Stück für Kinder (mit Fotostrecke)

Wie im Schwetzinger Theater am Puls die Freundschaft über den Neid triumphiert

„Krähe und Bär“ ist ein unterhaltsames Stück für Schulkassen, das mit Humor komplexe Themen erklärt.

Von 
Lukas Heylmann
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Schritt für Schritt zur Freundschaft: Obwohl sie sich noch nicht richtig ausstehen können, rettet die schlaue Krähe (Daniele Veterale) den grimmigen Bären (Max Rohland) natürlich vor dem Ersticken. © Lenhardt

Schwetzingen. Was ist am Ende des Tages mehr wert im Leben – Freiheit oder Sicherheit? So komplex die Frage für ein Theaterstück ist, das sich vor allem an Kinder richtet, so uneindeutig ist letztlich auch die Antwort, die Intendant Joerg Steve Mohr mit „Krähe und Bär“ im Theater am Puls darauf liefert. Doch das ist kein Problem, denn Denkanstöße bietet das Gesehene genug.

Die Handlung ist schnell erklärt und leicht verständlich: Ein Bär (Max Rohland) und eine Krähe (Daniele Veterale) leben beide in einem Zoo. Der Bär ist im Gehege eingesperrt, doch bekommt drei Mahlzeiten am Tag, die Krähe ist frei, umherzufliegen und die Welt zu sehen, doch muss oftmals Hunger leiden. Aus der Not geboren und – vor allem vonseiten des Bären – etwas widerwillig freunden sich beiden schließlich an.

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Wie "Krähe und Bär" sich im Theater am Puls anfreunden

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Das Publikum der Premiere bestand aus drei fünften Klassen des Hebel-Gymnasiums. Dass sich die beinahe 90 Jungen und Mädchen über die fast komplette Dauer des Stücks von etwas mehr als einer Stunde gefesselt und konzentriert zeigten, spricht für die Qualität der Aufführung. Denn der Stoff an sich ist abseits der sprechenden Tierprotagonisten für Kinder durchaus schwere Kost. Der Bär verhält sich aggressiv, ist von der Gefangenschaft gezeichnet und lethargisch – selbst ohne weitere Deutungsebene kein aufheiterndes Bild.

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Die Krähe ist von Beginn an der einfachere Publikumsliebling: schlau, gerissen und dank Veterales energetischer Schauspielleistung ein Garant für lachende Schulkinder im Publikum. Überhaupt ist es letztlich der Humor, der „Krähe und Bär“ klar als Stück für Kinder kennzeichnet. Die Kinder erfreuen sich an den Tricks der Krähe, mit der diese versucht, dem Bären das Essen abzuluchsen genauso sehr wie an dem ein oder anderen derben Spruch. Und vielleicht ist es tatsächlich so, dass die Witze das Material so zugänglich für die Kinder machen, dass die komplexen Thematiken bei ihnen ankommen.

Das grünere Gras

Denn davon hat die Handlung einige zu bieten. Ein erwachsener Zuschauer zum Beispiel stellt sich angesichts des Geschehens auf der Bühne sicher schnell die Frage, was er vom Leben möchte, ein sicheres Einkommen oder die Freiheit der Entscheidung. Des Weiteren kristallisierte sich im Verlauf des Stücks ein weiteres, ebenfalls nicht einfaches Thema heraus: der Neid. Denn – und so zeigten es auf der Bühne die Figuren aus der Tierwelt – der ist auch uns Menschen eigen.Das englische Sprichwort „The grass is always greener on the other side“ – „Das Gras ist immer auf der anderen Seite grüner“ fasst eine Grundidee des Stücks perfekt zusammen: Man möchte am Liebsten immer das, was man selbst nicht hat. Vollkommen zu Recht zeigt Mohrs Inszenierung dann aber auch auf, dass Neid zu nichts führt und man nicht zwingend glücklich ist, wenn man das bekommt, was man dem anderen neidet.

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Doch „Krähe und Bär“ ist kein pessimistisches Stück und trotz düsterer Momente bewiesen das am Ende der Vorstellung auch die zufriedenen Kindergesichter. Denn neben beinahe philosophischen Fragestellungen geht es vor allem um eines: Freundschaft. Das Stück zeichnet das Bild einer Verbindung zwischen zwei grundverschiedenen Charakteren, die lernen, sich zu akzeptieren, wie sie sind und sich mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen gegenseitig das Leben zu erleichtern. Wolfram Sauer, Lehrer am Hebel-Gymnasium und mit einer Klasse vor Ort, lobte das Theater nach der Aufführung sehr: „Das war zwar stellenweise harte Kost, aber es hat uns auch ein paar zentrale Fragen mitgegeben, die uns im Unterricht weiter beschäftigen werden.“ Bei den Kindern selbst blieb etwas anderes hängen. Die elfjährige Filippa fand das Stück vor allem lustig, vor allem eine kleine Musik- und Tanzeinlage des Bären. Anastasia, ebenfalls elf Jahre alt, war besondersvon einer Stelle begeistert, an der die Tiere – so viel sei verraten –die Körper tauschen.

Im Anschluss hatten die Schüler noch die Chance, in einem Nachgespräch alle Fragen zu stellen, die ihnen auf dem Herzen lagen. Bis auf Weiteres ist „Krähe und Bär“ nur für Schulklassen gedacht. Den kostenlosen Besuch für die Kinder ermöglicht die Stadt Schwetzingen „Eventuell rutscht es aber auch mal sonntags aufs Programm, weil es uns so gut gefällt“, gab Joerg Steve Mohr einen kleinen Ausblick. Und das zu entscheiden, hat er ja schließlich die viel gepriesene Freiheit.

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