Zum „Tag der Druckkunst“, der seit 2018 am 15. März begangen wird, kehrt in das Xylon-Museum mit einer Ausstellung in der aktuellen Post-Lockdown-Phase wieder Leben ein, die passender kaum sein könnte. Zu sehen sind die Werke zweier Künstlerinnen: Steindrucke und eine Installation von Angelika Flaig sowie Malerei und Siebdrucke von Sibylle Möndel.
Sicher ist kaum ein Ort geeigneter dafür als das Xylon-Museum, das 1987 als eine Einrichtung der bildenden Kunst mit Schwerpunkt auf dem künstlerischen Hochdruck von Otto Mindhoff (1932 – 2019) gegründet wurde, der in der angegliederten Werkstatt seine Holzschnitte schuf. Auch wenn in diesen unsicheren Zeiten mit sich rasch ändernden Regeln der Termin für die Vernissage nicht breit kommuniziert wurde, so hatten doch zusätzlich zu den per Newsletter vorab informierten Kunstbegeisterten ein paar spontane Gäste den Weg zur Ausstellung gefunden.
Öffnungszeiten und Regeln
Die Ausstellung „Natur im Raum“ im Xylon-Musem ist bis 2. Mai geöffnet. Sie soll sonntags von 13 bis 17 Uhr zugänglich sein. Es gelten jedoch die aktuellen Corona-Verordnungen sowie Hygieneregeln.
Das Xylon-Museum ist an diesem Sonntag von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Eine Einzelterminvergabe findet kurzfristig vor Ort statt. Es können maximal zehn Besucher gleichzeitig in die Ausstellung.
Aufgrund der derzeitigen Inzidenzwerte (über 50, aber unter 100) gelten für Museen folgende Regelungen nach der Corona-Verordnung: Es müssen nach vorheriger Vereinbarung Einzeltermine vergeben werden; pro angefangene 40 Quadratmeter Nutzungsfläche ist bezogen auf die gesamte Ausstellungsfläche ein Besucher zulässig. Bei den Einzelterminen sind begrenzte Zeiträume vorzugeben und es gilt die Pflicht zur Datenverarbeitung. mon
Xylon-Vorsitzender Dr. Wolfgang Naumer zitierte eingangs Johann Wolfgang von Goethe: „Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.“ Und verlieh damit seiner Freude Ausdruck, dass er „endlich wieder einmal Kunst sehen könne“. Auch sei eigentlich erst morgen der „Tag der Druckkunst“, aber da Museen traditionell an Montagen geschlossen haben und an diesen in der Regel auch keine Vernissagen stattfänden, der Zeitpunkt genau richtig. Die künstlerische Leiterin Dr. Kristina Hoge nahm humorvoll das Goethe-Zitat ihres Vorredners auf: „Ich singe jetzt kein Lied, aber die Kunst hat es schwer in diesen Tagen.“ So sei eben dieser Termin, auch wenn er denn schon lange fest gestanden hätte, gar nicht so sicher gewesen. Umso mehr freue es sie, dass die ganz besondere Ausstellung nun doch möglich wäre.
Spiel der Kontraste
„Kontrastierende Phänomene machen alles spannender“, zitierte Dr. Kristina Hoge ihren Doktorvater und lobte die gelungene Zusammenarbeit der beiden Künstlerinnen, die allerdings sehr unterschiedlich seien. „Sie sehen hier eine absolut spannende Ausstellung. Während Sibylle Möndel sich in ihren Werken mit der Anwesenheit der Natur beschäftigt und dem Eingriff des Menschen, geht es bei Angelika Flaigs Werken um die Abwesenheit der Natur so auch in ihrer Kunstinstallation ‚Platz‘ und verdeutlicht so ihre Notwendigkeit.“ Besonders schön sei, so die künstlerische Leiterin, dass die Installation „Platz“ eine Arbeit sei, die sich im Laufe der Zeit verändere und stets auf den jeweiligen Raum Bezug nähme. „Es geht auch um die Liebe zur Natur und was das Eingreifen in selbige bewirkt, großartig ist da der Kontrast zur Romantik des Schlossgartens. Das hier ist keine Ausstellung, die schnell im Vorbeigehen gesehen werden kann“, schloss Dr. Kristina Hoge.
In der Tat ist das Zusammenspiel der beiden renommierten Künstlerinnen bemerkenswert, menschlich wie auch das der Werke untereinander. Schon lange würden sie sich kennen, arbeiteten in den Druckwerkstätten des Künstlerhauses Stuttgart zuerst nur nebeneinander. „Daraus hat sich dann eine künstlerische Freundschaft entwickelt, die bis heute hält“, sagte Angelika Flaig. Auch wenn sie jetzt weit weg in Sachsen-Anhalt wohne, so halte sie immer noch auf elektronischem Weg Kontakt zu Sibylle Möndel in Kornwestheim und diese mit ihr.
Über zehn Meter lang ist die Gemäldestrecke „Netzwerk Wald“ von Sibylle Möndel, die zusammen mit der Installation ihrer Kollegin das Herzstück der Ausstellung bildet. Beide Werke wirken wie aus einem Guss. Möndel brachte per Siebdruck binäre Codes auf die Gemälde, die in mehreren Schichten erstellt wurden. Pars pro toto stehen die Codes für die auf Naturräume Einfluss nehmenden Menschen. Bei „Platz“ wurden nicht mehr zu erkennende Fotografien von Plätzen eingearbeitet, die jetzt unter einer Bitumenschicht ruhen. Asphaltierte Flächen lassen den Wunsch nach Pflanzungen aufkommen und mit erloschenen Lampen zitiert Angelika Flaig die nach unten gerichteten Fackeln von Engelsstatuen an Grabmalen. Es geht um die Erfahrung von Vergänglichkeit , die – je nach Betrachter – fasziniert oder betroffen machten kann.
Genauso faszinierend sind Flaigs Steindrucke. Immer wieder tauchen Hände auf, die Messer halten. Formen biegen sich. Vasen enthalten was? Man weiß es nicht. Viel Raum für die eigene subjektive Wahrnehmung gibt es bei den Werken der Serie „Rituale“. Die „Conditio Humana“, also die Umstände des Menschseins, schon lange Gegenstand philosophischer Betrachtung, beschäftige sie seit geraumer Zeit, verrät die Künstlerin. Sibylle Möndel hingegen thematisiert bei „Pflanzungen“ eben jene als Symbol für Hoffnung oder Wachstum.
Pure Unikate
Besucherin Susana Reberdito, ebenfalls bekannte Künstlerin, kommentierte fasziniert: „Eine spannende aber auch glückliche Kombination. Ich fragte mich, ob so eine Zusammenarbeit funktionieren kann – und die Antwort lautet: ja, es passt, sogar sehr gut.“
Dr. Kristina Hoge war von Anfang an von dem Konzept überzeugt und erinnerte sich: „Ich hielt die Unterlagen in Händen und wusste sofort, dass das großartig passen würde, für das Xylon und zum ‚Tag der Druckkunst‘ – und ich bin normalerweise nicht so leicht zu begeistern.“ Angelika Flaig und Sibylle Mödel hätten sich Gedanken hinsichtlich der Ausstellung gemacht. Die Künstlerinnen teilten mit: „Wir haben im Vorfeld die Räume architektonisch genau analysiert. Und als ein Ort, an dem Druckkunst gelebt wurde und wird, konnten wir uns eine gemeinsame Ausstellung hier von Anfang an sehr gut vorstellen.“ Und Angelika Flaig unterstrich etwas, was ihr sehr wichtig sei: „Die Menschen verbinden mit Druck meist beliebige Vervielfältigung. Ein Trugschluss. Ich stelle Unikate her.“
Info: Mehr Fotos gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de
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