Speyer/Hockenheim/Frankenthal. Seit inzwischen bald 20 Jahren wird über den sechsspurigen Ausbau der Autobahn A 61 zwischen dem Dreieck Hockenheim und dem Autobahnkreuz Frankenthal gesprochen. Immer wieder wurde das Projekt verschoben, obwohl seit 2015 Baurecht für die nördliche Teilstrecke und seit 2018 für die südliche besteht. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der die Salierbrücke als Bundesstraße wegen der extremen Bauverzögerungen noch immer bis November gesperrt ist, richten die Planer nun mitten im Urlaubsverkehr, der besonders in Richtung Beneluxstaaten höchst frequentierten Strecke, eine kilometerlange Verengung ein, sperren die eigens wegen der Brückenbaustelle eingerichtete lange Abfahrtsspur nach Speyer komplett ab und sorgen so seit fünf Tagen für tägliche kilometerlange Staus in Richtung Speyer/Ludwigshafen.
Am Freitagmorgen zur besten Berufsverkehrszeit um 8 Uhr dann der Super-Gau. Ein Lieferlastwagen kollidiert mit der Leitplanke, dreht sich und blockiert die Baustelle komplett. Inklusive der Reinigungsarbeiten war dann die Fahrspur bis um 12 Uhr mittags gesperrt. Ohne Baustelleneinrichtung hätte der Verkehr problemlos auf einer Spur vorbeigeführt werden können. Stattdessen wurden die Fahrzeuge an der Ausfahrt Hockenheim von der Autobahn abgeleitet und wer sich nicht auskannte, stand vor der gesperrten Salierbrücke, weil das die Umleitungsempfehlung der handelsüblichen Navis ist. Das besserte sich erst, als unser Onlineportal und der SWR in den Verkehrsnachrichten empfohlen haben, nicht mehr am Dreieck Hockenheim auf die A 61 abzubiegen, sondern übers Kreuz Viernheim und Frankenthal Richtung A 61 zu fahren. Auch dort gab’s noch den ganzen Vormittag über Stockungen.
Warum gerade jetzt?
Und das alles, weil jetzt Bohrungen für den umstrittenen Autobahn-Ausbau vorgenommen werden sollen. Bis Mitte September werden zwischen der Rheinbrücke und dem Kreuz Mutterstadt Vorarbeiten an der Autobahn 61 für den Baugrund gemacht, um dann irgendwann die Planung fertigstellen zu können und die genauen Kosten für den geplanten sechsspurigen Ausbau zu ermitteln. Diese Woche war zwar die Baustelle schon komplett eingerichtet, aber von Bohrungen und Arbeiten war überhaupt nichts zu sehen. Da hat die Fernstraßen-Planungsgesellschaft des Bundes (DEGES) den Autofahrern in der Region jedenfalls einen Bärendienst erwiesen.
Hintergrund sind nach Angaben der DEGES mehr als 400 Bohrungen an verschiedenen Stellen der A 61. Dabei werde in einer Tiefe zwischen acht und 35 Metern gebohrt. Die Bohrungen sollen Informationen über den Baugrund liefern. Diese sollen dann in die endgültigen Planungen für den sechsspurigen Ausbau mit einfließen.
Die Kosten für den Ausbau der A 61 liegen nach Angaben der Planer bei rund 1,4 Milliarden Euro. Im Jahr 2018 rechnete der Bund noch mit Baukosten in Höhe von 800 Millionen Euro. Im Bundestag sorgten unter anderem die hohen Baukosten für viel Kritik. Auch die Oberbürgermeisterin von Speyer Stefanie Seiler (SPD) kritisierte das Bauprojekt. Sie forderte im Juni, den geplanten sechsspurigen Autobahn-Ausbau im Bereich der A 61 bei Speyer zum Schutz von Bürgern und Umwelt überprüfen zu lassen, so Stefanie Seiler in einem Interview mit dem SWR. Nach SWR-Informationen wird sich der Baubeginn sowieso noch um Jahre verzögern. Der Auftrag wird laut Bundesverkehrsministerium frühestens 2024 vergeben, vier Jahre später als ursprünglich geplant.
Ausbau ist so nicht zeitgemäß
Nach Angaben der Speyerer Oberbürgermeisterin wird es dann schon fast 10 Jahre her sein, dass die Speyerer Öffentlichkeit am Projekt beteiligt wurde. Die Eingriffe in die Natur und Umwelt halte sie für nicht mehr zeitgemäß, so Stefanie Seiler. Die Stadt Speyer habe damals im Rahmen des Planungsverfahrens einen erhöhten Lärmschutz gefordert. Dieser Forderung sei leider nicht in vollem Umfang entsprochen worden. Auch die damals erhoben Zahlen aus Verkehrszählungen, insbesondere des Schwerlastverkehrs, entsprächen nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten. Rund 70 000 Fahrzeuge sind täglich auf der A61 zwischen dem Frankenthaler Kreuz und Speyer unterwegs. Ein hoher Anteil davon macht der Lkw-Verkehr aus. Völlig unklar ist auch noch, ob, wann und wie auf baden-württembergischer Seite zwischen der Rheinbrücke und dem Dreieck Hockenheim die sechs Spuren hergestellt werden oder ob da dann ein weiteres Nadelöhr entsteht und bewusst in Kauf genommen wird.
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