Am Ende hat sich die Saison für die Kurpfalz-Bären doch noch zum Guten gewendet. Schon drei Wochen vor dem letzten Spieltag, an dem alle Partien in der 2. Handball-Bundesliga der Frauen am Samstag parallel um 17 Uhr angepfiffen werden und Ketsch beim bereits feststehenden Absteiger SG H2Ku Herrenberg antreten muss, ist das Team von Franziska Steil gerettet.
„Die Entwicklung, die wir vor der Saison prophezeit haben, ist eingetreten“, sagte die 39-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung, die nun einen Rückblick unternimmt.
Vorbereitung: Die Bären starten nach den Abgängen vieler Leistungsträgerinnen mit einer jungen Mannschaft und einigen Fragezeichen in die Vorbereitung, in der – wenig überraschend – nicht die Ergebnisse im Vordergrund stehen. Allerdings fehlen nicht nur die abgewanderten Lara Eckhardt, Sophia Sommerrock, Lena Feiniler, Sina Michels, Ida Marie Krogh, Leonie Moormann und Cara Reutha auch Katja Hinzmann muss verletzungsbedingt aussetzen. Der damalige Geschäftsstellenleiter Christian Lange sah aber schon damals „großes Potenzial“.
September: Dem Aus in der ersten Runde des DHB-Pokals gegen den ESV Regenburg folgen in der Liga drei Niederlagen nacheinander. Der Tiefpunkt ist das Heimspiel gegen den TSV Nord Harrislee, als den Bären nur 15 Treffer in 60 Minuten gelangen. Nach dem Spiel sollte anlässlich eines Oktoberfestes in Tracht gefeiert werden. Stattdessen gab es zuvor eine Tracht Prügel.
Oktober: Die Formkurve zeigt nach oben, die Bären holen ihren ersten Punkt beim HC Rödertal und anschließend einen Kantersieg beim Aufsteiger SG Schozach-Bottwartal. Die Erleichterung ist groß, allerdings sollten die drei Zähler die letzten für einen langen Zeitraum sein.
November: Klatsche in Regenburg und obendrein noch der verletzungsbedingte Ausfall von Rebecca Engelhardt, bittere Niederlagen bei der SG Mainz-Bretzenheim und daheim gegen Lintfort und zum Abschluss noch eine deutliche Niederlage in Leipzig. „Wenn man das Gesamtbild betrachtet und sieht, mit welchem Kader wir in den Partien angetreten sind, waren die Ergebnisse realistisch“, sagt Steil heute. Damals, so formulierte sie es, „fehlte das Spielglück“. Das Problem: Mit nur drei Punkten gehen die Bären aus den ersten neun Partien.
Dezember: Bei den Luchsen aus Buchholz-Rosengarten sieht es spielerisch zwar wieder besser aus, kadertechnisch spielen die Bären aber immer noch mit nur acht Akteurinnen, eine davon aus der A-Jugend. Die Punkte bleiben im hohen Norden. Erst der Erfolg gegen Nürtingen sorgt für Erleichterung. Im Hintergrund zermartern sich die Verantwortlichen die Köpfe darüber, wie es weitergehen soll. Die Entscheidung steht aber: Mit Steil soll es auch ins Kalenderjahr 2023 gehen.
Januar: Spitzenreiter Solingen-Gräfrath ist noch eine Nummer zu groß. Dann kommen aber die Siege gegen Mainz 05 und Herrenberg. Auch in Bremen sind die Bären auf Augenhöhe, geben einen Vorsprung aber noch aus der Hand. Zum Start des neuen Jahres wird auch die Kooperation mit der Sport-Union Neckarsulm fixiert. Ein wegweisender Schritt auf dem Weg zum Klassenerhalt, denn vor allem Svenja Mann bringt die Bären weiter. „Sie hat uns enorm geholfen. Aber es lag nicht nur an ihr, dass wir uns gefangen haben“, sagt Steil. Personell gibt es jedoch wieder einen Rückschlag zu verdauen: Katarina Longo reißt sich die Bänder im Fuß und muss aussetzen.
Februar: Die Bären reagieren und holen aus Neckarsulm auch noch Anita Polackova, um dauerhaft zwei Torhüterinnen zur Verfügung zu haben. Zudem hilft Ex-Bärin Katrin Rüttinger immer wieder aus. Gegen die Topteams Göppingen und Berlin läuft es schlecht, umso wichtiger sind die Erfolge in Nord Harrislee und zu Hause gegen Rödertal.
März: Die Bären befinden sich auf einem guten Weg und starten die von Steil geforderte Siegesserie, die nach den Erfolgen gegen Regensburg, Mainz-Bretzenheim und Schozach-Bottwartal erst am 26. März im Auswärtsspiel in Lintfort reißt. Inzwischen sind sie aber in der Tabelle nach oben geklettert. Personell gibt es jedoch einen erneuten Rückschlag zu verdauen: Katarina Longo muss mit einer schweren Knieverletzung den Rest der Saison aussetzen.
April: Sportlich läuft es rund, im Hintergrund kommt es zum Knall: Die sportliche Leiterin Romina Heßler entscheidet sich dazu, ihr Amt niederzulegen. Wenig später zieht auch Geschäftsstellenleiter Lange Konsequenzen. „Rund um den Jahreswechsel herrschte sehr viel Druck auf allen Verantwortlichen im Verein. Wir hatten in der Zeit über verschiedene Ansätze gesprochen, mit denen wir der Mannschaft helfen wollten, aus der Ergebniskrise herauszukommen. Hier war man nicht immer einer Meinung und im Laufe der letzten Monate hat man festgestellt, dass das gegenseitige Vertrauen ineinander nicht mehr zu 100 Prozent gegeben war. Das kommt leider vor und hat nichts mit der Qualität der Arbeit aller handelnden Personen zu tun“, sagte Geschäftsführer Armin Wagner Ende April zu den Veränderungen. Sicherheit und Ruhe verleiht der Kantersieg in Nürtingen.
Mai: Der Klassenerhalt ist spätestens nach dem Erfolg bei Mainz 05 klar. Gegen Bremen am vergangenen Wochenende war der Tank leer, aber es fehlten auch wieder die Optionen von der Bank. Immerhin: Die Kaderplanung nimmt Formen an, auch Steil und ihr Trainerteam haben ihre Verträge verlängert.
Ausblick: Wirtschaftlich ist die Lage angespannt, eine Crowdfunding-Aktion soll helfen. Wichtig wird es auch sein, dass die handelnden Personen Hand in Hand arbeiten. Das liegt in der Verantwortung der Clubführung. Personell wird es spannend sein, wie die Bären den Abgang von Kreisläuferin Nele Wenzel kompensieren. Auch die Frage, wie es mit Arwen Gorb weitergeht, ist noch nicht geklärt. Spätestens im Juli sollte Klarheit herrschen. Nicht mehr zum Kader gehören dann Jule Haupt und Johanna Werthmann. Dafür wird Lena Stitzel die Vorbereitung absolvieren und auch Viviane Schranz (KM) und Janneke Geigle (RR) sollen sich zeigen. Neu dazukommen werden Sara Goudarzi und Nell Gotta. „Wir setzen unseren Weg fort“, verspricht Steil, die einen versöhnlichen Saisonabschluss gegen Herrenberg anpeilt und sich dann in den nach einer anstrengenden Saison dringend benötigten Urlaub verabschieden wird. fred
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