Der Tagesordnungspunkt in der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend war schnell abgehakt: Alle Ratsmitglieder stimmten zu, als es um den Beschluss über die – so die verwaltungstechnische Bezeichnung – „Satzung über die 2. Änderung der Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes DB-Ausbesserungswerk Süd in Schwetzingen“ ging. Dahinter steckt eigentlich nur die Erweiterung des seit 2011 bestehenden Sanierungsgebiets um den Rad- und Fußweg, der zwischen dem Decathlon-Gelände und der ehemaligen Wagerichthalle II. Dahinter steckt aber mehr.
Denn wenn sich der Weg in dem Gebiet befindet, können alle notwendigen Ordnungsmaßnahmen nach den Städtebauförderungsrichtlinien des Landes voll gefördert werden, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Was das bedeutet, erklärt Oberbürgermeister Dr. René Pöltl: „Wenn der Radweg verlegt werden muss, kriegen wir von dieser Maßnahme im Zuge der Sanierungsförderung bezahlt.“ 2011 war die Stadt mit dem städtebaulichen Erneuerungsgebiet in das Bund-Länder-Sanierungsprogramm DSP (städtebaulicher Denkmalschutz) aufgenommen worden.
Fünfte Halle in Planung
Und diese Verlegung könnte notwendig werden, wenn Decathlon seine Fläche um eine fünfte Halle erweitern will, was 2022 der Fall sein könnte. „Dann wird der Weg südlich der Wagenrichthalle angelegt“, sagt Pöltl – also in Richtung des Lidl-Parkplatzes. In diesem Bereich soll auch eine Grünanlage geschaffen werden. Bleibt die Zukunft eben jener Wagenrichthalle II und der danebenliegenden alten Federnschmiede des von 1918 bis 1989 bestehenden Ausbesserungswerks der Reichs- und später Bundesbahn.
Die wichtigsten Ziele im Sanierungsgebiet sind laut Verwaltung „der teilweise Erhalt und die Umnutzung der Wagenrichthalle II, die Neuordnung des unmittelbaren Umfeldes dieser Brache, die Schaffung und Aufwertung von öffentlichen Verkehrs- und Freiflächen, Erhalt und Erweiterung bestehender Geh- und Radwegeverbindungen sowie die denkmalgerechte Sanierung des Pförtnerhauses“.
Wagenrichthalle würde teuer
Für die etwa 10 000 Quadratmeter große Wagenrichthalle hatte Decathlon vor zwei Jahren Interesse gezeigt. Das sei immer noch so, sagt OB Pöltl, ist aber was die Zukunft des immer mehr verfallenden Gebäudes angeht, etwas zwiegespalten: „Wir unterstützen Decathlon bei allen Bemühungen, die Halle in irgendeiner Form zu erhalten.“ Aber es erfordere allein Kosten von mindestens 10 Millionen Euro – nur damit sie stehen bleibt. „Und dann ist noch nichts drin.“ Das sei finanziell nicht zu stemmen. So wird die Stadt vermutlich von dem bisherigen Ziel, die Halle ganz zu erhalten, abrücken müssen. „Aber wir wollen sie mindestens in Teilen erhalten“, betont der Oberbürgermeister. Gespräche mit dem Landesdenkmal würden laufen.
Das zweite noch stehende größere Gebäude – die alte Federnschmiede direkt neben der Wagenrichthalle – soll dagegen auf jeden Fall stehenbleiben „Wir wollen sie unbedingt erhalten“, betont Dr. René Pöltl. Hier könnte ebenfalls Decathlon einziehen – möglicherweise für ein internes Schulungszentrum. „Aber auch wir würden die Schmiede einer vernünftigen Nutzung zuführen“, sagt Pöltl, falls es mit den Plänen des Sportartikel-Riesen nicht klappt.
Dornröschenschlaf hat bald ein Ende
Schon ein ganzes Stück weiter ist die Stadt mit einem eigentlichen Schmuckstück, dem ehemaligen Pförtnerwohnhaus neben dem früheren Werkstor. Das Gebäude ist ziemlich mitgenommen, war auch schon häufiger Ziel von Vandalismus – aber der Dornröschenschlaf hat bald ein Ende: „Wir haben einen Privatinvestor gefunden, der das Haus kaufen und sanieren wird“, verrät der Oberbürgermeister. Die Gespräche seien schon ziemlich weit, so dass eine Umsetzung 2022 in Sicht ist. Auch hier werden Mittel aus dem Sanierungstopf gezogen. Dort sollen Büroflächen entstehen.
Doch nicht nur das bestehende Gebäude wird instand gesetzt, sondern der gesamte Eingangsbereich mit Zufahrt und Bepflanzung. Das übernehme die Stadt, die dort noch ein weiteres Projekt im Auge hat: Das einst auf der rechten Seite stehende Pförtnerhäuschen („ein tolles Ensemble“) soll als zeitgemäßes Gebäude rekonstruiert werden. So hat ein vermeintlich kleiner formaler Gemeinderatsbeschluss einen umfangreichen und zukunftsweisenden Hintergrund.
Info: Viele Fotos vom Gelände unter www.schwetzinger-Zeitung
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