein wenig über die Geschichte des 50-Jahre alten Unternehmens, die Ingenieure und sonstigen Mitarbeiter erklären dem interessierten Besucher die fachliche Arbeit. Durch intelligente und spannende Fragen beweist der Politiker immer wieder sein Fachwissen. Nach einer Stunde ist das Treffen zu Ende und Rapp setzt seine Sommertour anderswo fort.
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