Veränderung kann schaden

Jürgen Gruler sieht das typische Flair verloren gehen

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Jürgen Gruler
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Jürgen Gruler Geschäftsführer und Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung und Hockenheimer Tageszeitung © siehe Bildtext

Das Speyerer Altstadtfest lebt von seinem ganz besonderen Flair. Da sitzt man auf der Terrasse von Anwohnern, im Hof eines sonst verschlossenen Anwesens und da gibt es typische Treffpunkte, an denen man sich verabredet – am Nagelklotz, auf Klein Venedig, auf der Sonnenbrücke oder bei den Rockern. Auch der Paradiesgarten war in den letzten Jahren so ein Fixpunkt auf dem Rundgang, weil man um gute handgemachte Musik wusste. Freitags spielt „N.S.A.“ – das war genauso gesetzt wie deftiges Essen und Schorle. In der Scheune im Hasenpfuhl herrschte irische Pub-Atmosphäre bei Guinness und Folkmusik.

Aber es bröckelt langsam – und da gießen die Verantwortlichen im Rathaus leider noch Öl ins Feuer: Wer im Domgarten ein Fest machen möchte, kann das tun. Aber mit dem Altstadtfest hat das eigentlich nichts mehr zu tun. Mit jenem Geschiebe und Gedränge in den engen Gassen, mit dem Sitzen auf der altehrwürdigen Steinen der Sonnenbrücke, mit jenen Ruhepolen auf der kleinen Insel, die das THW extra mit einer Brücke zugänglich gemacht hatte, mit dem gebackenen Zander bei Petri Heil oder mit den Vereinen, die sich mit Weck, Worscht und Woi beim Altstadtfest die Jugendkasse auffüllen.

Beseelt von der Idee, dass die Vereine ihre Standorte durchwechseln sollen, um jedem mal einen besseren oder vermeintlich schlechteren zu bieten und von einem längst überbordenden und überzogenen Sicherheitskonzept getrieben, das dafür sorgt, dass die Gemütlichkeit auf dem Holzmarkt bereits 2022 verloren ging, bergen Veränderungen die Gefahr, dass das ganze Fest auswechselbar und gewöhnlich wird – seinen Charakter verliert. Das wäre schade.

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Einem Anwohner zu sagen, er habe sich zu spät angemeldet und könne daher nicht mitmachen, ist schlicht und einfach kindisch, sorgt für weiteren Frust und wenig Lust, im nächsten Jahr seine Anmeldung früher zu schicken. Trotzdem gibt es sie noch, die gemütlichen Ecken – die Stadt sollte alles tun, um sie zu erhalten.

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