Schwetzingen. Die Schwetzinger Stammbesucher des Schlossgartens werden langsam sauer. Denn schon seit Juni letzten Jahres sind große Teile des englischen Landschaftsgartens gesperrt. Sie schimpfen darüber, dass dort nichts zu sehen sei von Arbeiten oder Maßnahmen, die zur Aufhebung der Sperrungen führen könnten. Schon macht das Gerücht die Runde, die Schlossverwaltung wolle aus Kostengründen diesen Teil des Gartens gar nicht mehr öffnen. Die Redaktion dieser Zeitung hat jetzt nochmals konkret nachgefragt, wie es da denn nun weitergeht und wann die Teile, die sich für lange Spaziergänge im Frühling und Sommer geradezu anbieten, wieder zugänglich gemacht werden. Jetzt haben wir eine Stellungnahme erhalten, die nur teilweise hoffnungsfroh stimmt.
Englische Landschaftsgarten: " Die Sperrung stellt die längste ihrer Art dar"
Die Staatlichen Schlösser und Gärten, in deren Verwaltung der Schwetzinger Schlossgarten steht, schreiben unserer Zeitung auf Anfrage: „Der Klimawandel und seine Auswirkungen sind im Schlossgarten Schwetzingen seit Jahren spürbar. In diesem Zusammenhang ist der Englische Landschaftsgarten, der malerische Teil im Nordwesten des Gartens, seit Juni 2024 aus Sicherheitsgründen gesperrt. Die Sperrung stellt die längste ihrer Art dar, die je im Schlossgarten notwendig wurde. Grund hierfür sind die rapide zunehmenden Schäden an der Baumsubstanz, die die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher gefährden“, heißt es da.
„Der Klimawandel zeigt sich bei uns nicht nur als abstraktes Phänomen, sondern direkt in den Monumenten, die wir erhalten und schützen“, erklärt Patricia Alberth, die Geschäftsführerin der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg: „Die Sperrungen in Schwetzingen waren eine schwierige, aber notwendige Entscheidung, um die Sicherheit unserer Besucher zu gewährleisten. Gleichzeitig verdeutlichen sie, wie dringend wir auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren müssen.“ Die Bäume im Schlossgarten und insbesondere im englischen Landschaftsgarten seien zunehmend von neuartigen Pilz- und Komplexerkrankungen betroffen. Hinzu kämen die schwierigen Wachstumsbedingungen auf den sandigen Schwetzinger Böden, die den Bäumen das Überleben zusätzlich erschwerten, heißt es weiter. „Wir stehen vor einem Systemwechsel“, betont Hanna Nimmenich, Arboristin bei den Staatlichen Schlössern und Gärten: „Sowohl das Klima als auch der Zustand des Baumbestands ändern sich rasant. Um dieser Dynamik effektiver zu begegnen, führten wir im Sommer 2024 ein neues Online-Baummanagement ein. Es ermöglicht eine parallele Bearbeitung mehrerer Arbeitsschritte und verbessert die Effizienz der Maßnahmenplanung. Dennoch bleibt die Situation herausfordernd: Die Arbeiten konzentrieren sich zunächst auf die noch zugänglichen Parkteile, um weitere Sperrungen zu vermeiden“, sagt die Expertin.
Und weiter heißt es in der Stellungnahme: „Zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erfolge im Schwetzinger Schlossgarten jährlich eine umfassende Baumkontrolle. Dabei wird die Verkehrssicherheit jedes Baumes überprüft und passende Maßnahmen zur Gefahrenbeseitigung werden festgelegt. In Fällen, in denen Unsicherheit über die Standsicherheit besteht, folgen weitergehende Untersuchungen durch Baumgutachter. So konnte im November 2024 entschieden werden, den südlichen Bereich des englischen Landschaftsgartens mit dem Merkurtempel wieder für den Besucherverkehr freizugeben und zu öffnen.“
Arten- und Landschaftsschutz
Die Maßnahmen berücksichtigen laut Schlossverwaltung streng die Auflagen des Natur- und Artenschutzes. Als Landschaftsschutz- und FFH-Gebiet biete der Schlossgarten Schwetzingen Lebensraum für zahlreiche geschützte Arten, darunter gefährdete Käferarten wie der Heldbock oder der Körnerbock und verschiedene Fledermausarten. Jede Baumfällung erfordere daher eine sorgfältige Prüfung: Es werde genau abgewogen, ob ein Baum als Lebensraum diene oder künftig dafür geeignet wäre, und ob Alternativen wie das Belassen von Torsos möglich seien. Diese sorgfältigen Abwägungen und Maßnahmen seien zeitintensiv und setzten eng abgestimmte Genehmigungsverfahren voraus.
Dann nennen die Staatlichen Schlösser und Gärten noch einige Zahlen: Der Baumbestand im Schlossgarten umfasst rund 6000 Bäume. Die jüngste Kontrolle durch neun externe Baumkontrolleure ergab etwa 2800 Maßnahmen, von denen rund 1650 sicherheitsrelevant sind. Insgesamt wurden 260 Fällungen empfohlen. Diese können aufgrund der strengen Auflagen und der begrenzten Zeit in den Wintermonaten jedoch voraussichtlich nicht alle bis Ende Februar durchgeführt werden, heißt es in der Mitteilung.
Überprüfung geht weiter
Bereits in den Sommermonaten seien mit zwei Gutachterbüros und drei Baumpflegefirmen mit Hochdruck Boskettbereiche und Veranstaltungsflächen gesichert worden. Derzeit verbleiben etwa 350 Torso-Bäume im Garten, deren Standsicherheit zunehmend fraglich sei und weiter überprüft werden müsse.
Erst mal kann also nicht davor ausgegangen werden, dass in den nächsten Tagen und Wochen die restlichen gesperrten Bereiche wieder geöffnet werden können. Über ein Zeitfenster gibt es in der Mitteilung keine Angaben.
Ein Garten von Weltrang bleibt unter Druck: Die einzigartige Gartenanlage Schwetzingen sei nicht nur ein Ort von herausragender Schönheit, sondern auch ein bedeutendes historisches Denkmal von europäischem Rang. Die Balance zwischen der Sicherheit, dem Arten- und dem Denkmalschutz bleibe ein komplexer und zeitaufwendiger Prozess, der den Einsatz vieler Fachkräfte und sorgfältige Abwägungen erfordere, heißt es mit der Bitte um Verständnis der Bürger.
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