Von Frederik Schneider
Als die Anhänger des SV Sandhausen im Stehplatzbereich ihre Plakate einrollten und die Unterstützung einstellten, waren gerade einmal 45 Minuten gespielt. Die Partie in der 2. Fußball-Bundesliga gegen den FC St. Pauli war am Sonntag schon zu diesem frühen Zeitpunkt längst entschieden. Vier Mal hatten die Gäste aus Hamburg im ersten Durchgang getroffen und damit den Weg zum Vereinsrekord geebnet. Denn acht Siege in Serie hatte es bei St. Pauli noch nie gegeben. Das Schlusslicht machte es dem Kiez-Club aber leicht und unterlag im letzten Spiel vor der Länderspiel-Pause auch in der Höhe verdient mit 0:5 (0:4).
Auch die Einlaufkinder, die in Kooperation mit dem Internetportal Heidelberg24 von dieser Zeitung gestellt wurden, brachten Trainer Tomas Oral und seiner Mannschaft kein Glück. Neben der fehlenden Fortune war vor 7642 Zuschauern aber auch eine ganze Menge Unvermögen dabei. Das unterstreicht die Tatsache, dass Torhüter Patrick Drewes trotz der fünf Gegentore der beste Mann aufseiten der Hausherren war. Mit Blick auf die Feldspieler sammelte einzig und allein Ahmed Kutucu noch den einen oder anderen Pluspunkt.
„So sieht der Abstiegskampf nicht aus“, sagte Geschäftsführer Volker Piegsa. „Die Mannschaft hat im Kollektiv versagt und steht mit dieser Leistung kurz vor der 3. Liga.“
Schon vor der Führung von Manolis Saliakas (19.) waren die Sankt Paulianer nahe dran am ersten Treffer. Beim Gegentor fälschte Erik Zenga den Ball unhaltbar ab. Binnen 100 Sekunden entglitt den Hausherren dann das Spiel komplett. Lukas Daschner (24.) und Oladapo Afolayan (25.) machten früh alles klar.
Zu allem Überfluss verletzte sich auch noch Pechvogel Zenga im Adduktorenbereich. Er ging vom Feld, Marcel Mehlem wurde für den Mittelfeldmann eingewechselt. Besser wurde es aus Sicht der Sandhäuser nicht. Im Gegenteil: Alexander Esswein flog nach einem groben Foulspiel mit Rot vom Platz. Zwar schaute sich Deniz Aytekin die Szene noch einmal an, seine Meinung änderte der routinierte Unparteiische aber nicht. Halbzeit war aber immer noch nicht, denn den darauffolgenden Freistoß bugsierte Jackson Irvine über die Linie.
Zuschauer gehen vorzeitig
Mit gesenktem Kopf trottete Oral in Richtung Kabinentrakt, während die SVS-Fans mit ihren Aufräumarbeiten loslegten. Nach dem Seitenwechsel nahmen die Gäste den Fuß vom Gas, verloren aber nie die Kontrolle. Ein ernsthaftes Aufbäumen ließen die Profis der Schwarz-Weißen vermissen. Oral hatte inzwischen sein Haupt in den Händen vergraben und schien teilweise überhaupt nicht mehr hinschauen zu wollen. Die Leistung der Hausherren ist insofern nicht nachvollziehbar, als dass sie in den vergangenen Wochen durch Last-Minute-Tore eigentlich Selbstvertrauen gesammelt hatten. Davon war im „BWT-Stadion am Hardtwald“ nichts zu sehen. Viele Zuschauer verließen die Arena frühzeitig und verpassten Irvines Schlusspunkt. Mit 48 Gegentoren stellt der SVS die schwächste Defensive der gesamten Liga. Die weiteren Zahlen sind ebenso erschreckend: Orals Start mit zwei Punkten aus vier Spielen ist der schwächste Auftakt eines SVS-Trainers in den vergangenen zehn Jahren und vier Gegentore kassierte das Schlusslicht, das inzwischen vier Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz hat, noch nie in einem Zweitliga-Heimspiel.
Der Coach ist jetzt zunehmend als Psychologe gefragt. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und vor allen Dingen muss es dem 49-Jährigen und seiner Mannschaft jetzt erst einmal gelingen, die eigenen Fans wieder hinter sich zu bringen. „Dieser emotionslose Auftritt ist eine Zumutung für jeden Fan“, sagte Piegsa. Klar ist, nur gemeinsam wird der Klassenerhalt noch erreichbar sein.
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