Schwetzingen. Ergriffene Stille, dann sehr langer Applaus und Bravo-Rufe: Die schauspielerische Leistung, die Rouven Honnef bei der „Woyzeck“-Inszenierung als Ein-Personen-Stück zeigte, begeisterte das Publikum im ausverkauften Theater am Puls. Der 31-jährige Darsteller spielt mit starker Mimik, Gestik und Sprachkunst einen Woyzeck, der sich durch Altkleiderberge wühlt und unter Armut, Demütigungen sowie Leistungsdruck leidet.
„Ich bin doch nur ein armer Mensch“, ruft er aus. Er krabbelt viel am Boden, lebt wie ein Zoo- oder Zwingertier hinter Zäunen und darf nur nach bestimmten Zeitvorgaben essen – oder muss man „fressen“ sagen, denn er stopft die Nahrung nur in sich hinein. Es sind Erbsen, Erbsen und wieder Erbsen. Er hat sich nämlich als Versuchskaninchen für ein medizinisches Experiment zur Verfügung gestellt, weil er die minimale Entlohnung dringend braucht.
Ein-Personen-Inszenierung von „Woyzeck“ begeistert in Schwetzingen
Dass es ihm mit der Erbsendiät immer schlechter geht, freut den mitleidlosen Arzt, weil er genau dies beweisen will. Gequält wird er auch von seinem Arbeitgeber, dem Hauptmann, dem Tambourmajor, mit dem ihn seine Freundin betrügt, und schließlich auch von Wahnvorstellungen, die ihn als Stimmen aus dem Boden verfolgen. Diese Gegenspieler sowie seine Geliebte Marie, mit der er auch ein Kind hat, treten als Stabpuppen auf, denen Honnef eine individuelle Stimme gibt. Das absichtlich abstoßend schmuddelige Bühnenbild und die genial ausdrucksstarken Puppen stammen von dem Karlsruher Künstler Markus Stiefel-Dürr.
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Thorsten Kreilos hat diese Inszenierung als Klassenzimmerstück konzipiert. Seit der Premiere vor knapp 1,5 Jahren wurde es schon über 300-mal vor allem in Schulen gespielt, davon 140-mal in der Besetzung mit Honnef. Er teilt sich wochenweise die Rolle mit Julian Koenig. Der bewegende Theaterabend nun in Schwetzingen zeigt, wie modern das Fragment gebliebene Drama von Georg Büchner interpretiert werden kann. Das war ein weiteres Highlight in der diesjährigen Theatersaison.
Und es folgen noch einige: So feiert am 6. April „Panikherz“ Premiere, ein musikalischer Seelenstrip von Stuckrad-Barre mit Musik von Udo Lindenberg. Till Weinheimer, bekannt aus seiner langen Zeit am Nationaltheater Mannheim und Gast des Berliner Ensembles, spielt, liest, schwitzt und lebt von Stuckrad-Barre. Unterstützt wird er von Stefan Ebert, bereits bestens bekannt aus diversen Produktionen. bs/kaba
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