Interview

„Der Dom ist einfach ein Traum“

Zuzana Ferjenciková spielt beim Internationalen Orgelzyklus in Speyer

Von 
Uwe Rauschelbach
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Organistin Zuzuna Ferjenncikova. © Bistum

Speyer. Zuzana Ferjenciková ist die erste Frau, die beim Orgelimprovisationswettbewerb im niederländischen Haarlem den ersten Preis gewonnen hat. Die gebürtige Slowakin wurde 2021 an die Musikhochschule in Rotterdam berufen und lehrt dort Orgel als Konzertfach. Außerdem schreibt sie Stücke für Orgel, Klavier und Instrumentalensembles. Am Samstag, 14. Oktober, 19.30 Uhr, spielt Ferjenciková beim Internationalen Orgelzyklus im Dom. Außerdem präsentiert sie ihre neue CD.

Frau Ferjenciková, wie ist es in Ihrem Heimatland, der Slowakei, um die Ausbildungssituation bestellt? Welche Chancen haben junge Organisten auf eine Stelle mit ausreichendem Einkommen?

Zuzana Ferjenciková: Die Ausbildung in der Slowakei ist sehr gut. Es ist auch deutlich zu sehen, dass viele junge Organisten ins Ausland gehen und dort studieren. Es wäre schön, wenn sie zurückkommen würden, um die Situation in der Kirchenmusik in der Slowakei zu verbessern. Diese ist leider noch nicht ideal – Stellen mit ausreichendem Einkommen gibt es meines Wissens nicht.

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Sie selbst wurden als Nachfolgerin Ben van Oostens als Professorin nach Rotterdam berufen. Was hat Sie an dieser Position gereizt und wie sind Ihre Erfahrungen damit?

Ferjenciková: Ich habe immer unterrichtet, auch in meinem Land, auf der Hochschule in Bratislava. Nach dem Tod meines Lehrers, Jean Guillou, habe ich mich entschieden, mehr zu geben, weil ich viel erhalten habe. Der Ruf aus Rotterdam erreichte mich – ich liebe Holland …

Sie geben Meisterkurse und wirken als Jurymitglied in internationalen Orgelwettbewerben mit. Gibt es zu wenige oder eher zu viele nachwachsende junge Organisten? Auf welchem Niveau bewegen sie sich?

Ferjenciková: Es gibt begabte junge Organisten – überall. Doch unsere Zeit ist schwierig. Alles scheint möglich, die virtuelle Welt hält viele Täuschungen bereit. Deswegen finden die jungen Musiker oft keine Orientierung und wissen selbst nicht, was ihnen fehlt. Dafür braucht es Lehre, Konzentration, Zuhören, Tiefgang – sowie gute Lehrer und wahre Freundschaften.

Welchen Stellenwert genießt die Orgelmusik in der Kulturszene?

Ferjenciková: Die Orgel hatte in der Geschichte immer einen besonderen kulturellen Stellenwert, sehr oft jedoch am gesellschaftlichen Rand. Dies ändert sich langsam. Bedeutende Konzertsäle öffnen sich der Orgelmusik und werden mit neuen großen Orgeln ausgestattet. Die Orgel wird zum universellen Konzertinstrument – das ist wirklich neu.

Die Orgel ist ein eher altes Instrument. Wie kann es gelingen, ihr in Zukunft einen Platz zu sichern?

Ferjenciková: Durch hervorragende Spieler, die die Orgel meisterhaft beherrschen und ihr die Seele verleihen, ein wahrhaft musikalisches Instrument zu sein. Die Orgel kann wie kein anderes Instrument die Herzen berühren und sie erheben. Deswegen wird sie ihren Platz nie verlieren.

Die Schwerpunkte Ihres Repertoires liegen bei Franz Liszt und Jean Guillou. Warum ist das so?

Ferjenciková: Liebe. Ich liebe diese Werke, weil bei Liszt wie bei Guillou alles enthalten ist, was ich suche: Schönheit, Poesie, Drama und große romantische Formen. Außerdem waren beide Komponisten faszinierende Menschen mit großen Herzen.

Sie sind als Komponistin und auch als Autorin von Transkriptionen von Klavier- und Orchesterwerken für Orgel tätig. Worin besteht der Reiz solcher Übertragungen?

Ferjenciková: Die Transkription war immer ein Mittel, das Werk, das man in der Orchesterfassung nicht hören konnte, selbst zu spielen. So wie Johann Sebastian Bach es gemacht hat – mit Konzerten von Vivaldi. Ich kann mich gut erinnern, wie bei Proben in der Philharmonie Bratislava einige Orchestermusiker begeistert lauschten, als sie die Polonaise aus der Oper „Eugen Onegin“ auf der Orgel hörten. Das bringt ihnen die Orgel näher.

Sie sind als Konzertorganistin international unterwegs. Welche Bedeutung hat der bevorstehende Auftritt im Dom zu Speyer für Sie?

Ferjenciková: Als Konzertorganist hat man das große Privileg, an historisch bedeutsamen Orten zu spielen. Der Kaiserdom zu Speyer ist ein solcher Ort für mich. Ich habe mich sehr über die Einladung von Markus Eichenlaub gefreut. Dazu kommt, dass meine neue CD soeben fertig wurde und wir sie an diesem wunderbaren Ort präsentierten dürfen – schöner könnte es gar nicht sein!

Sie werden auch improvisieren. Was war das originellste Thema, das Ihnen für eine Improvisation vom Publikum gestellt worden ist?

Ferjenciková: Ein Song von Mick Jagger, den ich nicht kannte (ihn selbst übrigens auch nicht) – eine große Blamage! Die schönste Erinnerung habe ich an ein Improvisationsthema in St. Michael in München. Dort hat mein Lehrer Jean Guillou sein letztes öffentliches Konzert gegeben. Man hat mir drei Jahre später das gleiche Thema genannt wie ihm – das Lied „Greensleeves“. Bild: Bistum

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