Im Porträt

Schülerin Matilda Getto aus Schwetzingen komponiert Lied für eine CD

Gerade mal zwölf Jahre ist Matilda Getto alt - und schon hat sie als Musikerin Preisverdächtiges geleistet. Ihre neueste Errungenschaft: die Beteiligung an einem Album mit einem Anti-Kriegslied.

Von 
Nicolai Lehnort
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Matilda Getto ist stolz auf ihre Leistung. © Lehnort

Schwetzingen. Von einem ihrer größten Erfolge hätte Matilda Getto beinahe gar nicht erfahren. Gerade war sie mit einer Freundin unterwegs, als das Handy klingelte. „Ich bin erst mal nicht drangegangen, weil es eine unbekannte Nummer war“, erzählt sie. Am Morgen habe sie noch eine Spamnachricht erhalten. Das Misstrauen war besonders groß – die Neugier aber größer. „Ich habe dann später doch zurückgerufen.“ Am anderen Ende der Leitung schallte es: „Herzlichen Glückwunsch! Du bist in den Top 20.“ Unter fast 700 Liedern aus über 20 Ländern wurde der Song von Matilda Getto aus Schwetzingen für das „Eine Welt“-Album ausgewählt.

Für den vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung veranstalteten Wettbewerb „Dein Song für eine Welt!“, der laut Angaben der Ausrichter „kreative und inspirierende Visionen für eine nachhaltige und gerechte Welt durch Musik“ teilen soll, komponierte die Zwölfjährige ein eigenes Lied auf dem Klavier, gepaart mit dem Gesang ihres eigenen Textes. „Und es fließt Blut“ handelt von einem Soldaten, der im Krieg an der Front kämpft. „Eigentlich bin ich ein fröhlicher Mensch“, sagt Matilda über sich selbst. „Aber in meinen Liedern schreibe ich immer über ziemlich tiefgründige Themen.“

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In diesem Fall hat die Pianistin sich in eine ihr unbekannte Person versetzt, aus deren Perspektive sie erzählt. „Die Herrscher, die wir nicht mal kennen. Die Opfer, die uns nie die Namen nennen. Der Schuss, der uns zu einem Mörder macht“, heißt es kritisch in den nachdenklichen Zeilen des Songtextes.

Die Idee dazu kam der Schwetzingerin schon vor längerer Zeit, denn der Song bezieht sich nicht auf das aktuelle Kriegsgeschehen, vielmehr soll er universale Gültigkeit haben. „Konflikte sollten nicht in einem Krieg ausgetragen werden, in dem Menschen dafür sterben müssen. Es sollte diplomatische Lösungen dafür geben“, beschäftigt Matilda sich in jungem Alter mit komplexen globalen Themen.

Junge Schwetzingerin ist erst seit drei Jahren am Piano

Trotz dieses jungen Alters darf sie bereits mehrere Lieder ihr Eigen nennen. Die Achtklässlerin lernt unheimlich schnell. Schließlich spielt sie erst seit drei Jahren überhaupt Klavier. Ihre Leidenschaft entdeckt hat sie auf einem alten Keyboard, das nur aufgrund der Corona-Pandemie Einzug ins Wohnzimmer erhielt. Als der Schulunterricht ausschließlich in den heimischen vier Wänden stattfand, hatten ihre Eltern das Instrument zum Zeitvertreib aufgestellt. „Damit man etwas tun kann und nicht durchdreht, wenn man zu Hause gefangen ist“, erzählt Mutter Eva Getto. Irgendwann hat ihre Tochter darauf eigene Melodien entwickelt. Um das Komponieren zu erlernen, sollte sie jedoch das Piano beherrschen, erzählt Matilda. Eine Anmeldung im renommierten Schwetzinger Klavierstudio Worm-Sawosskaja lag nahe.

Dort wird sie von Klavierlehrerin Swetlana Zaharowa unterrichtet und ist Teil der Kompositionsklasse der tschechischen Komponistin Katerina Pinosova-Ruzickova. „Da ist sehr viel Disziplin und Struktur dabei“, lobt Eva Getto den Ansatz nach der russischen Klavierschule. „Das führt dazu, dass man in sehr kurzer Zeit ein großes Wissen aufbaut.“

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Tochter Matilda ist ein Paradebeispiel. Wie zahlreiche andere Schüler hat sie bereits mehrere Preise gewonnen und saß unzählige Male am Piano auf der Bühne. „Baden-Baden war krass“, sagt die Zwölfjährige über ihren aufregendsten Auftritt. Bühnenerfahrung hat sie schon reichlich gesammelt, schließlich singt Matilda seit Kindestagen im Chor des Schwetzinger Sängerbundes. Als sie im Kristallsaal des dortigen Kurhauses bei einem Wettbewerb des Vereins Piano-Podium vor rund 200 Zuschauern – Fachpublikum mit feinem Gehör, ergänzt Mutter Eva – und allen Konkurrenten auftrat, sei sie dennoch enorm nervös gewesen – und überzeugte vor allem mit ihrer eigenen Komposition, die ihr einen Sonderpreis einbrachte. Dass die Familie das E-Piano im Vorfeld sogar mit den Urlaub genommen hatte, machte sich bezahlt. „Das war verrückt“, lacht Matilda rückblickend, deren Eigenkreationen bei Wettbewerben oft das Zünglein an der Waage sind.

Matilda Getto: „Ich mag es gerne dramatisch“

Mit ihrer eigenen Komposition „Theoretische Frage“ hatte sie sich schon vor zwei Jahren bei einem Wettstreit in Tschechien gegen fast 200 andere Lieder durchgesetzt. Ein stiller Beginn mit einem Übergang hin zu mehr Lautstärke und Wut würden die meisten ihrer Eigenkreationen charakterisieren. Inspirieren lässt sie sich dabei von Sergei Rachmaninow und Ludwig van Beethoven. „Ich mag es gerne dramatisch.“ So auch in ihrem neusten Lieblingsstück „Und es fließt Blut“, das sie erstmals mit Text komponierte. „Ich denke, Lieder mit Text haben eine größere Chance, gehört zu werden“, meint Matilda, die das E-Piano inzwischen gegen ein fast schon antikes Piano ausgetauscht hat. 115 Jahre hat das gebrauchte Instrument auf dem Buckel, die Patina ist ihm anzusehen, geschmückt wird es von verschnörkelten Kerzenhaltern.

Ihr neustes Werk erst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat sie dank Henriette Basler, ihrer Musiklehrerin am Schwetzinger Privatgymnasium. Kurz vor Einsendeschluss überzeugte sie Matilda zur Teilnahme an „Dein Song für eine Welt!“. Eine Aufnahme in einem Heidelberger Konzertsaal und einige Monate später stand ihr Lied als eine der besten Einreichungen fest. Der Lohn ist neben dem Platz auf dem Album die Aufnahme des Titels in einem professionellen Tonstudio in Berlin. Ein Ereignis, auf das Matilda hinfiebert. „Wenn ich solche Szenen in Filmen gesehen habe, dachte immer: Wow, das ist echt cool.“

Ausgleich zu den oft nervenaufreibenden und mit viel Übung verbundenen Pianowettbewerben findet die junge Pianistin und Komponistin im Jugendchor von Elena Spitzner, mit dem sie im Sommer beim Musical „Kalif Storch“ gar Neuland betrat: Sie spielte die zweite Hauptrolle des Wesirs. „Eine tolle Erfahrung“, schwärmt sie. Und wenn ihr in Reihen ihrer Freunde bei einem Chorauftritt doch mal ein falscher Ton unterkommen sollte, fällt das im Gegensatz zum Baden-Badener Fachpublikum wohl kaum ins Gewicht, wie das Musiktalent beschreibt. „Am Klavier sitze ich alleine auf der Bühne. Im Chor hingegen merkt niemand, wenn ich mal einen falschen Ton singe, weil ich von anderen Leuten umringt bin.“ Auf der Klaviatur ist Matilda Getto aber ohnehin zielsicher wie keine Zweite.

Wie ihre ehemaligen Konkurrenten sich auf der Bühne schlagen, wird sich dieses Wochenende zeigen, denn dann findet das Finale der fünf Finalisten für den „Eine Welt“-Song mitsamt Liveauftritten in Bonn statt.

Info: Das „Eine Welt“-Album mit Matilda Gettos „Und es fließt Blut“ kann ab Frühjahr 2024 kostenfrei unter www.eineweltsong.de heruntergeladen oder über das Bestellformular auf der Seite bestellt werden.

Volontariat Nicolai Lehnort ist seit Juli 2023 Volontär.

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