Speyer. Die Speyerer Hauptstraße ist derzeit mit den Wettbewerbsarbeiten der Preisträger des „Großen Hans-Purrmann-Preises der Stadt Speyer“ beflaggt. Das unterstreicht die Bedeutung dieses Kunstpreises, der als einer der renommiertesten in Deutschland gilt. Sechste und damit aktuelle Empfängerin der von der Hans Purrmann Stiftung ins Leben gerufenen und mit 20 000 Euro dotierten Auszeichnung ist die deutsch-iranische Künstlerin und Filmemacherin Yalda Afsah.
Die 1983 in Berlin geborene Yalda Afsah studierte an der Burg Giebichenstein Hochschule Halle und der Universität der Künste Berlin. Sie präsentierte ihre Arbeiten im Rahmen mehrerer Ausstellungen und Filmfestivals. Bei der Preisverleihung an diesem Samstag in Speyer wurde vor allem die filmkünstlerische Arbeit von Yalda Afsah gewürdigt. Sie bewege sich häufig an der Schnittstelle zwischen Dokumentation und Inszenierung. Die Künstlerin konzentriere sich zusehends auf die Interaktion zwischen Mensch und Tier. Dabei interessiere besonders die Art der Machtausübung und Kontrolle im Zusammenhang mit der Tierdressur.
Eine besondere Erwähnung fand bei der Preisverleihung das Motiv der Taubenflugkunst, dem die deutsch-iranische Künstlerin in ihrem filmischen Schaffen nachspüre. Wie der Leiter der Jury, Kunsthistoriker Andreas Bee, bei der Preisverleihung erläuterte, vollführten die Tauben auf ihren Flügen von Zeit zu Zeit eine Rolle rückwärts und folgten damit den Anweisungen der Dresseure. Ein „hochpoetisches“ Ereignis, meinte Bee. Die Filmkünstlerin selbst sprach unterdessen von einem „widernatürlichen Moment“ im Ablauf des Taubenflugs.
Förderpreis für Catherine Sanke
Wie die Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler bei der Preisverleihung im Historischen Ratssaal der Stadt mitteilte, hatten sich insgesamt 42 Künstlerinnen und Künstler um den Großen Hans-Purrmann-Preis beworben. Die Beiträge reichten von Malereien über Skulpturen bis zu Fotografie- und Videokunst. Auf die Förderauszeichnung „Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer für Bildendende Kunst“, der 1965 anlässlich des 85. Geburtstages des Speyerer Ehrenbürgers Hans Purrmann von der Stadt Speyer gestiftet worden ist, seien unterdessen 162 Bewerbungen eingegangen.
Der mit 6000 Euro dotierte Förderpreis soll nach Purrmanns eigenem Wunsch an förderungswürdige junge Künstlerinnen und Künstler verliehen werden, die einen Bogen zwischen europäischen Metropolen und ländlichen Räumen spannen. Er ist in diesem Jahr an die aus Berlin stammende und in Leipzig lebende Künstlerin Catherine Sanke vergeben worden. Sie studierte nach einer Ausbildung zur Holzbildhauerin von 2013 bis 2020 an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle Bildhauerei in der Fachklasse Keramik. 2020 gewann sie den Perron-Kunstpreis für Nachwuchskünstler und -künstlerinnen in der Sparte Porzellan.
Überzeugt hat die Jury Sankes Installation „In Nacht und Eis“ aus dem Jahr 2020: eine Sammlung von Karteikästen, ein künstlerisches Archiv des Eises. Ausgangspunkt waren die Reisetagebücher der Nordpol-Expedition Fridtjof Nansens von 1893 bis 1896. Die Monochromie der Eiswüste ist in Schwarz gespiegelt, die Niederschrift des Erlebten durch den Einsatz des Langlebigen keramischen Materials dauerhaft in den Zettelkästen konserviert. Man taucht ein, so die Bewertung der Juy, in eine Bibliothek, eine Privatsammlung, ein Archiv der Stille.
Ausstellung und Führungen
Den Festvortrag bei der Preisverleihung hielt der Direktor des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Rainer Stamm. Er gewährte Einblicke in den Briefwechsel Hans Purrmanns mit Karl Ernst Osthaus, einem der bedeutendsten Kunstmäzene des frühen 20. Jahrhunderts. Er hat auch das Folkwang-Museum in Hagen begründet, das Stamm als „Mekka der Moderne“ bezeichnete. Der noch nicht edierte Briefwechsel lasse Purrmann als Künstler erkennen, der allmählich, vor allem mit einer starken Orientierung an den französischen Malern Henri Matisse und Paul Cézanne, zu seinem eigenen Stil gefunden habe.
Der 1880 in Speyer geborene Hans Purrmann war Schüler von Franz von Stuck und Mitglied der „Berliner Secession“. In Paris zählte er zu den Gründungsmitgliedern der „Académie Matisse“. Mit seinem Lehrer Henri Matisse blieb er lebenslang freundschaftlich verbunden. Es folgten Jahre des künstlerischen Erfolgs in Deutschland, Italien und im Tessin. Hans Purrmann gilt als der große Kolorist Deutschlands im 20. Jahrhundert. Er ist 1966 in Basel verstorben.
Die Ausstellung mit den Werken der Preisträgerinnen sowie den jeweils acht nominierten Künstlerinnen können im Kulturhof Flachsgasse der Stadt Speyer bis zum 12. März jeweils donnerstags bis sonntags, 11 bis 18 Uhr, besichtigt werden.
Begleitend zur Ausstellung lädt die Stadt Speyer erstmals zu einer Reihe von Veranstaltungen ein: An den Sonntagen, 19. Februar und 5. März, findet jeweils um 11.30 Uhr eine öffentliche Führung durch die Ausstellung mit der Kunsthistorikerin Ursula Dann statt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
An den Sonntagen, 26. Februar und 12. März, zeigt das Kinocenter Theaterhaus Speyer jeweils um 16 Uhr den Film „Säsong (Ridge)“ des für den „Großen Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer“ nominierten Künstlers John Skoog. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung unter www.speyer.de/saesong ist erforderlich.
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