Hinter den Kulissen des Brezelfestes

So geht es den Schaustellern auf dem Speyerer Brezelfest

Die Familie Roßkopf ist mit ihrem Autoscooter häufiger in Speyer, neben dem Brezelfest auch bei der Frühjahrsmesse. Bisher läuft die Saison gut, Probleme gibt es aber trotzdem.

Von 
Lukas Heylmann
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Wenige Stunden nach der Eröffnung des Brezelfestes erfreuen sich die Autoscooter bereits großer Beliebtheit bei den Besuchern des ersten Veranstaltungstages. © Kühner

Speyer. Ein menschenleeres Volksfest ist ein eigenartiger Anblick. Und der bietet sich unweigerlich, wenn man am Donnerstag fünf Stunden vor Eröffnung des Speyerer Brezelfestes über den Platz läuft. Dabei sehen die Essensstände und Fahrgeschäfte weitestgehend fertig aus. Bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, dass sich hinter den Kulissen doch noch etwas tut. So auch beim Autoscooter der Familie Roßkopf.

Gegen 11 Uhr ist ein Mitarbeiter damit beschäftigt, die einzelnen Fahrzeuge mit einem großen Staubsauger zu säubern. Wenig später beginnt sein Kollege dann damit, die Plattform des Fahrgeschäfts zu putzen. „Ansonsten sind wir aber fertig. Heute stand nur Saubermachen und die Kontrolle der Fahrzeuge an, bis zur Eröffnung um 16 Uhr haben wir dann Pause“, erklärt Dominik Roßkopf, der das Geschäft zusammen mit seinem Vater Thomas leitet. Die beiden haben derzeit zwei Autoscooter – und auf dem Brezelfest steht der größere – und ältere.

Zwei Generationen aus einer Schaustellerfamilie mit langer Tradition stehen mitten in ihrem Gewerbe: Dominik (v. l.) und Thomas Roßkopf. © Heylmann

„Der hier ist Baujahr 1978“, berichtet der Schausteller. Das andere Fahrgeschäft stammt aus dem Jahr 2004 und ist deutlich leichter auf- und abzubauen, wie der Fachmann erläutert: „Für den großen Autoscooter brauchen wir vier Mann, beim anderen geht es auch mit zwei.“ Dementsprechend nutzen die Roßkopfs das größere Fahrgeschäft seltener. Nach dem Brezelfest steht es erst drei Wochen später wieder auf dem Jahrmarkt in Bad Kreuznach. Die kleinere Anlage wird hingegen schon kommende Woche wieder in Konz gebraucht.

Technische Schwierigkeiten

Generell sind der Auf- und Abbau die großen Themen bei den Unternehmern. Für gewöhnlich dauert das Aufstellen eines solchen Fahrgeschäftes zwei Tage. Beim Brezelfest war diesmal mehr Zeit nötig, es gab ein technisches Problem, das Dominik Roßkopf reparieren musste. „Deshalb stehen wir schon seit einer Woche hier, das hat uns die Stadtverwaltung und der Marktmeister netterweise erlaubt.“

Solche Vereinbarungen gebe es öfter, auch um nicht nach jedem Fest alles verstauen zu müssen. Die Schaustellerfamilie besitzt zwei Lager, eines in Speyer und eines in Bad Kreuznach, wo auch ihr Zuhause ist. Das sehen sie in der Saison nicht besonders oft. „Man fährt ab und zu hin, um Post zu holen und der Oma guten Tag zu sagen“, kommentiert Dominik Roßkopf den unsteten Lebenswandel.

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Mitarbeiter sind Mangelware

Dieser ist aber auch einer der Gründe für den grassierenden Personalmangel. „Früher hatten wir durchaus langfristige Mitarbeiter“, erinnert sich der 27-Jährige. „Inzwischen ist das Längste mal ein Jahr. Eigentlich bauen wir fast jedes Mal mit neuen Leuten auf. Wenn sie es drei- bis viermal gemacht haben, heißt es plötzlich die Mutter sei krank oder der Opa gestorben und dann sind sie weg, weil sie keine Lust mehr haben. Also bin ich eigentlich bei jedem Aufbau damit beschäftigt, neuen Mitarbeitern zu zeigen, wie es geht. Denn die kommen und wissen gar nix“, sagt er und lacht.

Das Personal finden Schausteller dabei über Vermittlungsagenturen. „Da gibt es viele Betrugsmaschen“, weiß Roßkopf zu berichten. „Wir zahlen für neue Mitarbeiter eine Vermittlungsgebühr und die Transportkosten. Wenn sie hier ankommen, haben wir schon bezahlt, sie haben aber noch nichts gearbeitet. Da kann es vorkommen, dass man morgens aufsteht und die Neuen sind weg – das Geld ja sowieso.“ Das Problem sei in den vergangenen Jahren auch merklich schlimmer geworden.

Der Beruf sei natürlich stressig, meint Roßkopf. „Manchmal gibt es keinen zeitlichen Puffer. Wir bauen hier am Dienstag ab, wenn das Brezelfest schließt. Am Donnerstag muss die andere Anlage schon in Konz aufgebaut sein.“ Seinen Mitarbeitern versucht er dabei Folgendes zu vermitteln: „Je schneller wir arbeiten, desto mehr Freizeit haben wir.“

Immer bei Roßkopfs auf dem Rummel mit dabei: ihre Hündin „Belle“. © Heylmann

Einen anderen Lebensstil könnte sich Roßkopf für sich nicht vorstellen. „Ich bin zu Anfang der Corona-Zeit mal kurz Lkw gefahren und ich habe auch mal eine Ausbildung zum Mechatroniker gemacht. Eigentlich habe ich überall reingeschnuppert, aber mit der Arbeit als Schausteller bin ich eben aufgewachsen.“ Das trifft im Übrigen auch auf seine Lebensgefährtin zu, mit der der 27-Jährige seit sechs Jahren zusammen ist. „Ich glaube, jemand, der nicht selbst aus diesem Metier kommt, käme damit auch nicht klar, immer unterwegs zu sein.“

Später ist schließlich auch Dominiks Vater Thomas Roßkopf vor Ort. Als erste Amtshandlung muss der zunächst den Boxautomaten neben dem Autoscooter wiederherrichten. Sein Kommentar ist kurz und trocken: „War kaputt, ist repariert.“ Und das gehört dazu – bei ihm seit mehreren Jahrzehnten. Früher hatte er einen Schießwagen, seit 1989 betreibt er Autoscooter. Wie auch sein Sohn konnte er sich lange kein anderes Leben vorstellen. „Ich wurde da reingeboren“, erklärt er. „Die Familie Roßkopf ist seit 160 oder 170 Jahren in dem Gewerbe tätig.“ Dennoch, so sagt er selbst, müsse er allmählich etwas kürzertreten. Denn wenn die Saison mit den Autoscootern vorbei ist, stehen die Weihnachtsmärkte an, auf denen die Familie mit einem Imbiss vertreten ist. „Danach brauche ich dann wirklich Urlaub“, bestätigt Roßkopf. Den gibt es dann im Januar. Trotzdem sagt er: „Ich bin langsam zu alt dafür.“

Das betrifft nicht nur die körperliche Arbeit, sondern auch den Frust mit dem Personal, den sein Sohn bereits angesprochen hat. „Wir haben einen Mannschaftswagen, in dem das Personal unterkommt. Da muss ich jedes Jahr eine neue Toilette einbauen, kürzlich habe ich ihn komplett erneuern müssen. Die machen da drin alles kaputt“, konstatiert er.

Ein zweites Standbein

Seit 2021 führt die Familie auch einen Biergarten in Trier – als zweites Standbein. „Das ist auch wieder eine völlig neue Erfahrung“, weiß Roßkopf zu berichten. Aber es ist beständiger als das Leben unterwegs und man hört dem Schausteller deutlich die Müdigkeit von vielen Jahrzehnten an. „Ich bin froh, dass mein Sohn das weiterführt“, gibt er zu. „Ich hätte immer gedacht, er macht mal was anderes.“ Doch – und das schwingt klar in seinen Worten mit – das Dasein als Schausteller lässt einen offenbar eben doch nicht los.

Bisher läuft die Saison 2022 sehr gut, wie Vater und Sohn bestätigen. „Es war lange nichts. Jetzt haben die Menschen Lust. Außerdem ist unser Publikum ja bunt gemischt“, berichtet Thomas Roßkopf. „Aber wenn das mit der Inflation schlimmer wird, müssen alle so viel Geld für Heizen und Essen ausgeben, dass sie für Freizeit nichts mehr haben.“

Die Fahrpreise sind trotz Pandemie gleich geblieben. „Alles sonst wird teurer“, sagt Dominik Roßkopf. „Also wollen wir die Preise so lange halten, wie es tragbar ist.“ Trotz Corona, Inflation und anderer Unwägbarkeiten ist für Thomas Roßkopf eins sicher: „Autoscooter gibt es in irgendeiner Form seit über hundert Jahren. Und die wird es auch immer geben.“ Er muss es eigentlich wissen.

Info: Der Vergnügungspark ist täglich bis Dienstag, 12. Juli, ab 14 Uhr geöffnet. Dienstags ist Familientag.

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