Verkehrspolitik

Feldlerchen und Fehlplanungen - noch immer kein Radweg an der Salierbrücke

Die Anzahl der unzufriedenen Stimmen unter Radpendlern ist nicht gering: Jetzt üben auch Politiker Kritik wegen der Hängepartie am Lußhofknoten. So plant das Regierungspräsidium jetzt

Von 
Stephan Alfter
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Es ist ja nicht so, dass Gerald Schilling ein Neuling wäre auf dem Fahrrad. Seit Ewigkeiten überquert der 63-Jährige den Rhein auf der Salierbrücke bei Speyer. Früher, um zu seinem Fotostudio in Ketsch zu gelangen, heute meist, um einfach der Freude am Radfahren zu frönen. Ergo: Es gibt wenige, die das Gelände in den vergangenen Jahren intensiver beobachtet haben als er. Wer Schilling etwas näher kennt, würde ihn auch nicht den notorischen Nörglern zuordnen, aber dieses Mal stinkt ihm die Situation auf badischer Seite schon länger.

Brücke seit zwei Jahren saniert

Im Oktober jährt sich die Fertigstellung der Salierbrücke zum zweiten Mal, aber die Situation für Radfahrer bleibt trotz des mehrmaligen Briefwechsels Schillings mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe und der Gemeinde Altlußheim - sagen wir - suboptimal. Und das ist nicht nur Schillings alleiniger Eindruck. Ende Mai lud Grünen-Landtagsmitglied André Baumann aus eben jenem Grund die Beteiligten aus den verschiedenen Verwaltungsebenen zum internen Krisengespräch an den Lußhofknoten am östlichen Ende der Salierbrücke, wo man von Speyer kommend rechts der B39 Richtung Altlußheim folgt und geradeaus auf der L722 Richtung Hockenheim fährt. Zahlreiche Beschwerden habe es von Bürgerseite gegeben, so ist es einer Pressemitteilung Baumanns von damals zu entnehmen.

„Wann stirbt der erste Radfahrer?“

Die konkrete Beschwerde Schillings: Um auf den Radweg nach Ketsch zu gelangen, muss man derzeit vom Bauernhof kommend (wo endlich eine Rampe für Radfahrer von der Salierbrücke herunter entstanden ist) zunächst die B39 mit drei Ampeln überqueren und Dutzende Meter weiter Richtung Hockenheim fahren, um dann die stark befahrene L722 an einer völlig ungesicherten Stelle (rosa in unserer Grafik) zu überwinden. „Ich werde sie nochmal erinnern, wenn die ersten Radfahrer tot auf der Straße liegen“, schrieb der 63-Jährige bereits im Januar 2022 nach Karlsruhe.

Ungesicherter Übergang über die L722 Richtung Ketsch und Schwetzingen einige Hundert Meter vor der Salierbrücke. Hier radeln heuer viele zum Johanneshof. © sal

Ampeln kosteten 40000 Euro

Die im Zuge der Salierbrückensanierung angedachte Lösung sah eigentlich anders aus: Um die L722 zu überqueren, stehen an der Abzweigung der B39 Richtung Altlußheim gleich mehrere Ampeln, die nach Auskunft des Regierungspräsidiums 40 000 Euro gekostet haben. Das Problem: Eines der Lichtzeichen ist von Beginn an außer Betrieb und nach wie vor mit einem Plastiksack überzogen.

Gerald Schillings Routenvorschlag vom Parkplatz Luxhof Richtung Ketsch. © Gerald Schilling

Der Grund: Sie führt ins Nirwana. Oder besser gesagt in einen Acker. Der ursprünglich mal hinter der Ampel vorgesehene Radweg, der auf der anderen Seite der L722 Richtung Ketsch und Schwetzingen führen soll, ist noch immer nicht existent. Und zwar, weil dort nicht die Haubenlerche, dafür aber die Feldlerche Quartier bezogen hat, wie aus Karlsruhe zu hören ist. Diese unterliege dem europäischen Artenschutz, weswegen weiter nach Ausgleichsflächen gesucht werde. So weit, so schlecht.

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Denn die Realität sieht so aus, dass Fahrradfahrer die kürzesten Wege suchen, und die führen in vielen beobachtbaren Fällen dann einfach entlang der auch von vielen Lkw befahrenen L722 von Hockenheim Richtung Salierbrücke - teilweise sogar in verkehrter Richtung auf einem wenige Zentimeter breiten Schotterstreifen, der nach der Verbreiterung der Fahrbahn im Zuge des Ausbaus verblieben ist. „Geht so Mobilitätswende?“, fragt sich Schilling nicht zu unrecht. „Für Autofahrer wird alles gemacht, aber für Räder wird nur das Nötigste in Angriff genommen.“ Und selbst das dauert nun schon Jahre.

„Radwege zu wenig thematisiert“

Altlußheims Bürgermeister Uwe Grempels (SPD) sagte bei dem Treffen im Mai: „Vor und in der Bauphase der Salierbrücke wurden die Fußgänger- und Radwege leider zu wenig thematisiert.“ Axel Speer, Leitender Baudirektor des Regierungspräsidiums Karlsruhe, antwortete bei dem Termin, dass eine andere Lösung nicht möglich gewesen sei. Verbesserungsmöglichkeiten gegenüber sei man aber aufgeschlossen. Eine Brücke für Fußgänger und Radfahrende hielt er für schwierig umsetzbar. Seltsam allerdings, dass eine Verbesserungsmöglichkeit, die Schilling ins Feld führt, bisher einigermaßen ungeprüft blieb, obwohl sich auch Baumann eine Erleichterung ohne einen Umweg über die Ampelanlage oder eine gefährliche ungesicherte Querung wünschte.

Vor der Salierbrücke: Hinter der Ampel mit Plastiküberzug fehlt der Radweg. © Stephan Alfter

Neuer Anlauf Ende des Jahres

Schilling sieht neben der konkreten Problematik auch die größeren Zusammenhänge: zum Beispiel für den Innenstadthandel in Speyer. Es ist kein Geheimnis, dass Menschen von badischer Seite auch zum Einkaufen in die Domstadt fahren. Mit einem funktionierenden Radwegekonzept würden einige womöglich auf das Auto und somit auf teures Parken und enge Innenstadtverkehre verzichten. Sein Routenvorschlag (in unserer Grafik gelb) wurde in Karlsruhe aber zurückgewiesen. Natur- und Artenschutz sowie die Eigentumsverhältnisse sprächen dagegen. Dabei klingt es logisch, am Luxhof-Parkplatz oben an der Salierbrücke einen Weg zu schaffen, der eine kleine Böschung überwindet. Die Lösung ist einfach, kurz und insofern sicherer. Natürlich müsse man darüber mit den Grundstückseigentümern verhandeln, gibt Schilling aber zu.

Wende in Sicht?

Mitten in diese Gemengelage platzte in den vergangenen Tagen nun die neue Nachricht, dass nun wohl Ende des Jahres mit dem Bau des Radwegs hinter der beschriebenen, bisher bedeutungslosen Ampel begonnen werden könne. Anschließend könne diese dann auch in Betrieb genommen werden, heißt es aus Karlsruhe. Ob das das Ende der Diskussion ist?

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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