Ab auf die Dachterrasse - Wie Hobbygärtner Julian Friedrich auf kleinstem Raum eine ganzjährige Snackbar für Insekten schafft und zudem eine Oase für Menschen

Tipps für ein grünes Paradies auf 25 Quadratmetern

Von 
Katja Bauroth
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Gärtnern macht Menschen glücklich. Davon sind Wissenschaftler überzeugt. Der Umgang mit Mutter Erde an der frischen Luft hat etwas Beruhigendes, Entspannendes. Und wenn dann die Saat aufgeht, erfreut es das Herz. Eine grüne Oase zeugt auf mehrfache Weise von Lebensqualität. Gerade während der Pandemie und der Lockdowns wurde das deutlich: Wohl dem, der einen Garten oder Balkon hatte, um sich dort unter freiem Himmel zurückziehen zu können.

Und genau diese grünen Oasen erlebten in den zurückliegenden beiden Jahren einen echten Boom: nicht nur als Rückzugsort, sondern auch gestalterisch. Klar: Wo man sich viel aufhält, soll es einem ja gefallen.

Effizienter Dschungel

Das ist bei Julian Friedrich und seiner Freundin Anna-Sophie nicht anders. Das junge Paar hat sich mit einem Umzug einen Traum erfüllt: Die neue Wohnung verfügt über eine Dachterrasse. Und die hat Hobbygärtner Julian Friedrich in eine grüne Oase verwandelt, die in den Sommermonaten hier und da eher einem kleinen Dschungel ähnelt, einem sehr effizienten wohlgemerkt. Auf gerade einmal 25 Quadratmetern wachsen über 80 verschiedene Pflanzen – Kräuter, Gemüse und Obst inklusive.

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Wichtig ist Julian Friedrich dabei vor allem eines: die Insekten. Denn ohne Insekten gäbe es letztlich auch kein Pflanzenwachstum. Der 28-jährige Mediaverkäufer und Kollege in der Schwetzinger Zeitung hat sozusagen einen Insektentraum auf 25 Quadratmetern geschaffen. „Wichtig war uns, dass die Terrasse nicht nur ein Rückzugsort für uns wird, sondern auch Tiere dort einen Lebensraum finden. Wir fokussierten uns dabei vor allem auf Bienen und Schmetterlinge, da diese besonders gefährdet sind.“ Eine Nisthilfe, eine wilde Ecke und reichlich Blüten gefüllt mit Pollen und Nektar standen dabei ganz oben auf der Liste. Als Mitglieder im Naturschutzbund (Nabu) war die Nisthilfe schnell ausgewählt, denn der Nabu bietet einige Anleitungen zum Nachbauen an (siehe Kolumne).

„Auch wenn’s ein bisschen wild auf unserer Terrasse aussieht: Dafür ist’s schön grün im Sommer“, meint Julian Friedrich, der übrigens als Erstes beim Einzug die Kästen mit den rot blühenden Geranien (Friedrich: „Geranien gehen gar nicht.“) der Vormieter durch Frühblüher ersetzt hat. „Damit sich die Schmetterlinge rundum wohlfühlen und alle Entwicklungsstadien bei uns durchlaufen können, haben wir neben einem großen Angebot an Blühpflanzen auch Raupenfutterpflanzen, wie Brennnesseln, ausgesät.“ Ja: Brennnesseln! Das, was andere in ihrem Garten nicht haben wollen. Dabei ist genau dieses Grün wichtig, macht Julian Friedrich deutlich. Übrigens: Brennnesseln mit Wasser übergossen in einem Kanister aufbewahrt geben einen hervorragenden Sud gegen Blattläuse. Aber das nur nebenbei bemerkt.

Naschkammer mit Raffinesse

„Besonders stolz sind wir darauf, dass es aufgrund unserer großen Pflanzenvielfalt zu jeder Jahreszeit etwas gibt, das gerade blüht. Neben insektenfreundlichen Pflanzen gibt es auch einige Sträucher, welche im Herbst Beeren für Vögel bereithalten. Auch eine mit Steinen gefüllte Wassertränke steht unseren durstigen Besuchern im Sommer zur Verfügung“, erzählt der 28-Jährige von der grünen Oase. Im Frühling sorgen Primeln, Krokusse, Tulpen und Narzissen für die ersten Farbtupfer. Hinzu kommen hängende Kätzchenweide – auch als Weidenkätzchen bekannt – eine „Cocktailbar“ für Bienen, die hier ihren Nektar nach dem kalten Winter saugen. Kugellauch, Vogelmiere, Günsel wachsen ebenfalls neben Rotklee und Löwenzahn.

Im Sommer ist die Liste freilich viel länger. Wild-Malve, Fetthenne, Blaukissen, Kreuzdorn, Schlehe, Wiesen-Salbei, Ringelblume, aber auch Sauerampfer sprießen in den Kästen. „Damit die Insekten etwas davon haben, lassen wir hier immer etwas blühen. Zu unseren täglichen Besuchern gehören Schmetterlinge, wie der große Kohlweißling oder das Taubenschwänzchen, sowie viele Wildbienen, wie die große Blauschwarze Holzbiene und viele Mauerbienen, die sich auch schon in unseren Insektenhotels eingenistet haben und sich mit lautem Summen bedanken“, ist Julian Friedrich stolz auf die tierischen Besucher, für die er auch im Herbst noch einiges an Schmackhaftem bereithält.

Übrigens: Der Hobbygärtner, der jeden Tag auf der Terrasse Hand anlegt, freut sich auch über Ameisen, Marienkäfer, Spinnen und Vögel, die regelmäßig bei ihm vorbeischauen. „Auch auf kleinem Raum kann also schon Großes bewegt werden. Wir hoffen, dass wir somit einen kleinen Beitrag für den Artenschutz leisten können“, ergänzt er und animiert durchaus zum Nachahmen: „Jeder kann einen Beitrag leisten – selbst auf dem kleinsten Balkon“, so Julian Friedrich. Es ist alles eine Frage der Einstellung und der Leidenschaft. Doch wer erst einmal das Gärtnern für sich entdeckt hat, der lebt glücklicher.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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