Schwetzingen. Drei unvergessliche Erlebnisse hatten die Festspielbesucher am Sonntagabend: Cellist Christian Poltéra hatte sein wunderbarstes Instrument dabei: ein Violoncello des legendären Instrumentenbauers Antonio Stradivari. Die Geschichte des Cellos, das den klangvollen Namen „La Mara“ trägt, hat Wolf Wondratschek aus der Ich-Perspektive des Cellos vorgetragen. Und natürlich gab es Kostproben.
Die Reise des Cellos begann 1711 in der Werkstatt des schon damals berühmten Stradivari. Beinahe über sein Schicksal klagend, verrät das Cello: „Das bin ich – ein Violoncello. Seit dem Tag meiner Geburt berühmt – das weltberühmte Mara.“ Stradivaris Ruhm relativiert das Instrument: „Mein Vater war ein Handwerker, der fähigste der Stadt, aber kein Hexenmeister.“ Viele Schwestern und Brüder habe es gehabt, deren Schicksal durch ihren hohen Wert bestimmt war. Mara fand zunächst kein besonders warmes Zuhause bei einem Cellisten, der Mara hieß. Dieser behandelte es gleichermaßen schlecht wie seine Frau. Während die Sängerin kaum die blauen Flecken überschminken konnte, trug das Cello eine Schramme davon, die bis heute sichtbar ist.
Die Frau verließ den jähzornigen Virtuosen, das Cello musste zum Glück verkauft werden. Bis das Cello in die Hände von Poltéra kam, war es ein langer und abenteuerlicher Weg. Bei der Sarabande aus der Suite für Violoncello solo Nr. 1 G-Dur von Johann Sebastian Bach bewies Poltéra, dass er ein würdiger Spieler für das 10 Millionen Euro teure Instrument ist. Die Summe hat er nicht selbst bezahlt, erklärt er uns später (wir berichteten).
Wie das Cello 1969 ein Schiffsun-glück überlebt hat, schilderte Wondratschek in eindrücklichen Farben. Während die Menschen um das Cello herum ertranken, wurde es an Land gespült. Jeder Stein wurde umgedreht, um kein Stück vom wertvollen Instrument zu missen, bevor es zur Restauration gebracht wurde.
Die starken Kontraste der Erzählung spiegelten sich in den scharfen Dissonanzen wider, die Poltéra in der „Sacher Variation“ von Witold Lutoslawski präsentierte. Doch auch die erschienen bei dem wundervollen Celloklang nicht mehr so schneidend. Auch Benjamin Britten ließ aufhorchen – mit der Suite für Violoncello solo Nr. 3. Die Programmwahl war von Poltéra wohlüberlegt: „Die Solo-Literatur ist nicht endlos groß für Cello. Da muss Bach vorkommen und etwas Zeitgenössisches, um zu zeigen, dass dieses Cello nicht nur für die Musik passt, die so alt ist wie es selbst.“
Ein begeisterten Applaus bewegte beide Künstler zur Zugabe, Poltéra mit der Gigue von Bach und Wondratschek mit einer Anekdote über „Katzen, die an Celli kratzen“.
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