Palais Hirsch

Worm-Sawosskaja präsentiert bei Konzert in Schwetzingen Geschichten von Frauen

Tatjana Worm-Sawosskaja präsentierte anlässlich des Weltfrauentags unter dem Titel "Frauengeschichten" Werke von Chopin und Liszt, die sie biografisch und kontextuell interpretierte.

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Tatjana Worm-Sawosskaj
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Tatjana Worm-Sawosskaja am Klavier im Palais Hirsch. © Weis

Schwetzingen. Die Leiterin des Schwetzinger Klavierstudios Tatjana Worm-Sawosskaja präsentierte unter dem Titel „Frauengeschichten“ anlässlich des Weltfrauentags nicht etwa Werke weiblicher Komponistinnen, sondern nahm acht anspruchsvolle Werke der romantischen Komponisten Frédéric Chopin und Franz Liszt in ihr Programm auf. Der Titel ergab sich aus dem Zusammenspiel zwischen konzertanter Präsentation und bebilderten Vortragselementen, in denen Worm-Sawosskaja die Entstehungsgeschichte der gespielten Werke kurzweilig und zugleich sachlich-historisch vorstellte.

Tatjana Worm-Sawosskaja betrachtet die von ihr ausgewählten musikalischen Meisterwerke der Romantik durchgängig mit einem biographisch und kontextuellen Interpretationszugang, um aufzuzeigen, in welcher Lebenssituation und Gefühlslage – vielleicht auch in welcher emotionalen Ausnahmesituation – Chopin und Liszt ihre Kompositionen geschaffen haben: So sei eine vollkommene musikalische Interpretation dieser Stücke erst möglich, wenn man die biographischen Spuren wie eine Geheimsprache in den Überlieferungen zu entziffern vermöge. Tatsächlich scheint man die leichthändige Verliebtheit Chopins in Worm-Sawosskajas sanfter und einfühlsamer Präsentation des Walzers op. 69 Nr.1 (As-Dur) förmlich heraushören zu können, der während seiner jungen Beziehung zu Maria Wodzynska in Dresden entstand.

Dagegen spiegelt die Nocturne cis-moll (Lento con gran esspressione) die verzweifelte Klage und all die unbeantwortbaren drängenden Fragen, denen Chopin sich stellen musste, als diese erste große Liebe im Jahr 1837 tragisch zerbricht und die Verlobung zwischen Chopin und seiner Braut Maria Wodzynska aufgrund seiner Lungenerkrankung unter dem Einfluss ihrer Eltern gelöst wird.

Von den Romantikern fasziniert

Worm-Sawosskaja, die seit ihrer Jugend von den Kompositionen der Romantiker Chopin und Liszt fasziniert ist, hat sich besonders intensiv während ihres Studiums am Konservatorium in Taschkent bei der bekannten Pianistin Natalia Lebedeva, in der pädagogischen Linie der Ururenkelin von Franz Liszt, und im Laufe ihrer beruflichen Karriere mit dem gesamtem Œvre dieser Komponisten in Theorie und Praxis beschäftigt. Deshalb hat sich auch ihre Werkinterpretation im Laufe der Zeit deutlich hörbar entwickelt: Das macht sie an der Fantaisie Impromptu op. 66 (cis-moll) fest, die sie einfühlsam und doch mit turbulenten Wallungen und rauschenden Motiven durchdringt, völlig in sich und den Charakter des Klavierspiels versunken. Sie geht ganz auf in ihrem facettenreichen, virtuosen Spiel, wird zu einer emotionalen Einheit mit dem Flügel und seinem Klang, entfaltet facettenreich auch kleinste Nuancen dieser Komposition ohne dabei in schwärmerisch überreizende Nostalgie zu verfallen.

Tatsächlich gelingt ihr eine leichthändige und zugleich kräftig-dramatische Spielweise, die den raffinierten Kompositionen Chopins und im zweiten Teil des Konzerts den technisch und interpretatorisch anspruchsvollen Werken Liszts mehr als gerecht wird. Besonders besticht ihre Interpretation von Liszts „Vallée d’ Obermann“ mit klarer Differenziertheit und der Fähigkeit zu großen Linien und Zusammenhängen. Technisch brilliant gelingt ihr eine tiefe Gestaltungskraft.

Auch die Consolation Des-Dur, den Seufzer „un Sospiro“ und schließlich den „Liebestraum“ Liszts ordnet sie den zugrunde liegenden „Frauengeschichten“ zu; Worm-Sawosskaja erklärt die unterschiedlichen emotionalen Charaktere dieser Werke anhand erhaltener Bilder, Briefe und weiterer Zeugnisse seiner Geliebten Marie d’Agoult und Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein. Überraschend ist, wie schnell ihr das professionelle Umschalten zwischen dem konzentriertem Vortrag am Flügel und der Vortragspräsentation mit freier Rede und Beamerpräsentation gelingt.

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So sorgte das sehr gut besuchte Konzert für große Begeisterung, kräftigen Applaus und schließlich zwei Zugaben. Tatjana Worm- Sawosskaja hat nach vielen Jahren mit gut besuchten Konzertreihen im Palais Hirsch nicht nur einen festen Zuhörerkreis etabliert, sondern kann mit ihrer Kunst und ihrem Charme auch junge Hörer und Musikliebhaberinnen für sich gewinnen, was mit klassischer Klaviermusik heutzutage nicht selbstverständlich ist. So schwärmte der achtjährige Gioele Infurna aus Reilingen von ihrer Darbietung von Chopins Fantaisie-Impromptu, die ihn als Klavierschüler sehr berührt hat.

Auf Nachfrage bestätigt Tatjana Worm-Sawosskaja im Anschluss ans Konzert, dass sie sich auch vorstellen kann, einmal ein 3D-Konzert über talentierte, herausragende Künstlerinnen zu geben: „Ja sicherlich. Clara Schumann und Fanni Hensel haben viele wunderschöne Klavierwerke hinterlassen.“ Fest steht schon der Termin für den jährlichen Konzertabend zum Volkstrauertag. Im Palais Hirsch wird Tatjana Worm-Sawosskaja, die aktuell in Frankreich, Liechtenstein und der Schweiz auftritt, im Herbst, am 17. November um 17 Uhr, wieder im Palais Hirsch sein.

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