„Mit Energie und Leidenschaft“ – so eröffnete das Trio Wanderer das zweite Konzert des Mozartfestes im Jagdsaal des Schwetzinger Schlosses. Stand im Programm noch Mozart an erster Stelle, hatte das französische Ensemble die Reihenfolge kurzerhand geändert und Robert Schumanns Klaviertrio Nr. 1 d-Moll op. 65 voran gestellt um dem fragileren Meisterwerk der Klassik mehr Raum zu geben.
Bei Schumann wurde man hingegen von Anfang an hineingeworfen in die überschwängliche Gefühlswelt romantischer Musik. Das international gefeierte Trio schien nicht aus drei unterschiedlichen Spielern zu bestehen, sondern atmete und lebte als ein Ganzes auf der Bühne. Nach einem lustigen Ritt im zweiten Satz, kehrte im dritten Satz, der „leise, mit inniger Empfindung“ zu spielen war, ein wenig Ruhe ein. Die klagende Geige von Jean-Marc Phillips-Varjabédian trat in ein leises Zwiegespräch mit dem Klavier, weich angeschlagen von Vincent Coq. Vorsichtig übernahm das Cello und führte die beiden Weggefährten aus der Trauer in ein fulminantes Finale, das Schumann selbst „Mit Feuer“ erlebt haben wollte. Die Begeisterung riss das Publikum mit, das mit kräftigem Applaus das Trio feierte. Klassisch rein und glasklar konnte das Klaviertrio C-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart keinen größeren Kontrast zum Schumann-Werk bilden. Freundlich reichten sich die drei Spieler das fragende Thema des Allegros weiter, das immer wieder in perlenden Läufen des Klaviers mündete.
Nach dem Konzert schwärmte Vincent Coq von Mozart und dessen unverkennbaren Tonsprache, betonte aber auch die technischen Herausforderungen des Werkes, denen er mit höchster Professionalität zu begegnen wusste. Die Finger flogen geschmeidig über die Tasten im ersten Satz, weich und mit dem feinsten Tastenanschlag präsentierte der Pianist das Thema des zweiten Satzes „Andante cantabile“. Während draußen der Regen prasselte, schien kein böser Gedanke die Idylle zu trüben, in der sich das Trio bewegte. Im Allegro des dritten Satzes vereinte das Ensemble nochmal wunderbar Leichtigkeit und Anspruch der Wiener Klassik.
Bald in Japan zu hören
Nach der Pause erwartete die Zuhörer ein weiteres Meisterwerk, das durch sein berühmtes Thema eine Sonderstellung in der Welt der Klassik einnimmt. Franz Schuberts Klaviertrio Es-Dur op. 100 D 929 ließ schon in den ersten Takten des Allegros ein herzliches Aufatmen durch die Reihen ziehen. Die ganze Schönheit des Cello-Klanges entfaltete sich im „Andante con moto“ unter den singenden Strichen von Raphaël Pidoux. Das Ensemble vermochte es, das Thema durch ein etwas bewegteres Tempo in ein ganz neues Licht zu rücken. Diese Interpretation war schlüssig und auf ihre eigene Art vollkommen. Im dritten Satz sprudelte es nur so von musikalischer Finesse. Zum Donnergrollen vor den Fenstern spielten sich die Musiker völlig unbeschwert mal lustige, mal ernste Motive zu und steigerten sich zu einem unübertroffenen Finale. „Temperament-voll, so muss Trio-Musik sein“, lobte der Konzertbesucher Armin Kleiner die gelungene Schumann-Interpretation. Die Begeisterung im Publikum bewegte sie zur Zugabe „Dumka“ von Antonín Dvorak – voller Schwermut und Herzlichkeit.
Über drei Jahrzehnte hatte das Trio Zeit, die Kunst des Zusammenspiels zu perfektionieren. Bereits 1988 hatten sie beim ARD-Musikwettbewerb überzeugt und sich seitdem auf allen großen Bühnen dieser Welt einen Namen gemacht. So liegt es nahe, dass es von Anfang an eine glückliche Fügung war. Die letzten paar Jahre erwiesen sich für die Musiker, die neben ihrer Lehrtätigkeit als Professoren in Paris und Lausanne auf der Bühne zu Hause sind, als herausfordernd. So wurden mehrere Konzerte verschoben, zuletzt durfte das Ensemble vor zwei Jahren wegen eines verspäteten Tests nicht einreisen um auf dem Mozartfest aufzutreten. Dieses Jahr geht es dafür nach dem Ersatztermin in Schwetzingen mit noch größerem Elan auf neue Reisen. So sind unter anderem drei Nachholtermine in Japan geplant, wie Vincent Coq nach dem Konzert verrät.
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