Speyer. Für die Kinder bedeutet das Datum an diesem Montag, sich mit der Laterne auf den Weg zu machen und der guten Tat des Heiligen St. Martin zu gedenken. Für andere ist der 11. November gleichzeitig mit einem feierlichen Akt verbunden. In Speyer wird der Thron von vier Karnevalvereinen in der fünften Jahreszeit neu besetzt.
Während die einen an diesem Morgen die Zeitung studieren, sitzt Megan Billing (24) bereits beim Friseur. Schick gemacht wird sie für ihren ersten öffentlichen Auftritt. Der findet am Montagabend bei der Speyerer Karnevalgesellschaft im „Philipp eins“ statt. Bis zum Brezelfest im Juni wusste die junge Frau noch nichts von ihrem Glück.
"Mit Fasching hatte ich nichts am Hut": Wie sie Fasnachtsprinzessin in Speyer wurde
„Ich habe ein paar SKGler getroffen, wurde gefragt, ob ich gut Partylieder singen und feiern kann, hab’ mich einmal um die Achse gedreht und dann folgte die Frage, ob ich Prinzessin werden möchte“, erinnert sich die nun Megan I. genannte Tollität an die witzige Begegnung im Brezelfest-Biergarten. Ihrer Freundin Sarah hat sie den Kontakt zu verdanken. Sie war ebenfalls mal Hoheit des ältesten Speyerer Karnevalvereins, der in der nun angelaufenen Kampagne Jubiläum feiert unter dem Motto: „8x11 Johr des is Magie, die SKG is jung wie nie“.
„Mit Fasching“, lenkt Megan I. ein, „hatte ich bisher nix am Hut.“ Pragmatisch sieht die Sportskanone das: „Jetzt ändert sich das eben.“ Anpassungsfähig ist die Mannheimerin, die in der Quadratestadt als Business Administratorin bei einem Energieberatungsunternehmen arbeitet. Und aufgeschlossen für Neues ist sie. „Zufälle prägen mein Leben“, merkt Megan I. lächelnd an und berichtet von einer Schiedsrichter-Ausbildung, die sie einer Freundin zuliebe mit dieser absolviert hat.
Michelle I. vom Carneval Club Speyer mag den Menschenschlag
Die Fitness der SKG-Prinzessin ist eine erste Parallele zu anderen Hoheiten. Auch die neue Lady Carneval des Carneval Clubs Speyer (CCS) 2000, Michelle Schaz (27), liebt es, sich zu bewegen. Beruflich hat sie den Weg der Sport- und Gymnastiklehrerin und Sporttherapeutin eingeschlagen. Nach einer langen Auszeit hat sie im Jubiläumsjahr des CCS 2023 wieder mit dem Tanzen angefangen, bei den Flashlights und im Damenballett, das Michelle I. mit Marion Vollmer trainiert.
Auch sie kam durch eine ehemalige Lady zum Amt, das am 16. November beginnt. Adlig ist sie lediglich schon mal im Schützenverein Hördt gewesen: als Schützenkönigin 2019. „Ich mag die Stimmung und die Leute bei der Fasnacht. Das ist ein ganz anderer Menschenschlag“, merkt Michelle I., die die Natur, das Malen und ihren Kater Simba liebt, an.
Die Kleiderfrage geklärt
Apropos: Tierisches Vergnügen verspricht auch Megan I., die ihren Malteser-Hund Lars mit einer Fliege bereits als treuen Begleiter der Prinzessin zu ausgewählten Terminen ausgestattet hat. Mit ihm besucht sie als Ehrenamtliche des Malteser Hilfsdienstes Menschen in Seniorenheimen. Während Megan I. – modisch eher der bequeme Typ – sich blitzschnell für ein Kleid entschieden hatte, hängen bei Michelle I. drei Ornate zur Auswahl im Schrank. Welches sie bei der Inthronisation am 16. November in der Mehrzweckhalle in Speyer-Nord tragen wird, verrät sie noch nicht.
An gleicher Stelle wird eine Woche später Hannah Klauser zur Kaiserin des Tanzvereins Kaiserfunken (TVK) gekrönt. Wie Michelle I. kennt sie die Fasnacht von der Pike auf. „Sie gehört zu meinem Leben“, betont die 20-jährige zahnmedizinische Fachangestellte. Das Tanzen hat es ihr angetan. Als Kindergartenkind kam Hannah I. 2008 zum TVK, der in der Turnhalle der angrenzenden Schule trainierte. In der Aktivengarde ist die Kaiserin inzwischen angelangt. Seit dem Jahr 2020 kennt sie auch die andere Seite, die der Trainerin. Die Junioren werden von ihr angeleitet. Einmal Prinzessin zu werden, das hatte Hannah I. nicht direkt auf dem Schirm. Dabei waren Hoheiten stets etwas Besonderes für sie. „Ich hab immer Prinzessinnenkarten gesammelt“, verrät die Kaiserin. Die wird sie in den kommenden Monaten selbst brauchen bei den zahlreichen Terminen, die zu absolvieren sind.
Prinzenpaar in Speyer: Maria und Gunnar teilen sich das Amt zu Fasnacht
Während die drei jungen Frauen alleine regieren werden, teilen sich Maria und Gunnar Räch die Macht der fasnachtlichen Position. Die beiden werden am 15. November als Prinzenpaar des Carnevalvereins Rheinfunken (CVR) im Nebenzimmer des AV 03 auf den Thron steigen.
Unverhofft kommt oft – der bekannte Spruch gilt beim Prinzenpaar. „Wir waren im vergangenen Jahr bei einer Rheinfunken-Sitzung und sofort infiziert“, berichtet Maria I. vom spontanen Faschingsfieber. Während sie in Görlitz geboren ist, ist ihr Mann ein waschechter Speyerer. Wieder ist es der Zufall gewesen, der sie zusammenführte: bei der Suche nach einem WG-Zimmer während des Studiums in Mainz.
Das Geschäftsfeld der Erneuerbaren Energien beschreiten sie bei der Arbeit. Maria I. tut das als Genehmigungsplanerin für Windenergieanlagen, Gunnar I. als Projektentwickler für Photovoltaik. Die Liebe zur Pfalz und einem guten Tropfen brachte das gemeinsame Hobby. „Wir haben uns zu Pfälzer Weinbotschaftern ausbilden lassen“, berichtet Gunnar I., der sich in seiner Freizeit außerdem der noch jungen Tischtennisgruppe „Ping Pong Parkinson“ widmet. Diese wurde speziell für Menschen mit einer Parkinson-Erkrankung gegründet.
Zu reisen, das mögen alle Tollitäten – ob es die Langstrecke in die USA ist, wie bei Megan I., die als Halb-Britin dort ihre Tante besucht, oder wie beim Prinzenpaar der Norden. Gerne unterwegs zu sein kommt allen Speyerer Hoheiten in jedem Fall zupass. Der Terminkalender bis zum Aschermittwoch am 8. März ist nämlich knackig gefüllt – bei Michelle I. sogar mit fast 40 Terminen.
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