Sieht man sich an, welche Klavierduos in der oberen Liga auftreten, dann stellt man erstaunt fest, dass die meisten darunter Geschwister oder Ehepaare sind. Für eine traumwandlerische rhythmische Koordination braucht es wohl viel gemeinsames Üben und eine besonders innige Verbundenheit. Die gibt es offenbar auch bei den Brüdern Martijn und Stefan Blaak aus den Niederlanden. Sie gehören zu den besten Klavierduos ihrer Generation, deren harmonisches Zusammenspiel und Spielfreude die Zuhörer von überall begeistern.
Beim Schwetzinger Mozartfest konnte man sie mit einem intelligent zusammengestellten Konzertprogramm erleben. Ihren jugendlichen Überschwang verbanden die beiden in idealer Weise mit gut durchdachter Gestaltungsgabe. Den ersten Teil ihres Konzerts widmeten sie Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791), dem Namensgeber des Musikfests in Schwetzingen. In der „Sonate B-Dur KV 353“ vergegenwärtige das Klavierduo die Fülle von Mozarts Einfällen, seine untergründige Kühnheit. Komponiert für Klavier zu vier Händen hat der damals 18-jährige Wolferl sie für sich und seine Schwester Nannerl geschrieben und damit einen wichtigen Beitrag zu der zu jener Zeit noch jungen Gattung geleistet. Auffallend ist, wie sehr Mozart in dieser Sonate auf die gleichberechtigte Partnerschaft des Zusammenspiels achtete.
Das kennzeichnete auch das Spiel der beiden Pianisten, die zugleich dem Schalkhaften, Kommunikativen in der Sonate nachspürten, zupackend und kräftig im Allegro, versonnen heiter im Adagio und energisch schwunghaft im abschließenden Molto Presto. Damit eroberten sie im Sturm die Herzen des Publikums. Positiv auf die Wahrnehmung der verschiedenen Klangfarben wirkte sich die für Kammermusik prädestinierte Akustik des historischen Jagdsaals aus, die ein ausgewogenes Klangbild ermöglicht.
Variationen werden zu Gefüge
Über Mozart soll Max Reger (1873 – 1916) gesagt haben, er sei „das größte musikalische Wunder, das die Erde gesehen hat“. Mit besonderer Sorgfalt behandelte der in der Oberpfalz geborene Komponist in „Variationen und Fuge über ein Thema von Wolfgang Amadeus Mozart für Klavier zu vier Händen, op. 132a“ das Motiv des Kopfsatzes, „Andante grazioso“, der A-Dur-Klaviersonate KV 331. Hinter diesem schlichten und berührenden Thema verbarg Mozart selbst sechs Variationen. Max Reger durchdringt eigenständig, vielschichtig und aus immer anderen Perspektiven dessen geniale Themenidee. Martijn und Stefan Blaak dachten das Motiv weiter und füllten Regers Werk mit Leben, indem sie vom eröffnenden „Andante grazioso“ bis zur abschließenden „Fuga“ einen großen Bogen spannten, sodass die einzelnen Variationen stets als Teile in einem zusammenhängenden Gefüge erkennbar blieben.
Überwältigend war nach der Pause auch die als „Grand Duo“ bekannte Sonate C-Dur, D 812, von Franz Schubert (1797 – 1828). Es ist die bedeutendste Komposition, die für Klavier zu vier Händen entstanden ist. Auch hier hat das Duo eindrücklich seine Qualitäten bewiesen und ließ pianistisch ein ganzes Orchester erstehen. Wie gebannt hörte das Publikum zu, bezaubert vom musikalisch-schöpferischem Reichtum Schuberts. Zudem hatte das Publikum Gelegenheit, neben der Musik auf die Kunst der Pianisten zu achten, auf den facettenreichen Anschlag, die feinen Justierungen und Interaktionen. Ein beglückendes Erlebnis!
Mit der Zugabe von Bachs Kantate „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ in einer Bearbeitung für Klavier zu vier Händen von György Kurtág beendete das Duo sein Konzert, für das es lang anhaltenden Beifall entgegennehmen durfte.
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