Schwetzingen. „Ein Lächeln ist wie ein Sonnenstrahl, er wärmt und bringt Glück.“ Passend zu dem Spruch von Monika Minder, den die Vorsitzende Sabine Rebmann der Ehrungsmatinee des Sängerbundes Schwetzingen voranstellte, strahlte die pralle Wintersonne an diesem Sonntagvormittag durch die Fensterscheiben im Palais Hirsch am Schlossplatz. Es schien fast so, als würde die Welt mit den Sängerbündlern lachen und sie mit Glück berieseln. Zu Recht: Denn in diesem Jahr kann der älteste Verein Schwetzingens auf 170 Jahre seines Bestehens zurückblicken.
Umso größer war die Freude bei Sabine Rebmann, in die Gesichter vieler aktiver und fördernder Mitglieder quer durch alle Generationen im Palais Hirsch blicken zu können, darunter einige, die eine längere Anreise in Kauf nahmen.
„Bereits zum dritten Mal nehmen wir die Ehrungen bei einer Matinee in diesem wunderschönen Saal vor. 2022, in einer Zeit, als man wegen der Pandemie nur eingeschränkt und dann mit Abstand zusammenkommen durfte, hat der Sängerbund aus der Not eine Tugend gemacht und diese Form der Veranstaltung gewählt“, erinnerte Rebmann, dass dieser Ort den passenden würdigen Rahmen bietet, der allen Beteiligten gefalle. Im Mittelpunkt stand natürlich die Würdigung von 20 langjährigen Mitgliedern, darunter sogar für 75 Jahre Treue zum Sängerbund.
Sängerbund Schwetzingen ist wie eine große Familie
Der Sängerbund-Chor „d’accord“ unter der Leitung von Elena Spitzner stimmte mit „Überall erklingt Musik“ auf die launigen Worte ein, die Sabine Rebmann für jeden Einzelnen der zu Ehrenden bereithielt. Und da darf ruhig auch mal die Vorsitzende gewürdigt werden, die sich eine immense Arbeit macht, da sie an politische, gesellschaftliche und musikalische Höhepunkte genauso erinnerte, wie an lokale Besonderheiten und Vereinsinterna, die im jeweiligen Eintrittsjahr in den Sängerbund die Menschen beschäftigten. Ihr Wunsch, dass die ein oder andere Anekdote auch zu Lächeln im Publikum führen würde, erfüllte sich dabei selbstredend, da sie kurzweilig, amüsant und immer wieder die Gäste einbindend moderierte.
Die Geehrten vom Sängerbund Schwetzingen
- 75 Jahre: Heinz Bürger (Goldene Ehrennadel mit Diamant).
- 40 Jahre: Elke Teichmann (Goldene Ehrennadel).
- 25 Jahre: Stephanie Ueltzhöffer (Silberne Ehrennadel).
- 75 Jahre: Alfred Philipp (Goldene Ehrennadel mit Diamant).
- 65 Jahre: Doris Größle, Jürgen Kolb.
- 60 Jahre: Marianne Grönert , Irmtraud Steinel (Ehrenmitgliedschaft).
- 50 Jahre: Waltraud Imhof (Goldene Nadel).
- 40 Jahre: Birgit Beisel, Sabine Imhof, Stefan Rebmann, Patrick Schreiber (Goldene Nadel).
- 25 Jahre: Elfriede Fackel-Kretz-Keller, Georg Keller, Patrizia Keller, Katrin Keller, Karin Mendes, Barbara Schmitt, Ulrike Ueltzhöffer (Silberne Nadel).
Los ging’s mit dem Vereinseintritt im Jahr 1998 – also jene, die seit 25 Jahren dabei sind. Sabine Rebmann erinnerte unter anderem an Gerhard Schröder, der als Sozialdemokrat CDU-Mann Helmut Kohl im Kanzleramt ablöste und Deutschland so die erste rot-grüne Koalition in der Bundesrepublik bekam. Da war die Rechtschreibreform (Rebmann: „Seitdem schreiben wir den ,Stängel’ mit ,ä‘ und ,Balletttänzer‘ mit drei ,t‘.“), beim Eurovision Song Contest schickte die Bundesrepublik Guildo Horn mit „Guildo hat euch lieb“ nach Birmingham (Platz sieben), musikalisch wurde zu „Bailando“ (Loona) getanzt, mit „My heart will go on“ (Céline Dion) der „Titanic“ beim Sinken auf der Kinoleinwand zugeschaut und Falco landete mit „Out of the dark“ seinen letzten Hit, denn noch im gleichen Jahr verunglückte der österreichische Sänger tödlich. Internet-Cafés eröffneten allerorten, die Stadt Schwetzingen richtete ihre Webpräsenz ein, Oberbürgermeister Gerhard Stratthaus wurde zum Finanzminister des Landes Baden-Württemberg berufen und am Schlossplatz eröffnete das „Brauhaus zum Ritter“. „Beim Maskenball in der Nordstadthalle waren nur enttäuschende 550 Narren! Ja, so verwöhnt war man damals. Tags darauf beim Kindermaskenball kamen über 1000 Gäste. Kritikpunkt im Zeitungsbericht und auch in einem Leserbrief war, dass so viel geraucht wurde, das war damals noch erlaubt“, verlieh Rebmann den Erinnerungen Lokalkolorit. „In den Sängerbund traten ein: Stephanie Ueltzhöffer, geworben durch ihren Onkel Bruno Bartel, in den Kinderchor Patrizia Keller, geworben durch ihre Schwester Katharina, und Katrin Keller, geworben durch ihren Cousin Martin Utz. Patrizia brachte auch ihre Eltern Elfriede Fackel-Kretz-Keller und Georg Keller mit. Durch einen Zeitungsartikel wurde Karin Mendes auf den Sängerbund aufmerksam. Ulrike Ueltzhöffer wurde vom Onkel väterlicherseits Edgar Ehrhardt als förderndes Mitglied geworben. Ich habe dieses Mal die Werber mit erwähnt, um die familiäre Verbundenheit zum Sängerbund aufzuzeigen“, so die Vorsitzende weiter, die die Auszeichnungen verlieh und mit dem legendären Satz des italienischen Fußballtrainers Giovanni Trapattoni von 1998 „Ich habe fertig!“ diesen Reigen beendete. Passend auch der Musikbeitrag von Kristin Kinzer und Sebastian Jaeger: Sie erwärmten mit Céline Dions „My heart will go on“ die Herzen.
Als Oskar zu Wanderungen trieb
Im Eintrittsjahr 1983 – also 40 Jahre Mitgliedschaft – war Helmut Kohl Kanzler, Ulf Merbold der erste Bundesbürger im All sowie Oskar Hardung der Vorsitzende des Sängerbundes und Horst Keber sein Stellvertreter. Alle Chorgruppen damals standen unter der Leitung von Walter Imhof. So manch Schmunzler huschte über die Gesichter, als Sabine Rebmann unter anderem an die Herrenbierprobe des Brudervereins Liederkranz erinnerte, bei der die Sängerbündler den Hauptpreis mitnahmen: eine Hirschkuh. Der gemischte Chor nahm an einem Prädikatssingen teil und wurde mit „sehr gut“ bewertet für „Ehre und Preis sei Gott in der Höhe“ von Johann Sebastian Bach sowie dem Volkslied „Lorencita“. Die Compact Disc (CD) eroberte die Welt („Die kosteten damals 30 bis 40 DM.“), „Moonlight Shadow“ von Mike Oldfield, „Thriller“ von Michael Jackson und Nenas „99 Luftballons“ gehörten zu den Hits. Und davon schmetterte auch Elke Teichmann einige in ihrer 40-jährigen Sängerbund-Geschichte. Sie wurde neben den fördernden Mitgliedern Birgit Beisel, Sabine Imhof, Stefan Rebmann und Patrick Schreiber ausgezeichnet.
Bevor der Chor „d’accord“ Udo Jürgens’ „Ich war noch niemals in New York“ erklingen ließ, erzählte der aus Mainz angereiste Patrick Schreiber unter amüsierten Schmunzeln aus den Reihen ein paar Geschichtchen, dass nämlich Chorleiter Walter Imhof immer zur Ruhe in den Proben ermahnen musste (also neben dem Singen) und Oskar Hardung die Vereinsmeute zu Wanderungen trieb.
Sängerbund Schwetzingen ist immer wieder bei Projekten dabei
1973 vermeldete Karl Imhof als Vorsitzender stolze 563 Mitglieder im Sängerbund, „eine große Familiengemeinschaft, die beim Kind beginnt und sich über alle Altersstufen hinweg spannt“. Das ist bis heute so geblieben. Walter Imhof gründete den Jugendchor, Karl-Peter Heinrich – der Initiator der Weihnachtskonzerte bei Kerzenschein, die es seit 55 Jahren gibt – übergab die Chorleitung an Gerhard Bauer. Der Rhein-Neckar-Kreis wurde gegründet. Im März 1973 erfolgte der Spatenstich mit Bürgermeister Kurt Waibel für den Bau der Nordstadtschule. Auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin wurden die VHS-Videokassetten vorgestellt („Kosten für eine Leerkassette: 60 DM.“) Nach dem ersten Handyanruf am 3. April 1973 dauerte es zehn Jahre, bis das erste Mobiltelefon auf den Markt kam (in den USA das Motorola DynaTAC 8000X für 3995 Dollar). Plateau-Sohlen gehörten zu den modischen Hinguckern und die Gruppe Sweat landete mit „Wig Wam Bam“ einen Erfolg. In dem Jahr trat Waltraud Imhof in den Sängerbund ein. Sie war einige Jahre aktiv beim Chor, aber auch in der Betreuung bei den Kinderchorfreizeiten dabei und stieg immer wieder projektmäßig mit ein, würdigte Sabine Rebmann.
Zwei neue Ehrenmitglieder beim Sängerbund Schwetzingen
„Ick bin ein Berliner!“ verkündete US-Präsident John F. Kennedy 1963 in Berlin, bevor er fünf Monate später in Dallas erschossen wurde. Es gibt in den USA Märsche gegen Rassendiskriminierung. Ein Liter Normalbenzin kostete in Deutschland 57,4 Pfennig, ein Maß Bier auf dem Münchner Oktoberfest 2,20 DM und erstmals wurde Joghurt in Plastikbechern angeboten. Die Rolling Stones und die Beatles dominierten die Charts und der britische Sänger Cliff Richard gab auf Deutsch vor: „Rote Lippen soll man küssen“ – der Hit des Jahres. In Schwetzingen weihte Bürgermeister Kurt Waibel das Hebelgymnasium in der Goethestraße ein, an den Kleinen Planken und in der Friedrichstraße wurden Parkuhren aufgestellt. Beim Sängerbund wurde auf den Mitgliedskarten von Marianne Grönert, geborene Bojanowski, und Irmtraud Steinel, geborene Helbling vermerkt: 1. Mai 1963 Übertritt vom Kinderchor in den Erwachsenenchor. „Und das ist für unsere Vereinsehrung das offizielle Datum, wofür wir nun die beiden nach 60 Jahren Vereinszugehörigkeit zu Ehrenmitgliedern ernennen dürfen“, verkündete Sabine Rebmann sichtlich stolz und unter Applaus.
Den bekam anschließend auch Moritz Kies für die Darbietung des Titels „Granada“.
Von Kindesbeinen an dabei
„Seit 1958 wurden Doris Größle und Jürgen Kolb offiziell im Sängerbund geführt. Sie traten vom Kinderchor, der 1955 gegründet worden war, als 15- beziehungsweise 17-Jährige in den Erwachsenenchor über. Doris Größle, geborene Kreuzwieser, war durch ihre Eltern Willi und Maria Kreuzwieser dem Sängerbund schon verbunden. Vor fünf Jahren wurden beide zu Ehrenmitgliedern ernannt und heute danken wir für 65 Jahre Vereinszugehörigkeit“, würdigte Sabine Rebmann. Zuvor hatte sie unter anderem an das dritte große Sommernachtsfest aller drei Schwetzinger Gesangsvereine in der Wildnis im Schlossgarten mit über 2000 Gästen erinnert, an die Einweihung der Kirche St. Maria und an die ARD, die damals alleinig und schwarz-weiß sendete. Caterina Valente sang „Spiel noch einmal für mich Habanero“ und Peter Kraus kreiste die Hüften zu „Hula Baby“. Die Maß auf dem Oktoberfest kostete 1,70 DM und der Liter Benzin 62,5 Pfennige.
Mit 90 noch aktiver Sänger beim Schwetzinger Sängerbund
Unbezahlbar ist ehrenamtliches Engagement, so wie im Sängerbund Schwetzingen. Und in einem solchen Verein sogar 75 Jahre Mitglied zu sein, ist noch einmal etwas ganz Besonders. Im Jahr 1948, als die Zuspitzung der alliierten Gegensätze in der deutschen Frage im Mittelpunkt des Weltinteresses stand und im Nahen Osten ein arabisch-israelischer Krieg ausbrach, die ersten Schallplatten aus Polyvinylchlorid auf den Markt kamen und die Fernbedienung erfunden wurde, traten zwei junge Männer (15 und 17 Jahre alt) dem Sängerbund bei: Heinz Bürger und Alfred Philipp. „Heinz ist mit seinen 90 Jahren noch aktiver Sänger im Bass und kommt regelmäßig zu den Chorproben“, hob Sabine Rebmann hervor. Ehrennadeln in Silber und Gold sowie die Ehrenmitgliedschaft – das alles habe er schon. Nun erhielt er die goldene Ehrennadel mit Diamanten. Zudem bekam Heinz Bürger das Jahrbuch 2023 überreicht, das Jutta Greulich zusammengestellt hatte. Alfred Philipp war bis vor ein paar Jahren noch aktiv dabei. Handwerklich habe er sehr viel gemacht für den Sängerbund, würdigte die Vorsitzende den weiteren Jubilar, der in Abwesenheit Grüße ausrichten ließ.
„Als Heinz und Alfred 1948 zum Sängerbund kamen, wurde schon der Sängerspruch gesungen und mit diesem wollen wir die heutige Feierstunde beschließen: Zum Lied bereit zu jeder Stund, es blühe fort der Sängerbund!“, endete die unterhaltsame Ehrungsmatinee bei viel Sonnenschein und noch mehr glücklichen Gesichtern.
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